15. Evidence

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„Slow Hands? Im Ernst? Du magst diesen Song?"

Ein wenig erstaunt musterte sie mich mit ihren blauen Augen.

„Natürlich mag ich den Song, er ist toll. Im Fachjargon ein Pantydropper wie man so schön sagt."

Ihre Bemerkung ließ mich prompt auflachen. „Vielleicht sollte er das auch sein. Ich wollte mal etwas anderes machen, etwas, was sexy klingt."

„Das tut das Lied auf jeden Fall." Ihr Blick lag noch immer auf mir, als sie eine Frage stellte. „Über welche Frau hast du den Song geschrieben?"

„Keine Bestimmte. Vielleicht über eine, die ich noch kennen lernen werde, wer weiß", lautete meine ehrliche Antwort. In der Tat entsprang der Text meiner Fantasie und leider nicht einer realen Begebenheit.

Ein wenig umständlich öffnete ich die kleine Tüte mit den Erdnüssen, die das Personal vorhin verteilt hatten und begann zu essen. Dabei hörte ich Eves weiteren Ausführungen über meinen Song gespannt zu.

„Du hast ein Klischee mit dem Text gebrochen. Normalerweise baggert der Kerl immer die Frau an und nicht umgekehrt."

„Ich sagte doch, ich bin schüchtern." Mein schwaches Grinsen, das ich dabei aufsetzte, ließ Eve in einen Lachanfall ausbrechen.

„Willst du mich verarschen?", meinte sie, gleichzeitig versuchte sie ihre Atmung zu kontrollieren, welche durch das Lachen und Sprechen durcheinandergeraten war.

„Nein, liebe Eve, ich will dich nicht verarschen und ja, ich habe ein Klischee einfach umgedreht, weil ich es cool fand."

Die letzten Erdnüsse verschwanden in meinem Mund, da hörte ich sie sagen: „Das gefällt mir unheimlich gut. Ich finde es toll, wenn Klischees gebrochen werden. Ob das nun in Songtexten, Büchern oder Filmen sein mag, ist dabei egal."

„Oder im echten Leben", setzte ich altklug hinzu.

Eve, die meinen Gedankengängen durchaus folgen konnte, gab ihren Senf dazu.

„Falls du damit auf die Sache zwischen meinem Ex und mir anspielst, muss ich dir sagen, dass du gar nicht so falsch liegst. Bei allen meinen Freundinnen, die geschieden sind, war er es, der fremdgegangen ist. Bei uns war es umgekehrt. Das macht mich zwar nicht stolz, aber das Klischee wurde nicht hundertprozentig erfüllt."

„Nicht mal fünfzig", erwiderte ich trocken und schluckte den letzten Rest der Erdnüsse hinunter.

Eve blickte mich nachdenklich von der Seite an. „Vielleicht könntest du für mich auch mal einen klischeefreien Text hinzaubern."

Daraufhin verschluckte ich mich und begann zu husten, so lange bis Eve mir auf den Rücken klopfte. Danach wurde es endlich besser und ich bekam wieder richtig Luft.

„Sorry, Niall, ich wollte dich nicht erschrecken", sprach sie leicht besorgt.

„Ach was, war halb so wild." Kurz wischte ich mit der Hand über mein Gesicht. „Vielleicht würde ich es hinkriegen, vielleicht stoße ich da auch an meine Grenzen."

„Grenzen sind dazu da, um sie auszutesten", meinte Eve gelassen.

Unsere Blicke trafen sich erneut, wir begannen beide wie auf Kommando zu schmunzeln und prusteten plötzlich ohne Vorwarnung los. Lässig streckte ich meine Hand aus. „Schlag ein, Eve. Wir machen einen Deal. Ich versuche, einen klischeefreien Song zu schreiben oder zumindest einen, der das Klischee umdreht. Wenn ich es nicht schaffe, darfst du mit mir machen, was du willst."

Vergnügt zwinkerte sie mir zu. „An deiner Stelle wäre ich mit solchen Äußerungen sehr vorsichtig, Niall."

Abwehrend hob ich die Hände. „Ok, ok, ich grenze es ein. Du darfst mich nicht nackt auspeitschen."

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