Kapitel 6

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Die nächsten Tage musste Hoseok nur halbtags arbeiten. Namjoon meinte er würde das Restaurant für die Zeit, die ich da wäre, erst abends so gegen fünf Uhr öffnen, damit ich auch etwas von meinem Urlaub mit Hoseok hätte. Viel draußen waren Hoseok und ich aber nicht, was größten Teils auch an dem schlechten Wetter lag. Wir verbrachten somit lieber die Zeit vor seinem Fernseher und sahen uns einen Film nach dem anderen an. Bei Hoseoks Filmsammlung saß man da schon etwas länger dran. Abends ging ich immer mit ihm und half ihm in der Küche. Diese verließ ich auch nur wenn ich auf Klo ging oder wenn wir Feierabend hatten. Ich wollte einfach nur Namjoon und Jackson aus dem Weg gehen. Unnötige zusätzliche Schmerzen wollte ich mir ersparen. Namjoon meinte auch, dass er mir meine Arbeit bezahlen würde, doch ich lehnte ab. Ich meine, ich mache das hier nicht wegen dem Geld, sondern nur um meine sonst auftretende Langeweile zu vermeiden, wenn Hoseok arbeiten wäre. Auch versucht Namjoon immer wieder in seinen Pausen mit mir zu reden, doch ich wimmelte ihn immer ab mit der Ausrede, dass ich arbeiten müsste. Ich bin schließlich nicht hier um mit ihn Zeit zu verbringen und mir das Geturtel zwischen ihm und Jackson anzutun. Die beiden gingen mir einfach nur auf den Geist, weswegen ich immer froh war, wenn ich mit Hoseok im Auto saß und wir endlich nach Hause fuhren.

Ich wachte auf. Der Regen hatte sich anscheinend endlich verzogen und die Sonne schien. Ich schlenderte zum Bad und wollte rein gehen, als ich Geräusche aus der Küche hörte. Also schlug ich den Weg in Richtung Küche ein, um nach zu sehen, wer da war. Ich rechnete zwar schon damit, dass es Hoseok sein würde, was sich dann auch bestätigte. Nur warum zur Hölle packte er einen Rucksack mit Essen und Getränken? Was hat er vor? "Was soll das werden, wenn es fertig ist?", fragte ich ihn daraufhin skeptisch. Er erschreckte sich kurz, da er anscheinend nicht mitbekommen hatte, wie ich in die Küche gekommen bin. "Eigentlich sollte das eine Überraschung für dich werden." Er kratze sich am Kopf. "Wir werden heute mit Jackson und Namjoon klettern gehen. Namjoon wollte dir wenigstens so danken für deine Hilfe und da du mal erwähnt hattest, dass du gerne kletterst, aber nie wirklich toll Zeit dafür hättest, dachten wir uns, dass wir den freien Tag in den Kletterpark fahren." Ich wusste gerade nicht, ob ich mich freuen sollte oder nicht. Hätten Hoseok und ich nicht alleine klettern gehen können? Doch sich jetzt großartig darüber auf zu regen würde auch nicht viel bringen, denn er konnte schließlich am wenigsten für meine Situation. Da wir schon in einer guten dreiviertel Stunde los wollten, beeilte ich mich.

Wir beide standen pünktlich vor dem Haus von Jackson und Namjoon, aber natürlich waren die beiden nicht fertig. Unpünktlichkeit kannte ich ja schon von Namjoon. Als die beiden es dann auch mal endlich geschafft hatten fertig zu werden, stiegen wir alle ein und es konnte endlich los gehen. Ich freute mich jedem Kilometer, dem wir näher dem Park kamen, mehr. Diese Freude würde mir jetzt gerade keiner nehmen können, denn ich hatte den Plan, dass ich nicht mit den anderen oder höchstens mit Hoseok zusammen klettern würde, doch wie ich ihn kenne, wird er nur auf die nicht so hohen Parcoure gehen. Er ist und bleibt eben ein Schisser.

Im Park angekommen bezahlten wir, holten uns unsere Gurte, nahmen uns aus den Kisten daneben Handschuhe und gingen dann zu diesem kurzen Einführungskurs, den man machen musste, bevor man klettern durfte. Ich hörte nur halb zu, da ich den ganzen Kram schon wusste, den die uns erzählten, kannte. Danach ging ich sofort zu einem erstmal einfachen Parcour, um mich aufzuwärmen. Den machte ich mit links und ging dann direkt zu den Schwierigeren. Diese waren natürlich nicht mehr so leicht, doch eine echte Herausforderung stellten sie auch nicht dar. So arbeitete ich mich immer höher und höher bis ich bei dem schwersten Parcour angekommen war, jedoch bevor ich den klettern würde, wollte ich erst noch etwas essen und trinken. Also machte ich mich auf die Suche nach Hoseok, welchen ich glücklicherweise schnell fand. Dieser saß an einem Tisch unter den Parcouren und war am essen. Was auch sonst? "Jetzt schon keine Lust mehr?", neckte ich ihn. Er nickte nur, da er gerade am kauen war. "Ich störe auch nicht lange. Ich wollte nur kurz etwas essen und dann auf den schwierigsten Parcour", erklärte ich ihm und fing an zu essen. Ich stopfte mir meinen Mund so voll es ging. Schließlich wollte ich ja schnell weiter. "Na, machte ihr auch eine Pause?" Genervt verdrehte ich die Augen und aß schnell weiter. Wie ich Jacksons scheiß freundliche Art hasste. Ich schluckte mein fast kaum gekautes Essen schnell runter und wollte dann schnell weiter klettern gehen. "Bloß weg hier", war mein Gedanke "Wo willst du denn jetzt hin, Jin?", fragte Namjoon mich. "Ich denke mal klettern", sagte ich ich gespielt überlegend. Was denn sonst, du Idiot. "Warte ich komme mit." Wieso? Doch jetzt zu sagen, dass ich nicht will, dass er mitkommt, konnte ich auch schlecht. Also wartete ich gezwungenermaßen auf ihn.

