Sein Bruder lehnte auch ab, sondern trank nur Wein mit viel Wasser versetzt. Er wirkte sehr nachdenklich.

Makuc holte tief Atem.

„Ich glaube nicht, dass deine Mutter unseren Vater ermordet hat."

Sumek sah ihn seltsam an, zuckte aber dann mit den Schultern.

„Selbst wenn sie ihn nicht erstochen hat, konnte der Heiler feststellen, dass sie ihn vergiftet hat. Das kommt auch einem Mord gleich. Außerdem hat sie mehrere Leute auf dem Gewissen. Es werden heute viele gegen sie aussagen. Die meisten haben schon auf eine Gelegenheit wie diese gewartet."

Makuc nickte.

Das konnte er sich vorstellen.

„Es wundert mich, dass du den Tod deiner Mutter nicht zur Anklage bringst!"

Makuc sah Sumek an.

„Was würde das bringen? Es konnte nie bewiesen werden! Und ich denke, sie wird für den Mord am König bestraft werden! Das reicht mir!"

Sumek nickte nur.

„Das reicht dir also! Auch wenn sie dafür nichts kann? Wenn der eigentliche Mörder davon kommt? Schließlich hast du gesagt, dass du nicht daran glaubst, dass sie es war."

Makuc trank einen Schluck Wasser.

„Wenn es tatsächlich jemand anderes war, wird auch derjenige irgendwann seine gerechte Strafe bekommen. Ich glaube an Gerechtigkeit in jeder Form."

Sumek lachte spöttisch.

„Du bist naiv, Makuc! So verdammt naiv!"

Makuc hob seine Augenbraue.

„Denkst du nicht, dass derjenige bestraft werden sollte? Ich meine, du hast deine Mutter gleich festnehmen lassen und nicht hinterfragt, ob sie es wirklich war!"

Täuschte er sich oder schluckte Sumek einige Male hart, bevor er antwortete.

„Sie wurde erwischt, wie sie neben seiner Leiche stand. Mit einem Dolch in der Hand, der voll Blut war."

Makuc kannte die Geschichte. Aber er wusste auch, dass der Heiler auch in der Hinsicht seine Bedenken hatte. Die Klinge hatte nicht zu der Wunde gepasst. Es sah auch eher so aus, als ob sie im Nachhinein in den leblosen Körper gestoßen worden war.

Bevor er Sumek antworten konnte, wurde es laut im Gerichtssaal.

Makuc beugt sich nach vorne.

Genia wurde gerade hinein geführt. Sie trug ein verdrecktes Hemd, das schon bessere Tage gesehen hatte. Man hatte ihr Haar geschoren und sie war von Kopf bis Fuß beschmutzt.

Makuc hatte eigentlich erwartet, dass sie arrogant und mit hoch erhobenem Kopf eintreten würde, aber das Gegenteil war der Fall.

Sie blickte sich ängstlich und gehetzt um.

Von allen Seiten wurde sie beschimpft und manche bespuckten sie.

Es gab auch manche, die ihr ins Gesicht schlugen.

Die Wachsoldaten drängten die Leute nur träge zur Seite, als ob sie selbst Lust hätten, es ihnen gleich zu tun. Sumek hätte das alles beenden können, doch der lehnte sich nur zurück und starrte stur geradeaus.

Makuc verstand das nicht ganz.

Immerhin war es seine Mutter, die da unten stand und beleidigt wurde.

Genia wurde nach vorne geführt und musste stehen bleiben, während alle anderen auf Sitzkissen Platz nahmen. Sie hatte nichts mehr mit der arroganten und herrischen Frau gemeinsam, die Makuc noch vor ein paar Wochen gesehen hatte.

Meridea - Dienerin der Dunkelheit Onde histórias criam vida. Descubra agora