09. Davonlaufen ist keine Lösung

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Steves Apartment, Washington D.C.


Die Kälter der Wasserflasche an meiner Schläfe entlockte mit ein Seufzen und ich warf die Tür des Külschranks zu. Draußen war es noch dunkel, die Sonne war noch nicht aufgegangen, weshalb die einzige Lichtquelle eine kleine Lampe im Flur war, deren Licht den Raum aber nur spärlich erleuchtete. Dann drehte ich mich um und wollte die Küche verlassen, um meine Laufschuhe anzuziehen, die an der Wohnungstür auf mich warteten. Stattdessen stand Steve mit über der Brust verschränkten Armen im Türrahmen, ein grimmiger Ausdruck ließ seine Gesichtszügig noch schärfer als sonst wirken. Die Luft blieb mir in der Lunge stecken und ich schlug eine Hand über mein Herz.

"Verdammt, du hast mich erschreckt", atmete ich aus, sobald mein Herzschlag sich wieder normalisiert hatte. "Ich hab dich gar nicht gehört."

"Wo willst du hin?"

Dieses Mal ging Steve nicht auf meine Schreckhaftigkeit ein, zeigte nicht einmal Sorge, sondern blieb stur an Ort und Stelle stehen, ohne den Blick von mir zu nehmen. Etwas sagte mir, dass ihm nicht gefiel, wenn ich unbemerkt aus der Wohnung schlich. Verlegen kratzte ich mich im Nacken, mein Griff um die Wasserflasche wurde abschwechselnd stärker und schwächer.

"Oh, ähm, ich wollte ein paar Runden um den Reflecting Pool laufen", erklärte ich nach kurzem Zögern. "Mich plagen immer noch diese Träume, naja, eigentlich sind es Erinnerungen und ich wollte mich davon ablenken. Beim Laufen kann ich immer einen klaren Kopf bewahren."

"Hattest du vor, mich zu informieren, dass du vor Sonnenaufgang das Haus verlassen willst?", hakte er nach, stieß sich vom Türrahmen ab und trat ein paar Schritte in meine Richtung.

"Nein", gestand ich beschämt und vermied sämtlichen Augenkontakt.

"Und was war mit dem letzten Mal, als ich dein Zimmer leer vorgefunden hab und Hill sagte, dein Training wäre vorverlegt worden?"

"Das .. das war gelogen. Ich konnte nicht schlafen und hab mich zum Joggen rausgeschlichen."

Für kurze Zeit legte sich Stille über die Küche. Steve seufzte laut. Ich wagte einen kurzen Blick in seine Richtung. Mit einer Hand rieb er sich über das Gesicht, eine Sorgenfalte war zwischen seinen Augenbrauen sichtbar. Dann überbrückte er den restlichen Abstand zwischen uns, um mich sanft an den Schultern zu fassen. Widerwillig hob ich den Kopf und sah ihm in die Augen. Pierce' Worte hallten durch meinen Kopf - das taten sie seit dem Vorfall in der Sporthalle vor wenigen Tagen. Sie hatten meine Paranoia weiter gefüttert. Und der Traum von letzter Nacht - meine erste Erinnerung an HYDRA - hat mir schmerzlich vor Augen geführt, dass seine Drohung ernst zu nehmen war.

Aber nichts in der Welt würde mich dazu bewegen, dieser Organisation jemals freiwillig beizutreten.

Niemals.

"Sie wissen mehr als Sie zugeben wollen, Miss Rogers, und ich hoffe sehr, dass diese Geheimnisse Ihnen nicht zum Verhängnis werden", spukten Furys Wort in meinem Kopf.

Was war, wenn ich Steve tatsächlich in Gefahr brachte, indem ich das Gespräch mit Pierce für mich behielt?

Was wäre, wenn Fury tatsächlich über die Unterwanderung Bescheid wusste und uns zusätzliche Sicherheit für meinen Vater bieten könnte, damit HYDRA ihm nichts tun konnte?

Oder würde ich ihn damit nur noch mehr in Gefahr bringen?

Ich konnte meinen Vater nicht verlieren. Nicht wenn er gerade erst in mein Leben getreten war.

"Ich möchte dich einfach nur in Sicherheit wissen, okay?", sagte Steve leise, der Ausdruck in seinen blauen Augen war inzwischen weicher geworden. "Und ich möchte, dass du mit mir redest, wenn dich etwas bedrückt, anstatt dich in Gefahr zu bringen. Einverstanden?"

𝐓𝐇𝐄 𝐏𝐑𝐈𝐙𝐄 𝐎𝐅 𝐅𝐑𝐄𝐄𝐃𝐎𝐌 | 𝗠𝗮𝗿𝘃𝗲𝗹Where stories live. Discover now