Kapitel 8

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• I S A A C •

"Und hast du schlimme Kopfschmerzen? Wenn ich mich recht erinnere, waren Emmas Partys immer ziemlich...abgedreht."

Ich werfe eine Kopfschmerztablette in das Glas und sehe zu, wie sie sich im Wasser auflöst.

"Kaley, woran willst du dich denn bitte erinnern? Du warst noch ein kleiner Wurm, als ich in der High-School war." "Jetzt übertreib mal nicht! Ich bin vier Jahre jünger als du. So kannst du vielleicht über Miranda reden, unserem Küken...Also wie war's?"

O man, kleine Schwestern machen einen echt fertig. Rauben dir den letzten Nerv.

Hätte sie in einem noch unpassenderen Augenblick anrufen können?

Ich glaube nicht.

Aber gut, schon damals hatte sie ein Talent dafür, einfach so irgendwo reinzuplatzen.

Mir kommen Bilder in den Kopf, als Kay und ich in meinem Zimmer saßen und eigentlich an irgendeinem Projekt arbeiten sollten.

Wir waren damals fünfzehn Jahre alt, zwischen uns war es noch so einfach gewesen. In dieser Zeit fing es irgendwie mit uns an.

Anstatt zu arbeiten, lagen wir schon halb auf dem Bett und knutschten.

Es war aufregend gewesen. Wir wussten nicht so genau, was wir da taten. Es hatte Spaß gemacht, wir verstanden uns gut.

Also waren sollten wir es komisch finden, wenn wir das Verlangen hatten, uns zu küssen?

Zumindest kam dann irgendwann meine kleine Schwester ins Zimmer gestürmt. Kaley war damals elf Jahre alt. Wie sollte man einem Mädchen, dass noch mit Puppen spielte, bitte erklären, warum sich zwei Jungs küssten? Vor allem, weil wir es selber nicht genau verstanden.

Naja, zumindest rannte sie raus und ein paar Tage später wusste meine Familie bescheid.

Ich hätte sie umbringen können.

"Nimm es mir nicht übel, aber ich habe echt viel zu arbeiten und mein Kopf macht mich fertig. Du-" "Wann nehme ich dir denn mal etwas übel, Bruderherz?" Ähm immer?! "Dann beantworte mir wenigstens eine letzte Frage!", ruft sie aus, woraufhin ich zurückzucke. "Was schreist du denn so? Da wird man ja noch taub." "Und du wehe du lügst! Ich merke nämlich, wenn du nicht die Wahrheit sagst." Ich verdrehe die Augen. "Jaja, ist ja okay. Jetzt komm doch bitte endlich zum Punkt, damit ich arbeiten kann." "Hast du jemanden besonderen getroffen? Vielleicht jemanden, den du kennst? Einen bestimmten-"

"Kay!"

"Also hast du?! Wow, das war ja einfach...O mein Gott, ist etwas passiert? Habt ihr-" Ich lege auf, ohne etwas zu sagen und schaue zu meinem Exfreund hoch, der am Türrahmen steht. "W-was machst du hier?" Er kommt lächelnd auf mich zu und zuckt mit den Achseln. "Ich war gerade in der Gegend gewesen und da dachte ich, ich sage mal 'Hallo'. Also, ähm, hallo.", er hebt seine Hand und winkt mir zu.

Ich sehe ihn geschockt an. "Woher weißt du, dass ich hier arbeite?" Er bleibt vor meinem Schreibtisch stehen und mustert mich. Unter seinem Blick fühle ich mich rutsche ich auf meinem Stuhl hin und her. "Mache ich dich etwa nervös?", fragt er grinsend. "N-nein! Mich hat was gestochen." "Am Hintern?" "Ja! Nein! Äh...Beantworte einfach meine Frage!" Lachend zieht er einen Stuhl nach hinten und setzt sich. "Ich habe dich gegoogelt."

"Was? W-warum googelst du mich? D-das kannst du doch nicht...Ich meine, es ist...Du-" "Mensch, was ist denn mit dir los? Du wirkst ziemlich durcheinander. War gestern wohl zu viel?" Er grinst.

Als ob er sich jetzt auch noch über mich lustig macht. Idiot.

"Du hast doch gar nicht so viel getrunken. Warum bist du denn so angeschlagen?" Ich seufze. "Du bist so ein Idiot." "Warum?" "Jetzt mache hier mal nicht auf Helige Maria. Du weißt genau, was ich meine." Er beugt sich nach vorne. "Also erstens tue ich es gar nicht, weil ich wenn dann der Heilige Mario wäre...Und den gibt es bekanntlich nicht. Zweitens wollte ich einfach-", er bricht ab. Fragend sehe ich ihn an.

Er ringt mit sich, das erkenne ich sofort. Irgendwie habe ich das Gefühl, er weiß selber nicht genau, was er hier macht...

"Ich wollte...dich sehen.", meint er dann und schaut auf seine Finger. Unwillkürlich muss ich lächeln.

Er ist noch so süß wie damals.

"Du hast dich wirklich nicht geändert, weißt du das?", murmle ich vor mich hin. Er schaut auf. Dunkle Augen treffen auf grüne Augen - wie sie es schon oft in diesem Leben getan haben.

"Gleichfalls, McAdams. Und-", er deutet um sich herum, "Du hast es offensichtlich ganz nach oben geschafft." Ich lache. "Ist nur irgendeine Stelle in einer Firma." "Irgendeine Stelle?! Isaac, du sitzt ganz oben in der Firma! Ein Wunder, dass man dich nicht gleich als Boss bezeichnet." "Hör auf, ich werde ja gleich ganz verlegen.", erwidere ich lächelnd und fahre mir durch die Haare.

Kay steht auf und geht zum Fenster, was eigentlich die ganze Wand einnimmt. "Diese Aussicht...sie ist echt wunderschön.", murmelt er und stützt sich am Glas ab.

Lächelnd mustere ich ihn, wie er so verträumt dasteht, und erkenne in ihm den 17-jährigen Jungen von früher wieder. Der, der davon sprach, eines Tages die Welt zu bereisen, Berge zu erklimmen, durch Wüsten zu fahren...

Mein Blick fällt auf mein Schreibtisch, wo ein Foto von Katherine und mir steht. Wir beide in Paris vor dem Eiffelturm. Sie liebt solch ein Kitsch und wollte unbedingt zu unserem 3-jährigen nach Paris.

Es war wirklich schön. Wir haben die Zeit sehr genossen. Tagsüber spazieren gegangen, Abends in einem schönen romantischen Restaurant gegessen.

Der Urlaub hat unsere Beziehung nochmal ein bisschen verstärkt.

Und doch...hatte etwas gefehlt gehabt.

Ich öffne die eine Schublade und verstecke es dort, bevor Kayden es sieht. Eine Erklärung hätte ich nämlich gerade nicht parat, dass ich mit einer Frau verlobt bin.

Und ehrlich gesagt will ich diesen Moment jetzt auch nicht dadurch kaputt machen...

Langsam stehe ich auf und stelle mich neben ihn. "Es muss toll sein, den Sonnenuntergang aus dieser Höhe zu sehen." Meine Augen liegen weiterhin nur auf diesen Mann. "O ja, die Aussicht könnte nicht schöner sein." Er wendet sein Gesicht zu mir um. "Wir reden aber schon noch von der gleichen Sache oder?", fragt er lächelnd.

Ich widerstehe den Drang, ihn nicht jetzt sofort gegen das Fenster zu drücken und zu küssen.

Sein Blick wird plötzlich ernster. "Kann ich dich etwas fragen, Isaac?" Ich nicke. "Bereust du es?"

Ob ich die Nacht bereue?

Ich sollte es bereuen. Schließlich habe ich Kat betrogen. Die Frau, die ich liebe.

Und doch, ein Teil in mir will den Kopf schütteln. Der Teil, der Kayden nicht vergessen hat, ihn noch immer liebt. Der mich auf der Party dazu gebracht hat, alles außer ihn zu vergessen.

Der Isaac in mir, der nach Kays Hand greift und ihn anlächelt. "Vielleicht sollte ich es. Aber nein, die Nacht mit dir war einfach atemberaubend schön." Er sieht zu unseren Händen, die er gleich darauf miteinander verschränkt. " Ja, finde ich auch."

My married Lover [manxman] | ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt