Kapitel 30

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Mich wühlte immer noch der vorherige Nacht auf. Ich hatte nach fast dreizehn Jahren endlich mal wieder mit meiner Mutter reden können und ich hatte ihr nicht mal gesagt, dass ich sie lieb hatte, ihr dankbar war, dass sie ihr Leben für mich geopfert hatte oder dass ich sie vermisste. Ich hatte nur nach Hilfe gefragt, um einen Dämon zu besiegen.

Momentan saß ich mit den anderen am Frühstückstisch. Johannes und Anna Maria waren nicht da, sie hatten irgendeine Besprechung mit ihrem Clan. Zara und Devin bereiteten alles für ihre Abreise vor, zumindest theoretisch. Praktisch wollten sie noch hier bleiben und mir helfen, aber wenn sie länger hier bleiben würden, würde es wahrscheinlich Astrum auffallen. Zara wollte mir eine andere Hexe schicken, um mich zu unterrichten. Sie sollte irgendwann diese Woche noch ankommen. Und Nova, die war ganz vertieft ins Chatten mit irgendeinem Typen. Ich konnte nur hoffen, dass es Tarmo war, mit dem sie schrieb. Die beiden heckten immer noch einen Plan aus, wie sie Novas Ex eifersüchtig machen konnten und wenn es mir richtig aufgefallen war, dann kamen sich die beiden dabei auch etwas näher.

„Na mit wem schreibst du?", wollte Joris von ihr wissen. Dabei sah er verschwörerisch grinsend seinen Bruder Jonah an.

„Mit wem wohl. Tarmo natürlich!", antwortete dieser fies lachend.

„Ach lasst mich doch in Ruhe! Und wenn schon. Dann schreibe ich eben mit ihm!", zischte Nova ihre Brüder an. Entschuldigend sah sie zu mir rüber.

„Er hilft Astrum die meiste Zeit über dich zu suchen. Er hat mir gesagt, das Astrum von wütend, zu verzweifelt, wieder zu wütend und mittlerweile einfach nur zu traurig und enttäuscht übergegangen ist. Astrum wird nicht aufhören bis du wieder an seiner Seite bist und dann wird er dich nie wieder gehen lassen."

„Ich weiß", flüsterte ich, „Ich will auch nur wieder zu ihm zurück, aber vorher muss ich Broin befreien und meine Familie rächen."

Na diesen Kampfgeist höre ich doch gerne!, hörte ich Anna Marias sanfte Stimme in meinem Kopf.

Ich nickte nur. Sie wollte mit ihrem Unterricht mit mir anfangen. Es war mittlerweile ganz normal geworden den anfänglichen Tagesplan jeden Tag anders abzuhalten. Heute zum Beispiel würde ich vormittags nur mit Anna Maria verbringen und nachmittags mit Johannes. Zara und Devin würden den Tag noch einmal zu zweit entspannt genießen und dann packen. Morgen würden sie schon ganz früh wieder zurück reisen.

Du weißt ich hatte auch mal so einen Kampfgeist. Es ging dabei auch um meine Familie. Weißt du wie es geendet hat?, wollte Anna Maria wissen.

„Du hast eine ganze Rasse ausgerottet. Zumindest hast du es versucht."

Du hast Recht. Ich habe die Werwölfe fast vollständig ausgerottet, um meine Kinder zu beschützen. Ich habe meinen Schöpfer getötet und ich habe die Basis für den nächsten Krieg gelegt. Und was lernst du daraus?

Anna Maria ließ sich in ihrem Sessel im Wohnzimmer nieder und sah mich fragend an. Lächelnd setzte ich mich auf die Couchlandschaft.

„Nicht wahllos jeden Werwolf umbringen, nur weil er ein Werwolf ist?", antwortete ich herausfordernd.

Das auch, meinte Anna Maria Augen verdrehend, Aber was ich eigentlich meinte ist, dass man erst reden sollte und versuchen sollte mit Hilfe von Verbündeten seine Probleme zu lösen. Man sollte nicht direkt jeden töten, aber wenn man jemanden töten muss, dann nur zielgerichtet und nicht wahllos wie Johannes und ich es getan haben.

Ich nickte und verstand was sie bewirken wollte. Sie wollte dafür sorgen, dass sich die Geschichte niemals wiederholen würde. Außerdem war ich ihr Projekt um ihren Fehler wieder auszubügeln.

„Wie soll ich das schaffen?"

Was?

„Die Hexen anführen. Dafür sorgen, dass die Männer ihre Plätze räumen. Und das alles ohne jemanden zu töten."

Zeig ihnen deine Macht, schreib deine Geschichte zu Ende und das als Siegerin. Außerdem habe ich dir eben gesagt, dass man manchmal töten muss. Nur solltest du es immer zielgerichtet tun. Du kannst nicht einfach durch Trauer über den Tod eines Freundes ein ganzes Haus zusammen stürzen lassen und dabei deine Familie und Freunde mit dir begraben. Das war nicht dein Fehler. Du kanntest deine Macht damals noch nicht, aber jetzt kennst du sie. Also nutze sie richtig.

„Ja, aber wie. Nehmen wir einmal an ich habe den Dämon besiegt, von dem ich nicht mal weiß wie ich das tue oder wie ich zu ihm komme und dann habe ich auch noch Broin gerettet. Dann komme ich zurück und werde meine Verbindung mit Astrum wieder aufbauen. Er wird mich nie wieder auch nur das Haus verlassen lassen, ohne dass er dabei ist. Astrum ist genau wie sein Vater. Er wird nicht zulassen, dass Frauen das Sagen haben."

Ein lautes Lachen ging durch meinen Kopf. So klar und wunderschön hatte ich noch nie eine Stimme gehört.

Du sagst es ganz richtig. Er ist genau wie sein Vater. Johannes denkt auch immer noch er hätte das Sagen. Wir Frauen müssen einfach wissen, wie wir uns die Position, die uns zusteht, erschleichen können. Mittlerweile habe ich das Sagen über unseren Clan, auch wenn er offiziell immer noch von Johannes geleitet wird. Johannes einzige Macht über mich beschränkt sich auf das Schlafzimmer. Das wirst du auch noch mit Astrum schaffen. Nicht direkt auf einen Schlag aber nach und nach beraubst du ihm immer mehr seiner Stellung. Und das wirst du immer so weiter machen. Wir sind nicht wie diese dämlichen Werwölfe. Frauen sollten das Sagen haben. Wir sind rationaler, fairer und einfach die besseren Anführer. Wir sind nicht nur dafür da lächelnd daneben zu stehen, während die Männer unnötige Kriege anzetteln.

„Du beschreibt das alles so einfach."

Ich stelle dir jetzt erst mal eine andere Frage. Hast du Angst deine Familie zu rächen und einen Dämon, der in der Hölle ist und Unterstützung hat zu töten? Nein oder?

Ich schüttelte den Kopf.

Und du bist dir sicher, dass du einen Weg findest eben diesen Dämon zu töten?

„Natürlich!"

Dann sollte es ein leichtes für dich sein danach ein paar dämliche, alte Hexer von ihren verrosteten Thrönen zu schmeißen und den Matriatismus wieder einzuführen. Glaub mir den Dämon zu töten wird mehr Kraft in Anspruch nehmen. Ich denke das reicht für heute. Ich weiß, du willst dich lieber wieder auf dein neues Lieblingsbuch stürzen und mehr von eurer Geschichte lernen. Die Geschichte der Vampire kennst du bereits. Es fehlen nur noch diese hässlichen, stinkenden Flohtiere, knurrte Anna Maria abwertend.

Wie eine Königin stand sie auf und stolzierte davon. Ich konnte nur grinsend den Kopf schütteln. Anna Maria war wirklich ein Charakter für sich. Sie war so viel in einem vereint. Sie war eine liebevolle, zärtliche Mutter, eine knallharte Kriegerin, eine vornehme Lady, eine gerechte und weise Anführerin. Sie machte Fehler, wie jeder von uns, aber sie versuchte jeden Fehler wieder gerade zu bügeln.

Die dunkle HexeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt