NEUNZEHN

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Mittwoch
07.06.2017

Mit Lena, einer weiteren Schwester von Carlo, ging ich einige der Fotos durch. Zwar hatte sie nichts mit Mode zu tun, um sie mir zu zeigen, meinte sie wäre sie allerdings gerade ausreichend.

Es war mir egal, wer mir diese Bilder zeigte, es sollte nur nicht Benno oder Jule sein. Ich hatte ihre Blicke satt. Es war niemand an diesem Ende Schuld. Warum sahen sie das nicht ein?

Sie taten mir mit diesen stillen Vorwürfen weh. Jeder ihre Blicke schmerzte. Das muss man nicht verstehen, aber Blicke können tatsächlich weh tun, wenn du sie mit etwas verbindest, einer Person, die nicht mehr für dich da ist.

Lenas Lächeln war ansteckend und zum ersten Mal seit Tagen fühlte ich mich auf irgendeine Weise angenommen. Selbst als sie fragte, was das zwischen mir und Carlo war, war sie keineswegs Böse auf mich, nachdem ich es ihr erzählt hatte. Sie kannte die ganze Wahrheit. Ihr hatte ich alles anvertraut. Möglicherweise war es einfach nur dumm so etwas zu tun. Ich meine wir kannten uns nicht.

Aber es half. 

Mein Herz lag auf dem Boden und sie half mir es aufzusammeln, hörte mir zu, wenn ich ihr die Geschichte zu dem Teil, welches sie in der Hand hielt, erzählte, schaffte es mir neuen Mut zu geben.

Dumpf meinte sie er sein ein riesiger Trottel mich einfach gehen zulassen. Dabei war ich der einige Trottel, ihn einfach Zugang zu meinen Gefühlen zu gewähren.

"Naja, es war nur ein Spiel."

Sie lächelte, lehnte sich an den Drucker an und schüttelte ihren Kopf.

"Nicht nur ein Spiel."

Was sie damit meinte, erfuhr ich erst viel später. Denn in dem Moment betrat Carlo den Raum, er und seine wundervolle Stimme.

"Lena!"

Schrie er voller Euphorie, verschluckte aber weitere Worte als er mich sah. Seine Augen funkelten und ich sprach mir selbst ein, dass seine Schwester log. Es war nicht mehr als ein dummes Spiel. Da war nichts zwischen uns. Kein Wort, keine weitere Berührung, nicht einmal ein Blick gab mir das Gefühl ein bisschen mehr für ihn gewesen zu sein.

Ich wendete mich von ihm ab und hörte gleichzeitig, wie er weiter sprach. War es denn ein Problem, dass ich hier war? Wahrscheinlich war Benno das Problem. Benno, der meinte Carlo würde nie hier sein, er hatte gelogen. Er war auf den Fotos hier, mit der Musik, die hier lief und nun tatsächlich vor meinen Augen. Warum wollten sie mich leiden sehen?

"Lina?" , sanft drang ihre Stimme zu meinem Ohren, ihre Hand fasste meine Schulter an und erst in dem Moment bemerkte ich, dass ich wie ein ängstliches Tier, in der Ecke stand.

Ich senkte meine Hände, damit sie nicht mehr vor meinem Gesicht waren und drehte mich zu Lena um. Besorgt sah sie mich an und versuchte mich mit einem Lächeln ein wenig fröhlicher zu stimmen. Das hätte zu dieser Zeit wohl niemand her bekommen, bei ihr allerdings war es anders. Ich wusste nicht wieso, in diesem Moment war mir eher zum weinen zu mute, nur weil ich Carlo ein weiteres mal zu Gesicht bekommen hatte. Trotzdem schlich sich in diesem Moment ein kleines unscheinbares Lächeln auf mein Gesicht.

"Carlo braucht mich. Wir sehen uns."

Ich danke ihr dafür, dass sie da war. Ich danke ihr, für diese Umarmung. Ich danke ihr, dass sie keine Vorurteile gegenüber mir hatte. Ich danke ihr, dass sie mit Carlo mitging und ihn mir vom Hals hielt.

Es war wirklich dumm von mir, hier zu arbeiten.

wunderschöne Lügengeschichten (Cro Ff)Where stories live. Discover now