"Den willst du wirklich klettern?", fragte mich Namjoon, als wir vor der Leiter standen und zeigte nach oben. "Klar!" Er musste schlucken. Man sah ihm an, dass er nicht so begeistert war. "Wenn du nicht willst, dann musst du nicht mit hoch." Innerlich hoffte ich einfach, dass er unten bleiben würde, aber, wie schon so oft, blieb mein Wunsch unerfüllt. "Nein nein, alles gut. Dann klettere mal hoch." Das ließ ich mir natürlich nicht zweimal sagen.

Ich war schon drei Stationen weiter und Namjoon hing immer noch an der ersten fest. Sein Gesichtsausdruck war auch alles andere als erfreut. Man sah ihm die Angst, aber auch Erschöpfung buchstäblich ins Gesicht geschrieben. Ihn so zu sehen tat mir in der Seele weh. Also kletterte ich wieder zurück zu ihm. "Namjoon, alles okay?" Dummkopf, natürlich war nichts okay. "I-ich schaffe es nicht", sagte er etwas ängstlich. Mist, was soll ich denn jetzt tun? Ich kann gerade echt schlecht zu ihm klettern, da ich sonst das Netzt, wo er drin fest hing zu sehr wackeln würde und er nur mehr Angst bekommen würde. Auch würde seine Kraft dadurch nur noch mehr nachlassen und dann würde ich gar nicht mehr da raus bekommen. "Okay Namjoon, hör mir zu: Du musst nur etwas hoch klettern. Da kannst du dann die Hacken in die festgespannte Metalstrebe hier ein hacken und dich erstmal hängen lassen." "Du sagst das so einfach. Meine Kraft ist gar nicht so das große Problem. Es ist eher meine Höhenangst", sagte er, wobei er den letzte Satz eher flüsterte. Er hat Höhenangst? Warum ist dieser Idiot denn bitte mit hier hoch gekommen? Okay, sich darüber auf zu regen ist gerade echt unpassend, Jin. Ruhe bewahren. "Ich weiß, dass du es schaffen kannst. Außerdem bist du dann hier bei mir, wo ich dir helfen kann", versuchte ich ihn zu beruhigen. Doch es half nichts. Er weigerte sich weiter. Ich versuchte es weiter und weiter, doch er "Bitte", versuchte ich es ein letztes Mal, obwohl ich die Hoffnung schon längst aufgeben hatte. Da ich keine andere Lösung sah, als ihn abseilen zu lassen, schaute ich mich suchend nach jemanden um, der uns helfen könnte. Ich stand gerade mit dem Rücken zu Namjoon und sah mich weiter suchend um bis ich auf einmal ein gepolter vernahm. Namjoon, der sich erschöpft auf seine Knie fallen. "I-ich h-habe es ge-geschafft", sagte er völlig außer Atem. Ja, das hatte er. Ich hockte mich runter zu ihm und legte eine Hand auf seine Schulter. "Du kannst stolz auf dich sein. Du hast deine Angst überwunden." Er sah in mein Gesicht und fing an zu lächeln. Man sah ihm an, wie stolz er auf sich war. Nach einer Weile meinte er, dass wir weiter klettern könnte. Ich bestand drauf, dass er von nun an vor mir klettert, damit ich mitbekam, wenn er wieder Angst bekam. Doch den restlichen Parcour kletterte er ganz normal.

"Endlich wieder festen Boden unter den Füßen", hörte ich Namjoon erleichtert sagen. Ich klopfte ihm auf die Schulter. Er hat echt Mut, wenn er es schafft sich seiner Angst zu stellen und diese dann auch noch zu überwinden. Hätte ich echt nicht von ihm gedacht. "Hier seid ihr. Wir suchen euch schon die ganze Zeit, weil wir langsam auch mal wieder nach Hause wollen." Ach ja stimmt, Hoseok und Jackson gab es auch noch. Während ich mit Namjoon geklettert bin, habe ich die beiden total vergessen, gerade Jackson. Es war so schön ohne ihn, wie damals. Doch leider waren wir wieder wortwörtlich auf dem Boden der Tatsachen. "Ist okay", gab ich nur von mir und ging Richtung Ausgang, wo wir die ganzen Sachen wieder abgeben konnten.

"Jin, du bist die ganze Zeit schon so still. Auch auf der Fahrt. Hat es dir nicht gefallen?", fragte mich Hoseok, als wie wieder bei ihm waren. "Doch doch." Mir hat es mehr als gefallen. "Aber?", fragte er weiter. "Nichts aber", versuchte ich ihn abzuwimmeln. Hoseok seufzte daraufhin. "Du kannst jemand anderen für dumm erklären, aber nicht mich, Kim Seokjin." Wie ich seine ruppige Art hasste. Also erzählte ich was wirklich los war. Das ich Jackson hasste und dem Grund und meinen Gefühlen zu Namjoon, die immer da waren, nur mit der Zeit nicht mehr so stark waren, da ich ihn nicht mehr täglich sehen musste. Hoseok hörte mir aufmerksam zu und unterbrach mich nicht einmal. Am Ende nahm er mich noch in den Arm. Ich war so glücklich ihn zu haben. "Hast du denn wenigstens die Zeit mit Namjoon heute genossen, die ihr alleine wart?" Ich nickte, wobei ich mir kein Lächeln verkneifen konnte als ich daran dachte. Und wie ich es genossen habe. Mehr als das.

Wende (Namjin FF) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt