16. Die Dunkelheit im Innern

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Sobald ich die Augen aufschlug, war ich in höchster Alarmbereitschaft. Ruckartig setzte ich mich auf in der Erwartung, irgendwo auf dem Asphalt zu liegen, umzingelt von HYDRAs Schergen. Zu meiner Überraschung fand ich mich in einem allzu bekannten Zimmer wieder. Die grauen Betonwände waren kahl und kalt, wie ich sie in Erinnerung hatte. Alles stand noch an seinem Platz. Sogar das Flackern der Deckenleuchte weckte ein Gefühl der Bekanntheit in mir, durchwebt mit schierer Angst. Aus irgendeinem Grund war ich in meinem alten Zimmer in HYDRAs unterirdischer Basis erwacht.

"Wie zur Hölle bin ich hierhergekommen?", fragte ich in die Stille. Meine Augen wanderten zu der Tür, die unüblicherweise nur angelehnt war. Etwas stimmte hier ganz und gar nicht. Unbewacht hatte man mich nie alleine in einem Raum gelassen und dabei vergessen die Tür zu verriegeln - höchstens wenn Winter im Haus war, was bedeutete, dass ich die meiste Zeit in Gefangenschaft verbracht hatte. Nicht zu vergessen die drei Jahre, die ich in einer Zelle ohne Möblierung leben musste.

Kaum hatte ich diese Feststellung gemacht, schwang die Tür auf und mein böses Alter Ego betrat den Raum. Sofort sprang ich auf, wagte es dabei nicht die Augen von ihr zu nehmen und griff an meinen Gürtel - nur um zu spät zu erkennen, dass er weg war. Verwundert sah ich an mir herab. Der Anzug war verschwunden. Stattdessen trug ich eine einfache Hose und ein T-Shirt, wie ich es vor der Krystoase stets getan hatte.

"Suchst du den hier?" Hinter ihrem Rücken zog sie den gesuchten Gürtel hervor, betrachtete ihn grinsend und warf ihn achtlos durch die Tür hinaus in den Flur. "Den wirst du nicht brauchen."

Trotz der Andeutung, es würde zu keiner gewaltsamen Auseinandersetzung kommen, hob ich beide Fäuste vors Gesicht, bereit für einen Kampf. Sie mochte zwar mein Gesicht tragen, doch ich traute ihr nicht.

"Was willst du von mir?", fragte ich, was das Grinsen auf ihrem Gesicht noch breiter werden ließ.

"Oh, ich will überhaupt nichts von dir", antwortete sie schulterzuckend, während sie lässig tiefer in das Zimmer schlurfte. "Die bessere Frage lautet: Was willst du? Denn ich hab das Gefühl, du kommst vom Weg ab."

"Welcher Weg?"

"Davon rede ich doch!", entfuhr es ihr und sie gestikulierte wild, die Augen weit aufgerissen. "Du verfolgst die falschen Ziele! Du bist HYDRA kaum entkommen und unterwirfst dich schon wieder!"

"Ich unterwerfe mich niemandem!", knurrte ich, ließ die Hände sinken und trat meinem Alter Ego gegenüber. "Du bist diejenige, die mich hier gefangen hält."

Sie gab ein kehliges Lachen von sich. "Wir sind in deinem Kopf. Niemand hält dich irgendwo gefangen. Aber das kann sich ganz schnell ändern, wenn du nicht auf mich hörst. Warum weigerst du dich?"

"Weil du aus mir eine Killerin machen willst", entgegnete ich und warf frustriert beide Hände in die Luft. "Wenn du wirklich ein Teil von mir bist, dann weißt du, dass Töten das letzte ich, was ich tun will."

"Oder hast du bloß Angst davor, was es aus dir machen würde?", konterte sie. Mit verchränkten Armen stand sie da, meine Antwort abwartend, die sie wahrscheinlich erahnen konnte oder sogar bereits wusste, wenn sie tatsächlich in meinem Kopf lebte. Wahrscheinlich wusste sie über all meine Gedanken Bescheid, kannte all meine Ängste, meine sehnlichsten Wünsche, und versuchte nun mich zu manipulieren.

"In all den Jahren haben wir Schreckliches erleben müssen", fuhr sie fort. Dabei umkreiste sie mich wie ein Raubtier. "All die Konsequenzen, wenn wir einen Auftrag vermasselt hatten. Was sie aus Winter gemacht haben, der nebenbei bemerkt auf deinen Tot aus ist. Es gibt nichts, was dich noch erschrecken könnte. Weshalb also stehst du dir selbst im Weg?"

Ich wagte es nicht ihr in die Augen zu sehen, als sie wieder vor mir stehen blieb.

"Ist es etwa für unseren lieben Dad?"

𝐓𝐇𝐄 𝐏𝐑𝐈𝐙𝐄 𝐎𝐅 𝐅𝐑𝐄𝐄𝐃𝐎𝐌 | 𝗠𝗮𝗿𝘃𝗲𝗹Donde viven las historias. Descúbrelo ahora