Kapitel 12:

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Achtung: Hier werden einige vulgäre Worte vorkommen!

Ich hackte mich - wie fast jeden Tag - bei meiner besten Freundin ein und zusammen verließen wir das Gebäude. Das berauschende Gefühl des Herbsts hüllte uns ein und wir liefen die gewohnten Straßen entlang.

,,Er kam jeden Wochentag außer am Freitag?"

Sie nickte und schaute gedankenverloren auf den steinigen Boden.

Ihre hohen Schuhe klackerten laut und brachten ein wenig Leben in die dunklen Straßen. Ich hatte meine Pumps gegen Sneakers augetauscht.

,,Es ist einfach unglaublich. Ich habe ihn erst wenige Male gesehen und meine Gefühle spielen verrückt...", wisperte sie leise, sodass sogar ihre Schuhe ihre Worte nahezu übertönten. Es wirkte so, als hätte sie Angst, dass wenn sie diese Worte laut aussprach, sie ihn nie wieder zu Gesicht bekommen würde.
Meine Freundin so verzweifelt zu sehen, war ich nicht gewöhnt.

,,Er war so anders, Rose. Nicht so wie die ganzen anderen Kerle. Nicht wie Brad."

Ich nickte und starrte mit ihr in die unendliche Dunkelheit. Wusste genau, dass sie bi diesem Namen fröstelte.

,,So wie du ihn beschrieben hast, wird er garantiert wieder kommen.", versichterte ich ihr aufmunternd. Sie lächelte zart. So aufgewühlt hatte ich sie lange nicht mehr gesehen.

Wir blieben an unserem Ziel stehen und waren dennoch in Gedanken versunken. Ich liebte es jemanden zu haben mit dem ich einfach nachdenken konnte, mit dem ich in Gedanken schwelgen konnte, ohne dass es unangenehm wurde. Als ich meinen Kopf hob und zu Kate schaute, lächelte ich leicht.
Sie bemerkte meinen haftenden Blick und schaute auch hoch. Sie hob ihre Brauen in die Höhe und ich wusste, dies war das einzige, was sie zustande brachte.

,,Du verdienst es so sehr", flüsterte ich lächelnd. Ich war nicht die einzige, die Hürden überstanden hatte. Kate hatte auch viel gelitten. Brad, ihr damaliger Freund, hatte ihr das Leben erschwert.
Er hatte sie betrogen. Sogar mehrere Male.

Während sie geduldig auf ihn gewartet hatte, hatte er eine Frau nach der anderen durchgenommen. Ich war glücklich darüber, nicht genau zu wissen, wie viele es waren, doch Kate wusste es.
Sie wusste, wie oft er zu ihren Dates zu spät kam.
Sie wusste, wie viele Verabredungen er abgesagt hatte.
Und verdammt, sie wusste, dass er jede einzelne Frau in sich genossen hatte, während sie sich einsam Zuhause nach ihm gesehnt hatte. Nur nach ihm.
Brad hatte sie wegen irgendwelchen Frauen versetzt und betrogen. Er hatte nicht einmal ein schlechtes Gewissen gehabt. Nicht einmal anständig entschuldigt hatte er sich.

Kates Arm schlang sich enger an mich, was mir verdeutlichte, dass auch sie an ihn dachte. Aufmunternd streichelte ich ihren Arm und blickte traurig auf ihren zitternden Arm. Die Erinnerungen schienen sie so frisch erlebt zu packen.

Ein Hupen riss uns aus unseren Gedanken und wir schreckten mit unseren Köpfen hoch. Der Bus hatte schon längst angehalten. Ich blickte zu Kate und lächelte schwach.

,,Danke, Rose, für den tollen Abend", wisperte sie. Ich lächelte und umarmte sie fest. So fest,das ich drohte sie auszuquetschen.

,,Romeo wird seine Juliet wieder besuchen kommen.", flüsterte ich ihr noch zu, woraufhin sie mir mit einem schwachen Grinsen eine Antwort gab, die ich mir gewünscht hatte.

Mit wackeligen Beinen steuerte sie auf den Bus zu und verschwand hinter den verschlossenen Türen.
Ich beobachtete, wie sie sich erst an einee Stange festhielt, mir noch zum Abschied winkte und sich dann in den Sitz zu ihrer linken setzte.
Als der Bus losfuhr und sie zu mir schaute, lächelte ich ihr zu und schaute zu, wie meine grübelnde beste Freundin davonfuhr.

Ich konnte nicht anders, als noch eine Weile in der Kälte zu stehen und in die dunkle Ferne zu blicken.
Ich hatte Kate selten so aufgewühlt gesehen. Sie schien wie ausgewechselt, als sie von dem hübschen Kerl erzählt hatte. Jedoch hatte sie ihn beim Bäcker, bei dem wir unseren Nebenjob hatten, nur wenige und kurze Male zu Gesicht bekommen, weswegen Kate zweifelte, dass der mysteriöse Schönling wiederkam. Kate hatte mir von den intensiven Augenkontakten erzählt, die sie mit ihm geteilt hatte, auch wenn sie ihn nicht bedient hatt Ist es Augen glühten,wenn sie über ihn erzählte. Doch Kates schüchterne Seite gewann immer die Oberhand und brachte sie dazu, ihre Arbeitskollegen zu fragen, ob sie nun übernehmen könnten, weil sie sich nicht traute, ihn zu bedienen, da sie mit ihrer Tollpatschigkeit, wenn sie nervös war, zu einiges zustande war.

Ich kannte Kate vor allem im Bereich Beziehungen. Sie war keineswegs so schüchtern, wie sie sich bei ihm verhielt. Und den Augenkontakt unterbrach sie auch nie.
Kate war verdammt nochmal verliebt in jemanden, den sie bisher nur gesehen hatte und das war definitiv nicht normal bei ihr. Sie ließ Gefühle nicht so schnell zu, da Brad ihre Vorstellung von der Liebe in Stücke gerissen hatte.
Ich grub meine Hände tiefer in den Mantel und lief den Weg gedankenverloren wieder zurück.
Ich wünschte ihr das Liebesglück aus vollsten Herzen.

Doch augenblicklich blieb ich stehen, als ich ein anderes Gefühl als Freude für Kate verspürte.

Neid.
Es war der kaltherzige Neid, der an mir nagte.

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