Kapitel 40

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Aydan hatte mir gezeigt, wie ich mein Gesicht in das von Abigail verändern konnte. Ich sah jetzt genauso aus wie die Verstorbene zu Lebzeiten. Allerdings stimmte die Kleidung wohl nicht, laut Aydan. Kuro war noch nicht wieder runter gekommen und da es soglangsam schon Mittag wurde, war Aydan drauf und dran ohne ihn aufzubrechen.

"Wir können ihn immer noch später über alles aufklären", meinte Aydan etwas missmutig. 

Aber gerade als wir uns auf den Weg machen wollten, kam Kuro dann doch noch die Treppe herunter. Er hatte sich wohl wieder gefasst. Stand wieder gerader vor uns mit einem süffisanten Grinsen auf den Lippen. Dieses Wiederrum verschwand aber sehr schnell wieder, als er mich erblickte. Sein Lächeln wurde sanfter, schon fast zärtlich. Langsam kam er auf mich zu. Beunruhigt beobachtete ich seine ausgestreckte Hand, die immer näher zu meinem Gesicht wanderte. Ich wusste nicht, was ich erwartet hatte, aber ganz sicher nicht, das er sanft über meine Wange strich.

"Ich weiß du bist nicht Abigail, aber es ist ein so schönes Gefühl sie noch ein letztes Mal vor mir zu sehen. Lass es mich kurz genießen", flüsterte Kuro vor sich hin. Also sagte ich gar nichts, denn meine Stimme hatte ich nicht verändert. Ich ließ ihn mich einfach ansehen und mein Gesicht streicheln, auch wenn ich mich sehr unwohl dabei fühlte, das ein anderer Mann als mein Gefährte mich so berührte.

"Nun gut, lasst uns aufbrechen", rief Kuro plötzlich mit gestelztem britischem Akzent.

Er war wie umgewandelt. Einfach wieder der ganz alte und tat so, als würde ich nicht das Gesicht seiner toten Freundin zur Schau tragen.

"Wir klapperten die üblichen Sehenswürdigkeiten ab, wie Big Ben, den Tower, Buckingham Palace und London Eye. Kuro scherzte darüber, das wir nachdem wie das Dämonenbuch geklaut hatten, doch auch noch die Kronjuwelen der Königin stehlen könnten. Aydan jagte ihn daraufhin mit dem Regenschirm und versuchte ihn zu schlagen. Allerdings war Kuro dann doch etwas schneller und Aydan traf nie.

Am Ende unserer Touri-tour gingen wir dann in die British Museums Library. Sie war wunderschön und ich verliebte mich auf anhieb in das alte Gebäude. Es gab zum Glück nicht viele Kameras und die Wachleute waren fünf alte Männer, die nicht wirklich viel gegen echte Diebe hätten ausrichten können. Allerdings war unser Zielobjekt, das Lemegeton Clavicula Salomonis, befand sich im abgesperrten Bereich. Das hieß für uns wir wussten nicht genau, wo genau das Buch lag und wir mussten nicht nur den Schutz der Hexen um das Buch herum lösen, sondern auch noch den um den abgesperrten Bereich. Also doppelte Arbeit.

Kuro, Aydan und ich taten so als würden wir uns die Bücher im geöffneten Bereich ansehen und darin stöbern.

"Wenn du heute schon den Schutz um den abgesperrten Bereich löst, können wir uns morgen direkt da rein teleportieren", flüsterte Kuro mir zu.

"Wieso soll ich den Schutz lösen?", zischte ich zurück.

"Will ich das Buch oder du?", fragte Kuro entnervt zurück.

Wütend machte ich mich auf den Weg zur Absperrung, in einer der hinteren Ecken. Ich sammelte meine Macht und ertastete das Gitter aus mehreren verschiedenen Hexensprüchen. Es war schwieriger als in der Akademie. Hier hatten wirklich gute Hexer das Netz aus Sprüchen gesponnen. Ich würde lange für dieses enge und doppelt geschützte Geflecht brauchen.

Ich drehte mich zu Aydan um, "Ich brauche hier mindestens eine, wenn nicht sogar zwei Stunden. Es würde schneller gehen, wenn ihr mir helft, aber dann fällt es auch mehr auf."

Schnell wand ich mich wieder ab und fing an das Netz leicht zu lösen. Man muss sich das vorstellen wie ein Spinnennetz mit Knoten drin. Die Knoten müssen gelöst werden, dabei darf man aber nur manche der Fäden berühren. Denn berührt man die falschen Fäden, würde die Spinne kleben bleiben, wie die Fliegen, aber bei einem Hexenspruchgeflächt würde ein Schutzmechanismus ausgelöst werden und man würde den Spruch nie wieder lösen können.

"Kuro zieht die Aufmerksamkeit der Wachleute auf sich und ich helfe dir hierbei", flüsterte Aydan, der nach einem kurzen, schnellen Gespräch mit Euro wieder zu mir gekommen war, "Wo soll ich anfangen?"

"Ok. Fang bei Abwehrsprüchen an. Ich versuche die Schutzzauber zu durchbrechen."

Nickend machte auch Aydan sich an die Arbeit. Ich versuchte nicht auf Euro zu achten, der angefangen hatte mit Kopfhörern in den Ohren laut zu singen und über die Tische zu tanzen. Die fünf alten Wachleute versuchten ihn davon abzuhalten in der ehrwürdigen Bibliothek so einen Lärm zu veranstalten, aber der Hexer tat so, als würde er nichts davon mitbekommen. Aydan und ich versuchten Lage, um Lage, des Knotengeflechts zu lösen.

"Don't you step on my blue suede shoes
Well, you can do anything
But stay off of my blue suede shoes", sang Euro gerade aus voller Kehle und hüpfte dabei von einem zum nächsten Tisch.

"Im Ernst?", fragte ich Aydan. Dieser zuckte aber nur mit den Schultern.

"Er war schon immer ein Riesen Elvis Presley Fan."

"Aber Blue Suede shoes? Ich hätte eher Jailhouse Rock oder In the Ghetto erwartet."

"Die waren ihm immer zu mainstream. A Little less Conversation und Blue Süde Shoes waren immer seine Lieblinge."

"In zwei Tagen tun so viele neue Welten bei diesem Typen für mich auf", grinste ich Kopf schüttelnd.

Wir waren schon eine Dreiviertel Stunde damit beschäftigt und das Ende wahr endlich in Sicht. Zum Glück hatten wir keinen Fehler gemacht und alles war bisher glatt gelaufen. Vor allen Dingen durch Kuros hervorragende Performance als Sänger und Tänzer.

"Fertig!", rief Aydan euphorisch aus, "Komm lass uns verschwinden, bevor uns doch noch jemand bemerkt."

Schnell liefen Aydan und ich raus. Dabei achteten wir darauf, das Kuro es auch mitbekam. Aydan und ich liefen freudig zu einem nahgelegenen Pub, an dem wir uns vorher mit Kuro verabredet hatten. Zu unserem erstaunen saß Kuro schon dort. Lässig saß er an einem Tisch und wank uns zu.

"Hast du dich ernsthaft hier her teleportiert?", fragte ich den Hexer wütend.

"Ja natürlich", grinste dieser nur und bestellte sich einen Tee, bei der Kellnerin.

So viel zu: "Wir fallen auf gar keinen Fall auf. Niemand soll wissen was wir sind und dadurch Verdacht schöpfen, was wir vorhaben könnten." Irgendwann, wenn das alles vorbei war, würde ich Kuro sowas von eine rein hauen, für den ganzen Scheiß, den er verzapfte!

Die dunkle HexeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt