02. Erwacht

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Triskelion, S.H.I.E.L.D.-Hauptquartier, 2014


Vernebelte Sinne, noch taube Gliedmaßen und mit einem regelmäßigen Piepsen im Ohr, so kam ich langsam zu Bewusstsein. Meine Augenlider waren schwer wie Blei, weshalb es mehrere Anläufe brauchte, um sie zu heben - nur um von grellem Licht geblendet zu werden, das in den Augen schmerzte. Über meinen Körper hatte ich noch nicht wieder vollständig Kontrolle erlangt und konnte meinen Arm nicht schützend vors Gesicht heben.

Da fielen mir mehrere beunruhigende Faktoren auf. Unter meinen Fingerspitzen spürte ich etwas Weiches, wie etwas den Baumwollstoff einer Bettdecke, einen Luxus, den es bei HYDRA nie gegeben hat. Die Decken dort fühlten sich immer kratzbürstig und rau an. An meinen Hand- und Fußgelenken befanden ich keine Fesseln, die mich an Ort und Stelle hielten und einen weiteren Fluchtversuch verhindern sollten. Dann war da noch dieser Kunststoffschlauch in meinem Gesicht, der mich mit Sauerstoff versorgte und das Piepsen, das sich an meinen Herzschlag anpasste - Maßnahmen, die mich am Leben halten und mein Wohlergehen garanieren sollten, etwas, das für HYDRA nicht von Bedeutung war. Sie hat es immer nur gekümmert, dass ich funktionierte, nicht dass es mir gut ging.

Alles war verräterisch kontrastiv zu dem Standard, den ich gewohnt war.

Nachdem ich mehrmals geblinzelt hatte und meine Augen sich langsam an das grelle Licht gewöhnten, wagte ich es, den Kopf zu bewegen und den Raum zu betrachten, in dem ich mich befand. Die Wände waren schlicht und weiß gehalten, zu meiner Linken und Rechten befanden sich Fenster - eines zeigte die Aussicht auf eine Stadt, über der die Sonne unterging, das andere zeigte hinaus auf einen menschenleeren Flur. Auch das hätte es bei HYDRA nicht gegeben. Die meisten Räume befanden sich unter der Erdoberfläche und unbewacht hätte man mich auch nicht gelassen, nicht bei der Gefahr, dass ich ausbüxen könnte.

Ich wurde misstrauisch. War dies vielleicht eine Falle, die mich auf die Probe stellen sollte? Ein letzter Test, welcher entscheiden würde, ob sie mich am Leben ließen oder letztlich doch entsorgten?

Panik ergriff mich, doch ich hatte noch nicht volles Gefühl in meinen Gliedmaßen erlangt. Das war mir in dem Moment egal. Ich musste hier raus. Hastig zog ich den Schlauch aus meiner Nase, riss die Elektroden von meiner Haut und warf die Decke beiseite. Ein langgezogener Piepton füllte die Stille im Raum, was meine Panik nur steigerte, denn plötzlich wurde die Tür aufgestoßen und ein halbes Dutzend Menschen stürmte hereim. Meine Beine gaben unter mir nach, als ich sie auf den Boden stellte und mit meinem Körpergewicht belastete, und taumelnd ging ich zu nieder. Nicht einen Schritt hatte ich geschafft. Nicht einen einzigen.

Die Menschen trugen weiße Kittel - Ärzte oder Wissenschaftler, ich wusste nicht so recht, welches von beidem zutraf - und fast alle von ihnen waren ältere Herren. In ihrer Augen lag eine Mischung aus Furcht und Neugier.

"Geht weg von mir!", schrie ich - zumindest versuchte ich zu schreien. Die Stimme, die aus meinem Mund kam, klang dünn, schwach, brüchig. Mein Hals fühlte sich staubtrocken an und ich hustete. "Weg, sage ich!"

Sie hielten in ihrer Bewegung inne. Eine Frau drängte sich an die Spitze der Gruppe und trat auf mich zu, was nur veranlasste, dass ich rückwärts kroch, bis mein Rücken gegen die Wand stieß. Tränen stiegen in meine Augen, die Sicht verschwamm an den Rändern, die Angst vor der bevorstehenden Folter stieg in mir auf, wie jedes Mal, wenn HYDRA seine Wissenschaftler auf mich losließ.

"Miss Rogers, beruhigen Sie sich", bat sie mit ruhiger Stimme. "Sie befinden sich im Hauptquartier von S.H.I.E.L.D., hier wird niemand Ihnen schaden."

S.H.I.E.L.D. hatte mich gefunden?

"S.H.I.E.L.D.?", flüsterte ich überrascht.

"Ja, Director Fury hat Ihre Bergung angeordnet, direkt nachdem er Ihren Standpunkt herausfand", sagte einer der Männer.

𝐓𝐇𝐄 𝐏𝐑𝐈𝐙𝐄 𝐎𝐅 𝐅𝐑𝐄𝐄𝐃𝐎𝐌 | 𝗠𝗮𝗿𝘃𝗲𝗹Where stories live. Discover now