(11) Und diese Woche in: "Ich wusste nicht, dass ich Satanistin bin!"

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Wie erschütterte man seinen Bewährungshelfer fundamental? Ganz einfach, indem man einen Job ohne seine Hilfe bekam. Ehrlich, Mr Maulwurf war dermaßen entsetzt, es fehlte nicht viel und er hätte angefangen, zu weinen. Ob vor Enttäuschung oder Erleichterung, dass er mich nicht mehr an der Backe hatte, war schwer zu sagen. 

Ich musste eigentlich dringend weg, vor dem Büro wartete ein Wagen mit meinem Gepäck und meinem persönlichen Securitymann, der mich zum megageheimen Geheimquartier fahren sollte, aber Mr Maulwurf ließ mich einfach nicht gehen. Dabei hatte ich schon wieder vergessen, was in dem Fake-Vertrag stand, welchen ich ihm vorlegen sollte, um keinen Verdacht zu erregen, und wusste nicht, was ich sagen sollte, wenn er nachfragte. Irgendwas von wegen, dass ich in einer Pension arbeitete. Als ... Zimmermädchen? Keine Ahnung, war nicht meine Idee gewesen, sondern Higgins'. Er würde sich schon was dabei gedacht haben.

Der Maulwurf hatte jetzt vermutlich kaum noch Kriminelle, die er bekehren konnte, anders waren seine Verlustängste nicht zu erklären. „Aber ich kümmere mich weiter um das Besuchsrecht bei Ihrem Bruder, Miss Chanum, und Sie telefonieren einmal im Monat mit mir, um sich über die Bewährungsauflagen zu informieren, darauf muss ich bestehen."

„Ja. Super. Ich geh dann jetzt."

„Moment!" Mit seinen typischen Grab-Handbewegungen stand der überengagierteste Sozialarbeiter der Welt auf und wollte mich am Abhauen hindern. Uff. Ich hätte gedacht, er wäre froh, weniger Arbeit zu haben, aber nein, nicht so mein Maulwurf. Der brauchte dringend mal ein eigenes Leben.

„Miss Chanum, das ist doch wirklich eine seriöse Pension, ja? Mädchen Ihrer gesellschaftlich unterlegenen Herkunft und Situation neigen oft zu, nun ja, verzweifelten Handlungen, aber Sie dürfen nicht vergessen, wenn Sie in das falsche Geschäft einsteigen, kommen Sie nicht mehr wieder heraus. Wenn Sie in einem, Sie wissen schon, zwielichtigem Milieu arbeiten, verdienen Sie vielleicht genug Geld und lösen Ihre Probleme, aber Sie verkaufen nicht nur Ihren Körper, sondern auch Ihre Seele."

Woaw. Hatte ich mich eben verhört oder unterstellte mir Mr Maulwurf da gerade tatsächlich, ich wollte mich prostituieren? Gleich, nachdem er gesagt hatte, ich wäre sozialer Abschaum, meinte ich.

Ein tiefer Atemzug konnte meine Empörung auch nicht mindern. „Wie bitte? Also Mister-" Ähm, wie war doch gleich sein richtiger Name? Egal. „... ich fass es nicht!!! Ich geh doch nicht anschaffen oder strippen!"Nicht, dass ich nicht schon mal drüber nachgedacht hätte, aber hey, ich hatte schließlich so was wie eine Würde, die immerhin zu hoch für solche Sachen war, wenn auch nicht für die Arbeit bei einem Sicherheitschef, der mich bedroht und schon mal gefeuert hatte. „Ich kann nicht glauben, dass Sie so schlecht von mir denken! Ich gehe jetzt. Wir reden, wenn Sie einen Besuchstermin bei meinem Bruder für mich haben." Ein letzter Blick, und ich rauschte aus dem Büro zurück zum Wagen des Typen, der mich fahren würde. Pah! Also echt. Immer wieder interessant, was Menschen für eine hohe Meinung von mir hatten.

Der Chauffeur ebenso. Als er bei meiner Wohnung ankam, musterte er mich nur überheblich, ließ mich mein Gepäck selbst in den Wagen wuchten und war froh, endlich aus dem Viertel verschwinden zu können, in dem ich wohnte. Mir fiel das nicht so leicht. Immerhin würde ich jetzt für ein halbes Jahr all meine Freunde zurücklassen. Aber ich machte das ja nur wegen den 30'000. Und weil ich in meiner Bude keinen Fernseher hatte.

Bis ich dann in mein neues Zuhause einziehen konnte, dauerte es noch ein Weilchen. Mein Fahrer stellte sich als Opfer eines ausgeprägten Verfolgungswahnes heraus. Oder wie war es sonst zu erklären, dass wir ständig im Kreis fuhren, dreimal das Auto wechselten und zwischendurch zu Fuß unterwegs waren? Und ich musste immer meine Sporttaschen schleppen, die ich notdürftig gepackt hatte, gleich nachdem Higgins weg war und ich ohne Umschweife zugesagt hatte, trotz Carlos Andeutungen. Als wir gegen Nachmittag endlich in eine geheime Einfahrt abbogen und vor einem ultramodernen Kasten, zu dem auch der Name Hochsicherheitstrakt gepasst hätte, parkten, seufzte ich ein bedeutungsvolles „Und wenn sie nicht gestorben sind..." in Richtung Fahrersitz. Aber als ich ausstieg und plötzlich überschwänglich umarmt wurde, waren die Strapazen vergessen.

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