Part 6

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Als ich endlich vor der Tür stand war ich erleichtert. Was sollte das?! Wieso zur Hölle hatte Luke diese Waffen dabei? Andere Mädchen fänden das vielleicht aufregend und in irgendeiner Weise war es das auch. Aber ich dachte an Ronnie und an seinem Grab hatte ich geschworen mich immer von Waffen fern zu halten.
Aber ich wollte zu Luke. Ich musste mir eingestehen, dass dieser Junge etwas in mir auslöste. Etwas, was vorher niemand bei mir ausgelöst hatte.
Etwas betrübt ging ich nach Hause. Ich zog mich nicht um sondern legte mich einfach ins Bett, schloss die Augen und wartete auf den Schlaf.
Aber statt dem Schlaf ertönte plötzlich lautes Geschrei. Vorsichtig kroch ich aus meinem Zimmer und linste in den Flur.
Ich hörte meinen Dad wie er meine mum anschrie. Aber nicht so wie sonst, sondern viel schlimmer. Mit einem mal sprang ich auf und rannte zu deren Zimmer.
Mama saß am Bettrand gekauert und hob abwehrend die Hände überm Kopf. Er hatte sie also geschlagen.
"Was ist hier los?!" brüllte ich, weil mich niemand bemerkt hatte. "Zieh ab!" zischte mein Vater.
"Seh ich so aus?! Lass verdammt noch mal Mama in Ruhe und geh endlich zum Psychologen damit du mal klar kommst!" Ich selbst erschrak über meine Worte. Sowas hatte ich noch nie zu meinem Dad gesagt. Und ich wusste auch warum.
Sein Blick wurde dunkler und er schaute mich eindringlich an. "M-Mary .. Geh" winselte meine Mum. Aber ich konnte nicht. Sollte er doch machen was er wollte. Vielleicht hatte ich es verdient, vielleicht half es ihm auch. Keine Ahnung warum, aber ich blieb einfach stehen. Er stand jetzt direkt vor mir.
"Denkst du, dass du so mit deinem Vater reden kannst?" Ich sagte nichts und schaute zu Boden. Seine Hand knallte an meine Backe und ich taumelte zur Seite. "Guck mich an wenn ich mit dir rede!!" Ich schaute in seine Augen.
Das waren nicht mehr die Augen meines Dads. Schon lange nicht mehr. Seit Ronnies Tod hatte es angefangen und wurde von Tag zu Tag schlimmer. Er war grausam.
"Du bist nicht mehr mein Vater" sagte ich ganz langsam. Ich wusste, dass ich zu weit gefangen war aber es war mir egal. Der Blick meiner Mama wurde total kalt. Sie wusste was nun kommen würde.
"Schatz, lass sie. Sie ist eine Jugendliche, sie weiß doch gar nicht was sie da redet." "Halt die Schnauze!!" schrie Papa wieder.
Und in der nächsten Sekunde flog ich mit lautem Knall zu Boden, er trat und schlug auf mich ein, wurde immer wütender und schrie irgendwas. Ich hörte die Schreie meiner Mutter aber rührte mich nicht. Der Schmerz wurde immer größer und plötzlich hörte er auf.
"Verschwinde. Du ekelst mich so dermaßen an" Aber diese Worte taten mir mehr weh als all seine Tritte und Schläge.
Wie benebelt stand ich auf und ging ins Bad. Ich spürte Blut. Entsetzt sah ich mich im Spiegel an. Eine kleine Platzwunde prankte über meinem Auge, meine Lippe war aufgeplatzt und mein Auge würde blau werden. Der restliche Körper tat mir so unbeschreiblich weh und somit fingen auch die tränen an zu laufen. Ich fühlte mich wieder mal so alleine.
Ich zog mich um und kroch in mein Bett. Nach Ewigkeiten schlief ich dann endlich ein.

Den nächsten Tag kam ich nicht aus meinem Zimmer. Mama klopfte öfters, aber da ich abgeschlossen hatte kam sie nicht rein. Ich konnte mich nicht ohne schmerzen bewegen. Beim Atmen taten meine Rippen weh, mit offenen Augen brummte mein Schädel, jede Bewegung schmerzte...
So weit war ER noch nie gegangen. Ich hatte schon öfters Schläge bekommen, aber das.. War die Hölle. Oder mehr als das.

Mein Wecker klingelte. Ich stöhnte vor Schmerz als ich ihn ausschaltete. Aber ich musste zur Schule, sonst würde ER vermutlich die Tür eintreten. Ich sprach ihn nicht mehr als meinen Vater an, denn das war er nicht mehr.
Ganz langsam begann ich mich anzuziehen. Aber es tat alles weh. Ich schaute in den Spiegel. Was würde meine Klasse denken ?
Obwohl, wen interessierte das schon ?!
Mein linkes Auge war angeschwollen und blau, meine Lippe war mit getrocknetem Blut verschmiert und überall aufgeplatzt, die Platzwunde über meinem Auge touchierte ich mit einem Pflaster. Mein Schlüsselbein war auch ganz blau, also zog ich einen schal an. Es war zwar viel zu warm dafür, aber wen kümmerte das schon. Meine Hände waren an den handknöcheln auch aufgeplatzt und meine linke Hand war total angeschwollen.

Nachdem ich auch im Bad fertig war, lief ich ganz langsam die Treppen runter. Meine Rippen schmerzten bei jedem Schritt. Unten lag ER auf der Couch und schaute wie immer irgendwelche Assi-Sendungen. Mama stand noch in der Küche. Wow, sie war mal noch da.
Geschockt sah sie mich an. "Schatz!" schrie sie und wollte mich umarmen aber ich stoppte sie rechtzeitig.
"Bitte nicht" Sie sah mich mitleidig an und ich sah die tränen in ihren Augen. "Bleib heute zu Hause. Wir gehen zum Arzt und.."
"Die Göre geht in die Schule!" schrie er. "Bin doch dabei" entgegnete ich kühl.
"Soll ich dich fahren?" Mamas Stimme war verzweifelt. "Nein, verdammt nochmal. Alles beim alten."
Ich nahm einen Apfel aus der Schale, hob langsam meine Tasche auf und knallte die Tür hinter mir zu.

Da ich den Bus sowieso verpasst hatte lief ich zur Schule. Aber auch das ging nicht schnell. Mir war klar, dass ich zu spät kommen würde. Aber was kümmert mich das. Ich werde schon nicht viel ärger kriegen, schließlich bin ich Klassenbeste. Immernoch.
Die Tasche auf meiner Schulter schmerzte. Jeder Schritt verpasste mir einen Stoß in die Rippen, jeden Atemzug konnte ich bis in die Lunge verfolgen. Und mein Schädel brummte wie verrückt.
Als ich das Schulgelände betrat hatte der Unterricht schon 10 Minuten angefangen. Ich klopfte vorsichtig.
"Jaaa?" Zum Glück hatten wir Mr Sam. Er war mein Lieblingslehrer. Ich trat ein und die ganze Klasse starrte mich an. Wie zu erwarten war lachten alle. Ich wartete das übliche Gelächter ab.
"Alles in Ordnung mit Ihnen?" Mr Sam sah mich besorgt an. "Was ist denn passiert?!" "Alles super. Entschuldigung für die Verspätung. Ich kam nicht so schnell voran" Ich lächelte taff. Es interessierte sie doch alle einen scheiß wies mir ging.
"Biste heute mit dem Müllcontainer zusammen gestoßen?!" rief Kim. Erneutes Gelächter.
"Nein, bestimmt hat ihr Alter ihre Hässlichkeit nicht mehr sehen können" grölte Nick. Wieder lachen.
"Das reicht jetzt!" brüllte Mr Sam und Ruhe kehrte ein. Alle hatten gelacht, außer Luke. Er hatte mich einfach nur angestarrt.
Ich lief auf meinen Platz neben ihm und setzte mich ganz langsam hin. Fuuuuck, das tat so weh.

One boy. (Luke Brooks)Where stories live. Discover now