SILVESTERNACHT

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PAULS POV


In zwei Tagen war es soweit: mein Abschied kam immer näher. Wie ich mich fühlen sollte, wusste ich nicht. Alles worüber ich mir im Klaren war, dass ich Nathan für mich gewinnen konnte und dabei selber etwas für ihn empfand. Es war aber egoistisch so zu denken, da ich bald weg sein würde...

Silvester stand heute vor der Türe. Zusammen waren Nathan und ich fleißig Raketen kaufen und natürlich habe ich ihm auch etwas besorgt, was logisch gesehen einfach unnötig war. Es ist sein Geld und er hätte es sich selber kaufen können, jedoch wollte ich ihm trotzdem eine kleine Freude bereiten.

Nun stand ich im Badezimmer und rasierte gerade meinen Dreitagebart weg. Obwohl, eigentlich war der bestimmt schon mindestens ein bis zwei Wochen alt. Von hier aus hörte ich Nathan unten im Erdgeschoss singen und konnte mir dabei bildlich vorstellen, wie er zur Musik seine Hüften mitschwang. Bei den Gedanken daran musste ich anfangen zu lächeln und machte mich schneller fertig.

Ich habe es mir langsam abgewöhnt, meine Emotionen untere Kontrolle zu halten und ich fühlte mich frei. Der bloße Gedanke an ihn wärmte mich von innen heraus und verteilte sich in alle Zellen meines Körpers. Er hat mich wirklich um seinen kleinen Finger gewickelt.

Es roch nach Frühstück und ich konnte mit Sicherheit sagen, dass es himmlisch schmecken würde. Und mit dieser Aussage traf ich genau ins Schwarze. Unten erwartete mich mein halbnackter Arzt mit vielen verschiedenen Möglichkeiten an Essen. Mit so einem Start in den Tag, könnte man jede Art von Tag überwältigen.

Nathan war unglaublich attraktiv und ich konnte nicht genau einschätzen, ob er diesen Fakt wusste. Er war groß und schlank, aber keineswegs zierlich oder schmal gebaut. Dadurch, dass er in der Klinik ständig auf Beinen war und womöglich in seiner Freizeit ins Fitnessstudio ging, zierten seinem Bau sinnliche Muskeln. Im Gegensatz zu ihm sah ich aus wie einer, der sich seine Muskeln mit Silikonen aufgepumpt hat und sich so elegant wie ein Esel bewegte.

Ich hatte einen wunderbaren Blick auf seine langen, blassen Beine und seine Boxershorts schmiegten sich eng an seinen Hintern. Meine Gedanken würden bei längerem Hinschauen in eine falsche Richtung wandern und dieser Moment war unpassend für diverse körperliche Reaktionen. Ich räusperte mich leise und musste zugeben, dass sein Körper perfekt zu meinem passte. Mittlerweile liebte ich es, ihn spontan an mich heranzuziehen und seine Körperwärme zu genießen.

Fasziniert von seinen guten Tanzbewegungen, schlich ich mich langsam von hinten an ihn heran.

„Guten Morgen, Nathan", raunte ich ihm von hinten zu und drückte meinen entblößten Oberkörper an seinen.

Es wurde mittlerweile zur Gewohnheit, dass er uns das Frühstück zubereitete und ich später mit einer langen Umarmung dazukam. Und wie immer bekam er eine Gänsehaut und seufzte wohlig auf, nachdem er sich von einem leichten Schock erholt hatte.

Ich wünschte ich könnte ihm das geben, was er sich so sehr wünschte und wollte. Liebe. Doch ich konnte das nicht, ich war gebrochen. Die Frage war dann, wieso er die Liebe eines gebrochenen Mannes wollen würde. Ein Mann mit so vielen unausgesprochenen Geheimnissen, unnatürlichen Stimmungsschwankungen und PTSD.

Mit einem bloßen „Guten Morgen, Paul" und einem süßen Lächeln vertrieb er meine negativen Gedanken augenblicklich und so begann unser Frühstück mit einer angenehmen Atmosphäre.

„Kaum zu glauben, dass morgen schon das nächste Jahr beginnt, oder?", fragte Nathan während dem Abwasch.

Ich grummelte nur zustimmend und reichte ihm ein Teller. Eigentlich wollte ich dieses Thema umgehen, da wir sonst mit dem Ende konfrontiert wurden, jedoch wollte ich auch nicht mehr so grob und schroff gegenüber Nathan sein. Eine kleine Reaktion war besser als gar keine, wie ich mittlerweile gelernt habe.

Nathan |  ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt