Alt und Jung

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Es begann in der Nacht. Obwohl ich damit hätte rechnen müssen, kam die erste Wehe sehr überraschend. Tim war nervös. Zwanzig Minuten später kam die zweite Wehe. Wir teleportierten zu dem Geburtshaus von Borg. Eine Frau mittleren Alters begrüßte uns und führte uns in eines der Zimmer.

„In welchen Abständen kommen die Wehen?", fragte sie mich. „Am Anfang im Abstand von zwanzig Minuten. Jetzt aber schon im kürzeren Abstand." „Zehn Minuten.", warf Tim ein.

Ich kann nicht mehr genau sagen was genau dann passierte. Jemand brachte mir etwas zu trinken. Tim war sehr nervös und ich... ich tat das was man mir sagte und konzentrierte mich auf meine Atmung. Die Wehen kamen in immer kürzeren Abständen.

Die ersten Strahlen der Sonne suchten ihren Weg durch die Fenster, als ich das erste Schreien hören konnte. Erschöpft legte ich mich in ein Bett. Die Schwester reichte mir unser Kind. Glücklich betrachtete ich unsere Tochter. Tim saß neben mir und betrachtete uns beide voller Stolz.

Irgendwann schlief ich ein. Als ich wieder aufwachte, durften wir nach Hause. Gemeinsam teleportierten wir zurück. Hinter dem linken Ohr unserer Tochter war bereits die schwarze Federzeichnung zu sehen. Teleportieren war also, trotz des jungen Alters, problemlos. Ihren Namen würden Tim und ich heute Nacht im Tauftraum erfahren.

Zuhause in unserem Cottage trug Tim die Wiege in unser Schlafzimmer. Vorsichtig legte ich die Kleine hinein. Sie schlief ruhig und auch ich konnte dringend wieder Schlaf gebrauchen.

„Wir sollten schlafen gehen, Tim. Wer weiß, ob sie durchschläft. Außerdem würde ich gerne ihren Namen erfahren.", meinte ich leise. Tim kam auf mich zu und lächelte. Seine Augen glitzerten vor Freude: „Natürlich, Holl. Ich bin auch schon auf ihren Namen gespannt. Geh und mach dich fertig. Ich passe solange auf sie auf."

Bevor ich das Zimmer verließ, sah ich noch einmal zurück. Er war so stolz, Vater zu sein.

„Schlaf gut.", flüsterte Tim, als er unter die Decke kroch und seinen Arm um mich legte. „Du auch...", murmelte ich, dann sank ich langsam in den Schlaf.

„Holly, mein Kind", drang eine sanfte Stimme an mein Ohr. Ich öffnete die Augen. „Luba?", fragte ich leise, als ich meine Urgroßmutter erkannte. Sie nickte. „Wir sind so stolz auf dich. Komm mit. Es warten noch andere auf dich.", ihre Stimme war leise und klang wie eine sanfte Brise. Ich folgte ihr und bald traten wir in eine helle Halle, in der wir bereits erwartet wurden.

„Dad!", stellte ich freudig fest. Meine Mutter würde ich nicht sehen, aber das war mir bereits bewusst gewesen. „Holly, meine Tochter! Es ist so schön, dich zu treffen. Du passt mir gut auf Ellie und Daniel auf, nicht?", er zwinkerte mir zu. Die ältere Frau neben ihm blickte erst ihn, dann mich stolz an. Ich erkannte Cicilia Seek sofort.

„Wir sind dann auch da.", ertönte eine tiefe Stimme von hinten. Tim kam in Begleitung eines älteren Mannes in einer Generalsuniform. „Holly. Schön, dich zu treffen. Ich bin Gawain Renna, der Großvater von Tim. Hallo Cicilia, Michael. Sehr erfreut, Majestät.", begrüßte der Mann erst mich, dann die anderen.

Luba nickte und ergriff wieder das Wort: „Ihr zwei wisst, was dies für ein Traum ist. Eure Tochter ist ein Engel und wie es seit so langer Zeit ist, wird der Name des Kindes den Eltern im Tauftraum von ihren Ahnen verkündet. Eure Tochter wird den Namen Lapislazuli Eleonore Casement tragen."

„Ihre Namen sind mit Bedacht gewählt. Es mag sein, dass ihr noch nicht versteht, aber das werdet ihr noch. Lasst es auf euch zukommen und seid stolz auf eure Tochter.", fügte General Gawain Renna hinzu.

„Viel Glück, euch beiden!", sagte meine Großmutter noch, dann zog Nebel auf und alles war weiß.

Leises Weinen weckte mich. Unsere Tochter war aufgewacht. Schnell stand ich auf und trat an die Wiege. „Hallo Lapislazuli Eleonore Casement. Bist du aufgewacht?", flüsterte ich und nahm sie hoch. Sie sah mich aus ihren strahlendblauen Augen an. Sie hatte aufgehört zu weinen.

Flügel - Islands Hoffnung (Flügel II)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt