Pingu hat zu viel Angst

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Die Tage bis zum letzten Spiel vergingen mehr als schnell, die Jungs hatten es zwar 2:1 verloren, aber immerhin hatte Mats ein Tor geschossen. Ich würde übermorgen nach Hause fliegen und da ich heute frei hatte, weil Sonntag war, beschloss ich die Geschenke an die Jungs auszufahren, die, wie ich von Mats erfuhr, am Nachmittag sowieso kein Training mehr hatten. Schnell sprang ich unter die Dusche, föhnte und lockte meine Haare und schminkte mich dann leicht. Danach zog ich eine schwarze Hose, ein schwarzes Shirt mit tiefem Ausschnitt und eine schwarze, asymmetrische Jacke darüber an, bevor ich mir eine schwarze Tasche und die Geschenke schnappte und nach unten ging. Mats, Cathy und der Kleine waren nicht zuhause, daher musste ich mich auch nicht beeilen die Geschenke aus dem Haus zu bringen, sondern konnte sie gemütlich ins Auto einräumen. Zehn Minuten später war ich schon am Weg, wobei mein erster Stoppp bei Nuri sinnlos war, da keiner zuhause war. Ich warf das Geschenk, ein Gutschein für sein Lieblingsrestaurant, in den Briefkasten und schrieb ihm, dass ich dort eine Weihnachtsüberraschung für ihn deponiert hatte. Als nächstes fuhr ich zu Auba, der mich wie immer mit einem fetten Grinser begrüßte. „Du hast mir also ein Geschenk mitgebracht?", fragte er, nachdem wir es uns auf der Couch gemütlich gemacht hatten. „Es ist nichts Besonderes, aber ich dachte mir, du bist mir ein so guter Freund gewesen...", murmelte ich und dachte beschämt daran, dass ich ihm nichts schenken konnte, dass er nicht schon längst besäße. „Die Geste zählt und allein weil es von dir ist, ist es Besonders.", lächelte er und stand auf. Er meinte er würde sofort wiederkommen. Ich drehte sein Geschenk in den Händen, es war ein Cap mit der Aufschrift „King", meiner Meinung nach passend für ihn. Er kam zurück mit einem Geschenk in der Hand. „Auba, das wäre nicht nötig gewesen.", murmelte ich und schloss ihn in die Arme. Ich blieb noch eine Weile bei ihm, bis ich mich dann auf den Weg machte, zu Mitch, dem ich das letzte Geschenk bringen würde. Vor seiner Wohnung angekommen, die ich zugegebenerweise verdammt lange suchen musste, wartete ich einen Moment lang, da ich ziemlich nervös war. Ein paar Atemzüge später, betätigte ich die Klingel und wartete.

„Alex, was machst du denn hier?", mit diesen Worten wurde die Tür geöffnet und ich danach auch gleich hereingebeten. „Äh, ich wusste nicht wann ihr alle heimfliegt und da ich übermorgen fliege, wollte ich euch noch die Geschenke vorbeibringen. Bei Nuri und Auba war ich deshalb schon und ja... Jetzt bin ich hier.", erklärte ich und hielt das Geschenk hoch. „Oh, that's nice.", lächelte Mitch und nahm mir das Geschenk aus der Hand. Gerade wollte er es aufreißen, da rief ich, „Stopp! Du kannst es doch nicht sofort aufmachen und schon gar nicht vor meinen Augen. Erst am 24.!" Wie ein kleines Kind sah er mich an, „Aber ich will es jetzt aufmachen! Wer weiß, vielleicht ist es wirklich die Unterwäsche!" Ich lachte, „Nein, erst zu Weihnachten. Und ich kann dich beruhigen, es ist keine Unterwäsche." „Wer sagt, dass mich das beruhigt?", raunte er. Ich wurde sofort nervös, als ich an das Gespräch im Einkaufszentrum dachte und spürte meine Ohren schon rot werden. „Was machst du jetzt?", fragte er mich dann in normaler Lautstärke. „Äh eigentlich wollte ich nach Hause fahren und dort... Keine Ahnung.", erwiderte ich, etwas überrascht von der Frage. „Wie wäre es, wenn wir noch etwas unternehmen? Ich fliege nämlich morgen schon nach Australien und dann sehen wir uns doch ein Weilchen nicht.", schlug er vor und lächelte mich erwartungsvoll an. Ich nickte begeistert, da legte er schon den Arm um mich und bugsierte mich aus seiner Wohnung raus. Wir standen schon beim Auto da fiel ihm ein, dass er keine Jacke mithatte, weshalb er wieder nach oben rannte. Ich ließ schon mal das Auto warum laufen, bis er wieder einstieg und mir den Weg beschrieb. Eine halbe Stunde später ließen wir das Auto auf einem Parkplatz stehen und gingen durch die Stadt, bis wir an einem Eislaufplatz angekommen waren. „DAS wolltest du machen?", fragte ich und starrte den Eislaufplatz an. Jeder kennt den Film Bambi und wie es sich am Eis blamiert... Ich wünschte ich könnte so gut eislaufen wie Bambi.

„Ja! Coole Idee oder?", Mitch klang mehr als begeistert. „Äh... Nein...", murmelte ich und lachte verlegen, „Ich kann nicht eislaufen." „Ach, das lernst du jetzt.", rief Mitch und hatte mich schon an der Hand gepackt und mitgezerrt. Ich protestierte lang und am Ende vor allem lautstark, aber 10 Minuten später stand ich in Eislaufschuhen, die vermutlich schon 3 Millionen Menschen mit Fußpilz vor mir getragen hatten, vor dem Tor und wurde von Mitch aufs Eis geschubst. Natürlich setzte ich nicht mal meinen Fuß ganz auf, bevor es mich auch schon das erste Mal auf die Fresse legte. „Au.", jammerte ich, da spürte ich schon zwei Hände die mich mit einem Ruck aufhoben. „Das wird schon.", meinte Mitch und schenkte mir ein strahlendes Lächeln. „Da habe ich wirklich starke Zweifel.", murrte ich und ließ mir von ihm erklären, wie ich es am besten anstellen sollte. Nach 10 Minuten und vielen leidenschaftlichen Begegnungen zwischen mir und dem Eis, wechselte er seine Taktik. Er fuhr jetzt rückwärts vor mir her und zog mich nach, während ich versuchte nicht hinzufallen, was ich nach einem Weilchen auch gut hinbekam. Mitch war so begeistert, dass er mich gleich dazu überredete, nun aus eigenem Antrieb zu fahren und mit den Füßen die richtige Bewegung zu machen. BÄM! Erneutes Treffen zwischen mir und dem Eis. „Wenn ich mir etwas breche, dann musst du mich pflegen, damit das klar ist.", schnaubte ich, als er mich erneut hochhob und wieder auf die Beine stellte. „Ach was! Du kannst es doch schon richtig gut. Vorhin bist du schon umgefallen, wenn ich dich losgelassen habe und jetzt? Jetzt stehst du schon da wie eine Eiskunstläuferin.", lächelte Mitch stolz. Ich sah an mir herunter und konnte nur eine sehr verkrampfte Körperhaltung erkennen, die eher etwas mit Quasimodo als mit einer Eiskunstläuferin gemein hatte. „Warte hier!", rief Mitch plötzlich und fuhr in einem Affenzahn weg. „Ja wo soll ich denn sonst hingehen? Allein komm ich hier nie wieder runter.", lachte ich und schüttelte den Kopf über seinen Enthusiasmus.

Plötzlich stand Mitch vor mir und hatte einen Pinguin vor sich. „Äh Mitch? Die sind für Kinder.", meinte ich und verstand dann erst was ich gesagt hatte, weshalb ich anfing zu lachen, „Bin ich echt so schlecht?" Er erwiderte nichts, aber sein Grinsen sagte alles aus. Ihm zuliebe versuchte ich es nochmal, mit dem Pinguin als Hilfe und um ehrlich zu sein, war seine Idee Gold wert. 20 Minuten später, konnte ich bereits langsam über das Eis gleiten, ohne alle 3 Sekunden hinzufallen. „Schau! Mitch, schau! Ich kann es!", rief ich mit strahlendem Lächeln und schob den Pinguin leicht vor mir her. Klar, bei den Olympischen Spielen im Eiskunstlaufen würde ich nie mitmachen, aber immerhin würde ich mich nicht mehr blamieren. Außerdem, jetzt wo ich nicht mehr so oft hinfiel, machte es auch irgendwie Spaß. „Gut! Jetzt lass den Pinguin stehen und nimm meine Hand.", lächelte er und streckte seine rechte Hand einladend aus. Nachdenklich sah ich zwischen seiner Hand und dem Pinguin hin und her und schüttelte dann den Kopf, „Nein, Pingu hat gerade gesagt, er hat zu viel Angst, wenn ich ihn loslasse." Mitch prustete los, „Bestimmt." Ich stimmte in sein Lachen mit ein, da meinte er, „Pingu bleibt nicht lange allein, da vorne steht eine Mutter mit Kind, die ihn sicher gerne adoptiert." Ich runzelte die Stirn. Wenn ich Pingu losließ, dann würde ich bestimmt bald wieder Bekanntschaft mit dem Eis machen. Aber Mitch ließ mir keine Wahl, er drängte sich zwischen mich und Pingu und zog mich dann ein paar Meter zur Seite. „Oh Gott, ich falle bestimmt wieder hin.", jammerte ich und starrte konzentriert auf meine Füße. „Ich fange dich schon auf...", hörte ich da eine leise Stimme an meinem Ohr. Mitchs warmer Atem streifte über meinen Hals und als ich aufblickte, wurde mir erst bewusst, wie nah wir uns eigentlich gerade waren. Gebannt starrte ich in seine Augen und bemerkte, dass sein Gesicht immer näherkam. In freudiger Erwartung klopfte mein Herz immer schneller und ich wurde immer nervöser. Zitternd stand ich da und wusste, er würde mich jetzt küssen, als es passierte. Ich zuckte etwas zu stark und spürte wie es mir die Füße wegriss.

Völlig überrascht wollte Mitch mich auffangen, aber da er so gar nicht damit gerechnet hatte, dass ich es schaffen würde jetzt hinzufallen, war sein Stand nicht fest genug, weshalb ich ihn einfach mitriss. Wenigstens war der Riese so geistesgegenwärtig und stützte sich mit den Händen ab, sodass er nicht mit seinem gesamten Gewicht auf mich drauf fiel. Ich fing an zu lachen. Sein Gesicht war zum schießen, völlig verdattert, weil er auch gestürzt war und mich nun halb erdrückte am Eis. „Mit Pingu wäre mir das nicht passiert, das ist mal klar.", lachte ich und warf einen Blick auf den Pinguin, mit dem gerade tatsächlich ein Kind herumfuhr. Mitch lachte, leise und rau, bevor er mir einen intensiven Blick zuwarf und mich dann, ohne Vorwarnung oder ähnlichem, küsste. Ein sanfter Kuss, dem ich nur allzu sehr genoss und der mich von innen heraus wärmte, obwohl ich mit dem Rücken immer noch am eiskalten Boden lag. Als der Kuss endete, hatten wir beide ein dümmliches Grinsen im Gesicht. Mitch stand auf und hob mich dann wieder auf die Beine. „Ich denke, wir sollten es für heute gut sein lassen... Besser kann der Trip hier ohnehin nicht mehr werden.", lächelte Mitch und wartete mein Nicken ab, bevor er mich vorsichtig und sturzfrei von der Eisfläche runterbrachte. Wir tranken noch einen Punsch, an einem der Stände, bevor ich Mitch nach Hause fuhr, da es schon recht spät war und er ja morgen noch eine lange Reise vor sich hatte. „Warte noch kurz.", meinte er, bei sich angekommen und lief nach oben. Wenige Minuten später, kam er wieder, mit einem Päckchen in der Hand. Er machte die Autotür auf, und legte es mir auf den Schoß, „Du bekommst natürlich auch ein Geschenk. Aber erst zu Weihnachten öffnen..." Ich lächelte ihn an, murmelte, „Danke.", und zog dann sein Gesicht zu mir, um ihn zum Abschied zu küssen. „Schade, dass wir das jetzt so lange nicht mehr machen können.", murrte Mitch in den Kuss hinein, bevor er ihn mit seiner Zunge noch intensiver gestaltete, sodass mir beinahe die Luft wegblieb. Ich brummte zustimmend und krallte mich dann in seinen Haaren fest, als er mich, wie auch immer, abgegurtet und zu sich gedreht hatte.

Das Geschenk war zwischenzeitlich auf den Boden gefallen, aber wir waren zu sehr miteinander beschäftigt um das zu bemerken. Ich hatte meine Beine um seine Hüfte geschlossen, eine Hand in seinen Haaren vergraben, die andere am Kragen um ihn stärker zu mir ziehen zu können. Er hatte eine Hand zunächst auf meinem Rücken gehabt, aber die war im Laufe des Kusses immer weiter nach unten gewandert, die zweite Hand hatte er in meinen Haaren vergraben. Irgendwann beendeten wir den Kuss, beide recht atemlos und sortierten unsere Gliedmaßen auseinander. „Das war denke ich ein guter Vorrat...", schnaufte Mitch und schenkte mir ein süffisantes Grinsen. Ich stimmte zu und wünschte ihm dann einen guten Flug, bevor ich ihm noch einen kurzen Kuss auf die Lippen drückte, das Geschenk vom Boden aufhob, um es auf den Beifahrersitz zu legen und mich auf den Weg nach Hause machte.

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