09. Davonlaufen ist keine Lösung

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Nicht wenn es dich in Gefahr bringt.

"Einverstanden"

Eine Sekunde später fand ich mich in seinen Armen wieder, die er in einer Umarmung um meinen Körper geschlossen hatte. Meine Augen fielen zu und ich lehnte meinen Kopf gegen seine harte Brust, wo sein gleichmäßiger Herschlag an mein Ohr drang, und schlang beide Arme um seine schmale Taille. Hinter den geschlossenen Augenliedern spürte ich das vertraute Brennen von Tränen, was mich dazu veranlasste, meine Augen fester zusammenzukneifen, denn ich war noch nicht bereit, vor meinem Vater zu weinen. Gerade jetzt musste ich stark für ihn sein - für uns beide.

"Ich mache mir einfach Sorgen um dich, Viviana", wisperte Steve und stützte sein Kinn auf meinen Kopf. "Ich ... ich habe Angst, dass ich dich nicht beschützen kann. Dass es meine Schuld ist, wenn dir etwas zustoßen sollte. Das könnte ich mir niemals verzeihen."

Langsam löste ich mich aus der Umarmung, blinzelte die verbleidenden Tränen fort und griff nach Steves Händen, die ich fest drückte. Ich sah ihm tief in die Augen, welche mir jedes Mal das Gefühl gaben, in einen Spiegel zu schauen, da ich die perfekten Gegenstücke zu ihnen besaß.

"Nichts von dem, was passiert ist, war deine Schuld, Steve. Weder könnte noch würde ich dich jemals dafür verantwortlich machen", entgegnete ich mit größter Überzeugung. "Das habe ich dir schon mal gesagt und ich sage es so oft wie nötig, bis du es selbst glaubst. Du bist von heute auf morgen Vater geworden. Niemand erwartet, dass du die Rolle perfekt spielst. Aber glaube mir, wenn ich eines sage."

Er hatte die Augenbrauen zusammengezogen und musterte mich aufmerksam, während er meinen Worten lauschte. Seine großen Hände erwiderten meinen Händedruck.

"In der Realität bist du jetzt schon der Vater, nach dem ich mich in all der Zeit in Gefangenschaft gesehnt habe. Bitte, hab keine Zweifel an dir selbst. Den Umständen entsprechend spielst du deine Rolle als Vater unglaublich gut."

"Obwohl ich immer wieder zu Missionen aufbrechen muss und dich alleine lasse?"

"Dass du dich für die Sicherheit der Menschen engagierst, ist sogar ein Bonus", erwiderte ich mit einem kleinen Lächeln. "Nicht jeder kann behaupten, dass sein Vater Captain America ist."

Der letzte Satz entlockte Steve ein kleines Lachen und er grinste. "Da bin ich aber froh."

Er drückte einen Kuss auf meine Stirn, bevor er einen Schritt zurücktrat. "Wenn es dir nichts ausmacht, leiste ich dir beim Joggen Gesellschaft", fügte er hinzu.

"Habe ich denn wirklich eine Wahl?"

"Nein, hast du nicht."

Mit einem Lächeln beobachtete ich, wie er aus der Küche tapste. Keine fünf Minuten später erschien Steve in Sportkleidung vor der Wohnungstür, wo ich endlich meine Laufschuhe angezogen und geschnürt hatte. Ich reichte ihm eine Wasserflasche, die ich noch schnell aus dem Kühlschrank gegriffen hatte und die er dankend annahm, bevor er die Tür öffnete und sie wie ein Gentleman für mich aufhielt. Schmunzelnd trat ich an ihm vorbei hinaus in den Flur. Die Nachbarin, Kate, kehrte gerade von einer Nachtschicht zurück, noch immer in die Krankenschwesternuniform gekleidet, schenkte uns ein müdes Lächeln und verschwand in ihrer Wohnung.

"Möge der Schnellere gewinnen!", rief ich herausfordernd und raste bereits die Treppe hinab, als Steve meine Worte regestrierte.

"Hey!", rief er und seine Schritte polterten hinter mir die Stufen hinunter. "Es wird nicht geschummelt!"


Reflecting Pool, Washington D.C.


𝐓𝐇𝐄 𝐏𝐑𝐈𝐙𝐄 𝐎𝐅 𝐅𝐑𝐄𝐄𝐃𝐎𝐌 | 𝗠𝗮𝗿𝘃𝗲𝗹Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt