(2) Ich kam, sah und das mit dem Sieg krieg ich auch noch hin.

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Ich kam, sah und das mit dem Sieg krieg ich auch noch hin.

Eingepfercht unter einem Bett, mit schmerzenden Bein, kurz davor, entdeckt und verhaftet zu werden - der perfekte Moment, um meinen Schutzengel anzuflehen, mich nur noch einmal entkommen zu lassen und ihm zu schwören, dann auch nie wieder Mist zu bauen. Dumm nur, dass mein Schutzengel vor kurzem einen Nervenzusammenbruch hatte. Mal abgesehen davon, dass ich diese Versprechen niemals halten würde. Blieb also nur, erst mal nichts zu machen und wenn ich damit fertig war, abzuwarten. Wenigstens konnte ich so die Befehle belauschen, die Leibwächter Nummer 3 über sein Walkie Talkie oder etwas in der Art bekam.

„...Einzeltäter in schwarzer Kleidung, vermummt und flüchtig. Komplizen nicht vermutet. Team 3 checkt den Außenbereich und sichert alle Ausgänge. Team 2 sichtet das Video und kontrolliert die Suite. Wenn Entwarnung gegeben werden kann, werden die Jungen darin einquartiert. Team 4 patrouilliert die Gänge und die Verstärkung wird später zugeteilt. Sicherheitsgefahr vorerst als gering eingestuft. Keine Verbindung zu Bedrohung Alpha ..."

Bitte? Die hatten ganze Teams von diesen anabolikagedopten Wachmännern? Und wieso war ich nur eine geringe Sicherheitsgefahr, ich hatte ja wohl zwei davon zusammengeschlagen! Echt beleidigend. Wer zur Hölle waren die, dass sie in solchen Hieroglyphen sprachen? Der Secret Service? Oh Gott. Nachher war ich in das Zimmer eines internationalen Politikers eingestiegen. Oder der Queen! Meine Hoffnung beging gerade mit einem Sprung aus dem Fenster Selbstmord.

Jetzt lief der Sicherheitsmann auch noch im Zimmer herum und checkte die Schränke! War ja nur noch eine Frage der Zeit, bis er unter die Betten schauen würde. Und was machte er jetzt? Er verschwand hinter dem Schrank aus meinem Blickfeld und schien an einer Türklinke zu rütteln, nur um dann in sein Mikrofon zu murmeln, dass sie verschlossen war. Ich war gefangen. Langsam sah ich die hässlichen Schuhe auf mich zukommen. Sie waren nur noch zwei Meter entfernt. Ich konnte die Kratzer auf der Oberfläche erkennen! Langsam hob er einen Fuß und ging ... aus dem Raum. WAH! Er hatte das Zimmer verlassen! Was für ein Trottel, hatte er als Kind nie erfahren, dass sich Monster unter den Betten verstecken? So schnell und lautlos wie es ging, kroch ich aus dem Bett und ging um den Schrank herum. Tatsächlich! Da war neben einem weiteren Bett auch eine Tür.

Stimmengemurmel aus dem Hauptraum drang an meine von der Motorradmaske bedeckten Ohren. Was man beim Schlösserknacken so überhaupt nicht gebrauchen konnte, war Zeitdruck. Aber darauf nahm die Bodyguardmeute natürlich keine Rücksicht. Ignoranten. Zum Glück konnte ich in Panikmomenten erstaunlich klar denken. Besser als sonst in meinem Leben, da unterließ ich es in der Regel, meine Zeit mir so etwas lästigem wie Gedanken zu verschwenden. Schnell holte ich meine Pickset zum Schlösserknacken aus der Hosentasche. Ich hatte das immer dabei und konnte mich beim besten Willen nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal eine Tür mit einem Schlüssel geöffnete hatte. Sorgsam drehte ich das Werkzeug im Schloss. Die Stimmen kamen immer näher und ich nahm wahr, wie jemand das Zimmer betrat. AH! Ich war zwar vorerst vom Kleiderschrank versteckt, aber wenn sie erst mal anfingen in den Raum einzumarschieren, dann ...

Ich konnte meine apokalyptischen Visionen nicht zu Ende träumen, da in dem Moment die Tür aufsprang und ich innerhalb von einer Sekunde dahinter verschwand und sie geräuschlos wieder schloss. Puh. Durch die rettende Holztür hörte ich deutlich, wie die Bodyguards das Zimmer auf den Kopf stellten. Schnell machte ich mich daran, das Schloss lautlos wieder zu verschließen. Ich bestehe darauf, dass ich nicht durch Glück, sondern mein brillantes Genie mal wieder davon gekommen war. Doof nur, dass ich keine Ahnung hatte, wo ich war. Der Raum war nur schwach vom Licht erhellt, das durch das Fenster hineinfiel. So viel „Licht" wie es um Mitternacht nun mal gab. Ich brauchte eine Weile, bis ich erkannte, dass ich quasi im selben Zimmer stand, das ich gerade verlassen hatte, nur spiegelverkehrt. Wie einfallsreich. Das dumme war, dass er sich auf der Frontseite des Hotels befand. Wenn ich aus dem Fenster klettern würde, dann nicht nur vor den Augen der versammelten Fotografen, die vor dem Hotel positioniert waren, nein, ich würde auch direkt von einem Empfangskomitee humorloser Muskelprotze empfangen werde. Also wendete ich an, was sich schon einmal bewährt hatte: Ich holte tief Luft, ging in Richtung Tür und ... rollte mich unter das Bett. Nach dem Tag heute würde ich nie wieder in ein Bett steigen können, ohne vorher darunter zu schauen.

One ProtectionWhere stories live. Discover now