6. Wenige Zeilen

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Mrs. Hofferson starrte mit aufgerissenen Augen auf die geschlossene Türe. Die Frau stand steif da und konnte alles noch nicht richtig realisieren. Sie würde ihre Tochter nie wieder sehen! Astrid war für immer mit diesem...wie hieß er noch gleich...Tint weg. Alles schien so unrealistisch. So komisch und falsch. Astrid würde nie, wirklich NIE im Leben einfach so mit einem Typen, den sie erst zwei Tage kannte, auf eine unbekannte Insel hinaus verschwinden! Und wie sich ihre Stimme anhörte. Einfach die ganze Zeit nur mit purer Fröhlichkeit gefüllt. Dann hatte die junge Frau ihrer Mutter auch noch einen Kuss auf die Wange gegeben. Wenn dann umarmten sich die zwei manchmal, aber Küsse ins Gesicht? Nein. Dies war definitiv nicht Astrid. Mrs. Hofferson hatte diese Person groß gezogen und sie kannte sie am aller besten. Niemals würde Astrid so etwas Bescheuertes machen. Irgendetwas war mit ihr los. Irgendetwas stimmte nicht. Mrs. Hofferson wusste doch, dass ihre Tochter total in Hicks verliebt war. Das wusste inzwischen fast jeder. Unübersehbar, wie sie sich immer in die Augen blickten und wie sie sich gegenüber verhielten. Die zwei vertrauten dem anderen blind und waren immer füreinander da. Sie würden alles für sich tun. Das war Liebe! Nicht so etwas, wie Astrid es ihnen mit Tint vorspielen wollte. Dieser Nichtsnutz! Mrs. Hofferson kannte diesen Tint nicht einmal, aber sie wusste, dass er ihrer Tochter irgendetwas getan hatte. Er hatte sie vergiftet oder sonstiges. Armer Hicks. Er musste sich bestimmt total schlecht und verlassen fühlen. Das alles musste sich schnellstens ändern! Alles musste wieder wie früher werden. Astrid musste wieder zurück kommen!
Entschlossen ging die Dame zur Tür und öffnete sie. Kaum schaute sie in das Dorf hinaus, bemerkte sie den schwarzen Schatten, der von Berk abhob. Ohnezahn. Und Hicks lenkte ihn. Perfekt! Sie waren zwar schon in den Lüften, aber immerhin konnte Mrs. Hofferson den Weg zur Drachenbasis finden. Sie musste den Drachenreitern alles erzählen, damit sie gemeinsam eine Lösung finden konnten. Schnell ging die Frau zu ihrer Nadderdame. In diesem Fall hatte die Kriegerin es ihrer Tochter gleich gemacht. Der Nadder besaß orangene Schuppen, die an den Beinen und Flügeln sich türkis färbten. Die Mutter tätschelte ihre Stachelflamme auf dem Kopf und stieg dann auf. Gemeinsam hoben sie ab und nahmen Kurs auf die Drachenbasis auf.

Grübelnd saßen die Drachenreiter am Tisch im Clubhaus. Bis jetzt füllte nur Stille den Platz im Raum. Schließlich brach Heidrun diese: ,,Hat außer Hicks wirklich niemand was an Astrid bemerkt?" Jeder schüttelte seinen Kopf. Heidrun seufzte.
Auf einmal hörte man Flügelschläge, die von draußen kamen. Jeder drehte sich zum Ausgang und erblickte den Drachenreiter auf seinem Nachtschatten. Die beiden landeten und Hicks stieg sofort ab. Mit einer zusammen gerollten Karte in der Hand kam er zu ihnen. ,,Bitte sag, dass du etwas gefunden hast!", flehte Heidrun. Hicks nickte und man konnte das erste mal seit den letzten Tagen wieder ein Lächeln in seinem Gesicht sehen. Dieses Lächeln war voller Optimismus, dass sie Astrid endlich wieder zurück holen konnten. Auf diese Reaktion mussten die anderen sofort auch erleichtert grinsen. Hicks hob seinen Arm und zeigte die Karte durch die Runde. Dann legte er sie auf den Tisch. Jeder lugte weiter nach vorne um etwas sehen zu können.
Hicks rollte die Karte auf und erstarrte. Genau genommen erstarrte jeder. Diese Karte war fast ganz leer. Nicht einmal die Hälfte wurde beschrieben. Nur wenige Buchstaben füllten die Leere. Hicks merkte die erschrockenen Gesichter und sprach: ,,Ähm..Ich bin mir sicher, da steht etwas nützliches drinnen." Einerseits sagte er das, um die Reiter zu beruhigen, anderseits wollte er sich selbst wieder mehr Mut machen. Da dies niemand richtig lesen konnte, nahm Hicks das Papier in die Hand und las vor:
,,Die Liebesseuche - Das Gift der falschen Liebe...Diese Krankheit wird durch ein Gift in einem Getränk übertragen. Trinkt man es erst einmal, geschieht anfangs nichts. Nach ein paar Minuten bekommt man schreckliches Bauchweh und einem wird schlecht. Das Gift dringt tief in das Gehirn und benebelt alle Sinne. Wenn die Verwandlung komplett abgeschlossen ist, wird man sich in die nächste Person, die man sieht, verlieben." Die Drachenreiter schraken zurück. Alles passte perfekt zusammen. Astrid hatte das Getränk getrunken und bekam nach der Zeit Bauchweh. Wahrscheinlich war die Verwandlung ganz abgeschlossen, als sie zu ihrer Hütte lief. Und Tint war derjenige, den sie dann als Erstes sah. Natürlich hat sie sich in ihn verliebt. ,,Dieser miese Typ! Hat uns einfach unsere Freundin genommen!", schimpfte Heidrun. Die Gesichtsausdrücke der anderen Wikinger sahen ebenso wie der wütende von Heidrun aus. Und natürlich am meisten Hicks'. Der Hass und die Wut waren ihm praktisch ins Gesicht geschrieben. Was fällt diesem....diesem...Kerl nur ein? Für wen hält er sich? Für den besten und beliebtesten Mädchenschwarm oder was? Nimmt Hicks einfach seine beste Freundin weg! Am liebsten wäre Hicks jetzt aufgesprungen, hätte Astrid gesucht und dann dem Typen den Kopf abgehackt. Nur leider hätte das nicht so ganz funktioniert.
Schließlich fragte Fischbein: ,,Hicks, steht da noch etwas drinnen?" Der junge Mann schaute wieder auf das Papier und las den Rest vor: ,,Man wird alles tun, was die Person sagt und alles perfekt finden. Bei den meisten Fällen tut man als frisch verliebte Person Sachen, die man niemals tun würde und redet nur noch einem fröhlichen Ton. Es scheint, als könne nichts diese Fröhlichkeit stoppen." Die Zeilen endeten und Hicks schaute nach ganz unten, zum Ende des Blattes. Er musste schlucken und riss seine Augen auf, als er merkte, was dort drinnen stand. Nun war der vorher eingefangene Optimismus sofort weg. Er stürtzte in den Abgrund. Die Anderen sahen den Wikinger verwirrt an, als sie in sein Gesicht schauten. ,,W-Was iist?", stotterte Rotzbakke ängstlich. Mit einer gebrechlichen Stimme berichtete Hicks leise: ,,Gegengift: ... Un..beka..nnt."

Hiccstrid ~ Falsche Liebe ✅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt