06. Training

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Steves Apartment, Washington D.C.


Seit Winters Angriff war nun eine Woche vergangen, in der ich an nichts anderes mehr denken konnte. Immer wieder glaubte ich, ihn aus dem Augenwinkel zu sehen, wie er seine metallene Faust nach mir schwang und immer wieder zuckte ich dabei überrascht zusammen, aber wenn Steve sich danach erkundigte, ob alles in Ordnung sei, setzte ich ein Lächeln auf und log ihm mitten ins Gesicht.

Ich hasste es zu lügen. Doch mein Vater hatte mit S.H.I.E.L.D. alle Hände voll zu tun und ich wollte ihn nicht unnötig mit meinen Problemen belasten. Zudem war ich es nicht gewohnt, mit jemandem über meine Vergangenheit zu sprechen, auch wenn ich Steve noch am selben Abend des Angriffs darin eingeweiht hatte.

Ich hatte das Gefühl, dieses Gewicht alleine auf meinen Schultern tragen zu müssen und alleine damit fertig werden zu müssen. Egal wie oft Steve anbot, ich könnte mit ihm über alles reden, behielt ich meine Paranoia doch lieber für mich. Dementsprechend konnte ich nachts noch immer nicht gut schlafen. Mittlerweile wachte ich zwar nicht mehr schreiend auf, aber schweißgebadet und verspannt. Danach war es fast immer unmöglich wieder einzuschlafen.

Der heutige Tag war keine Ausnahme.

Es war vier Uhr morgens und die Sonne war noch nicht aufgegangen, als ich aus einem weiteren Albtraum aufschreckte, mich hastig im Zimmer nach einem bedrohlich wirkenden Schatten umsah und schwer atmend wieder ins Kissen fiel. Mit meinem Handrücken wischte ich den Schweiß von meiner Stirn und fuhr danach über mein Gesicht, dessen Wangen vor Hitze glühten.

Einen Moment lang starrte ich einfach nur an die Zimmerdecke. Die Bilder des Albtraums blitzten immer wieder vor meinen Augen auf. Der metallene Arm. Die dunkle Maske. Und immer bevor ich Winter die Maske abnehmen konnte, hörte der Traum auf. Mir kam es bald so vor, als verspottete mich mein eigenes Gedächtnis.

Ein Seufzen kam mir über die Lippen und ich warf entschlossen die Bettdecke beiseite, schwang die Beine über die Bettkante und lief zu dem Kleiderschrank, der an der gegenüberliegenden Wand stand, um nach Sportkleidung zu greifen und damit im Bad zu verschwinden. Wenn ich schon nicht schlafen konnte, wollte ich zumindest den Kopf frei bekommen. Dazu kam noch, dass heute die erste Trainingsstunde mit Natasha Romanoff stattfinden würde. Eine Runde laufen zu gehen würde mir bei beidem helfen.

Anschließend schlich ich aus meinem Zimmer, vorbei an dem Zimmer meines Vaters, schnappte mir eine Wasserflasche aus dem Kühlschrank und den Wohnungsschlüssel vom Küchentisch, bevor ich auf die Straße hinaus trat und den Reflectin Pool zwischen dem Lincoln Memorial und dem Washington Monument ansteuerte.

Nachdem Steve erzählt hatte, dass er dort gerne Joggen ging, konnte ich nicht widerstehen und musste es einmal ausprobieren. Von Vorteil war auch, dass Washington ruhiger war, wenn die Sonne noch nicht aufgegangen war und nicht viele Menschen unterwegs waren. Ich hatte also alle Ruhe auf der Welt.


Reflecting Pool, Washington D.C.


Scheinbar war ich nicht die einzige an diesem Morgen, die sich dazu entschieden hatte, ein paar Runden laufen zu gehen, denn irgendwann stieß ein Mann zu mir und begann ebenfalls, um den Reflecting Pool herum zu joggen. Aufgrund meiner Supersoldaten-DNA war ich um einiges schneller als er und überholte ihn immer wieder, was mir ein kleines Lächeln aufs Gesicht zauberte, weil er sich irgendwann darüber beschwerte - außer Atem wohl bemerkt.

"Achtung rechts!", rief ich ein weiteres Mal und joggte gemächlich an ihm vorbei.

"Das hab ich beim ersten Mal schon verstanden!", rief er mir hinterher. Ich lachte.

𝐓𝐇𝐄 𝐏𝐑𝐈𝐙𝐄 𝐎𝐅 𝐅𝐑𝐄𝐄𝐃𝐎𝐌 | 𝗠𝗮𝗿𝘃𝗲𝗹Where stories live. Discover now