(9) Ich so: "Och bitte" Mein Leben so: "Nö!"

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Eigentlich lief die Probezeit gut. Verdächtig gut. Fast schon zu gut. Na schön, ich kam jeden Morgen zu spät – aber das erwartete man ja beinahe von mir. Ich hatte eben die Wahl: Pünktlich oder gut aussehen. Und pünktlich konnte jeder.

Außerdem hatte ich, entgegen aller Androhungen von Mr Paul „Ein falscher Schritt und ich bring dich in den Knast" Higgins, ziemlich oft Kontakt zu den Jungs. Ich lernte sie immer besser kennen und, wenn ich ehrlich war, fand ich sie auch gar nicht mehr gaaanz so schlimm. Was nicht hieß, dass ich sie mochte oder so!

Louis nahm mich bei jeder Gelegenheit beiseite und versuchte, mich davon zu überzeugen, mein Leben weniger gegen das Gesetz zu richten, weil er mir im Knast sicher keinen Kuchen vorbeibringen würde und ich seiner Meinung nach zu intelligent war für den Scheiß. Ich wollte ihm diese Illusion ungern zerstören. Naja, von diesen Predigten abgesehen war er echt unglaublich witzig und ich mochte seine Tattoos. Außerdem war er wirklich immer nett, fünfundzwanzig Stunden am Tag. Das war fast schon krank. Mal ehrlich, wie ging das? Immerhin wurden sie eingesperrt und von Hotel zu Hotel geschleppt...

Mit Niall kam ich auch einigermaßen gut klar. Auch wenn er keine Sekunde, in der er mich sah, ausließ, um mich an den damaligen Auflauf-Vorfall zu erinnern, was mich echt auf die Palme brachte. Doch  das beabsichtigte er ja. Unser Umgang bestand daraus, uns gegenseitig liebevoll zu dissen. Mr Megamot- pardon, Harry, flirtete nach wie vor mit mir (oder ich bildete es mir ein, auf jeden Fall war er nett. Sehr nett) und Liam, nun ja - es war faszinierend zu sehen, wie sein ausgeglichener, zufriedener Gesichtsausdruck zu einer bösen Ich-werde-dich-töten-Grimasse zerfloss, sobald er mich sah. Das gleiche galt für Paul Higgins. Okay, als Securitychef war er echt gestresst in letzter Zeit, aber er schien mir wirklich zu jedem freundlich zu sein, außer zu meiner Wenigkeit. Ich musste schon etwas Besonderes an mir haben, wenn ich diese eigentlich von Grund auf liebenswerten Personen in solche Fieslinge verwandelte.

Der coolste war irgendwie Zayn. Gleich am zweiten Arbeitstag traf ich ihn auf dem Dach, wo er heimlich rauchen wollte, und anstatt das zu melden, gesellte ich mich zu ihm. „Was denn, du rauchst? Als Sänger?"

„Ich will aufhören. Aber der ganze Mist in letzter Zeit... Eigentlich rauche ich nur letzte Zigaretten, wenn du verstehst, was ich meine."

„Cool, dann kannst du mir die Packung ja schenken." Ich schnorrte mir eine Kippe und hockte mich neben ihn auf das Hausdach, damit weder Paparazzi noch Bodyguards uns von unten sehen konnten. Der Blick über London war leider wenig spektakulär, da zugebaut von anderen Gebäuden.

„Warum überrascht es mich nicht, dass ein Gangstergirl wie du auch noch raucht?"

„Hey, Zigaretten sind wie Hamster. Total harmlos!"

Er ergänzte den Spruch grinsend. „...bis man sie in den Mund nimmt anzündet."

Ich fühle mich augenblicklich wohler in seiner Gegenwart. „Aha. Du grillst in deiner Freizeit also gerne mal Nagetiere?"

Zayn lachte sogar kurz auf, aber es war selbst für einen, sagen wir, gefühlsunbetonteren Menschen wie mich erkennbar, dass er etwas auf dem Herzen hatte. „Was denn los, nerven dich die anderen?" Ich bereute meine Frage sofort. Es war ja wohl naheliegender, dass ich ihn nervte.

„Nee. Ich denk nur grade an meine Verlobte, meine Familie, meine Freunde... Das Eingesperrt-sein ist echt das Letzte."

Ich verschluckte mich beim Inhalieren des Zigarettenrauches und er musste mir auf den Rücken klopfen, bevor ich weiterreden konnte. „Entschuldigung, das war bestimmt ein Missverständnis, ich hab gerade das Wort Verlobte gehört." Ich versuchte zu lachen, während Zayns Mundwinkel leicht nach oben wanderten.

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