Tod und Nachhilfeunterricht

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War ja klar. Stets und ständig begegnet mir mein Dad wieder. Bei Myrte hat er wahrscheinlich seine charmante und soziale Seite wirken lassen, um sie um den Finger zu wickeln. Wobei ich mir wirklich nicht vorstellen kann, warum er das bei ihr tun wollte. In Gedanken bedenke ich meinen Dad mit einem nicht sehr schmeichelhaften Ausdruck.

Ich weiß nicht, warum ich so wütend auf ihn bin. Seit der Sprechende Hut mir von der Geschichte mit Slytherin erzählt hat, geht das schon so. Mir passt es nicht, dass er uns nichts von den Ratschlägen des Hutes erzählt hat, nach Slytherin zu gehen. Ich meine, wir sind doch seine Familie. Da hat man doch keine Geheimnisse voreinander, oder?

Und das ist jetzt auch nicht so ein großes, weltbewegendes Ereignis, als wenn er um die Ecke kommen und uns versichern würde, er sei schwanger. Hat er gedacht, wir würden ihn deswegen auslachen? Oder dieses Geheimnis nicht für uns behalten können?

Ich frage mich, ob ich vielleicht die Einzige bin, die nichts davon wusste. Oder ob James und Albus es auch schon vom Sprechenden Hut erfahren und danach Dad zur Rede gestellt haben. Und Mum weiß es vielleicht auch schon. Fragen über Fragen und die einzige Antwort, die ich darauf kenne ist, dass ich auf jeden Fall mal mit ihm reden sollte!

"Ähm...Myrte? Ich will ja jetzt nicht zu tief in deine Persönlichkeit eintreten oder dir zu nahe kommen, aber wie bist du denn gestorben?". Nach kurzem Zögern und sehr viel Überwindung füge ich noch etwas hinzu: "Und ein so hübsches Mädchen wie du hat den Tod doch auch nicht verdient, oder?". Ein Hauch von goldener Farbe erscheint auf den silbrig schimmernden Wangen. Myrte ist sichtlich geschmeichelt.

"Also, wenn du so daran interessiert bist", ich nicke eifrig,"dann kann ich ja vielleicht mal eine Ausnahme machen: Eines Tages habe ich mich hier auf der Toilette eingeschlossen, weil mich ein Klassenkamerad gemobbt hat. Ich will jetzt gar nicht von seinem Namen reden, das bringt mich nur zu sehr in die Vergangenheit zurück.". Sie seufzt einmal theatralisch und schließt die Augen, bevor sie fortfährt: "Jedenfalls ging eine Tür auf und ich lugte durch den Türspalt einer dieser Toilettenkabinen hier, weil ich dachte man würde mich suchen. Ich hatte eine Jungenstimme gehört und mich gewundert, weil das hier ja eine Mädchentoilette ist. Tja und dann sah ich da zwei große, grüne Augen und dann...". "...bist du..." "...gestorben, ja.", beendet sie.

"Aber ich kann mich doch auf dich verlassen, dass du das niemandem weitererzählen wirst?", fragt Myrte dann noch. "Keine Menschenseele wird davon erfahren.", verspreche ich und strecke zur Bestätigung noch zwei Finger in die Höhe. "Und natürlich auch kein Geist. Okay Myrte, ich muss jetzt auch los. Es war schön, dich kennenzulernen.". Ich verabschiede mich und mache mich auf, Richtung Tür.

"Du wirst mich doch besuchen, oder?", fragt sie mich. "Auf jeden Fall. Bis bald!", ich grinse in ihre Richtung. Vor der Tür muss ich mir den Würgreiz unterdrücken. Gekünstelter geht es ja wohl nicht!

Wenig später komme ich gehetzt in der Bibliothek an. Trotz allem habe ich die Nachhilfestunde nicht vergessen. Ich trete durch die Tür und versuche, Scorpius in der Masse der Menschen, die allesamt um die kleinen Tische herum sitzen, auszumachen. Ich entdecke ihn allein in der hintersten Ecke. Ich muss schmunzeln. Er sieht ja richtig verloren aus, hier drinnen.

Ich schlängele mich zwischen den Schülern hindurch. Scorpius sieht zu mir auf. Sein Blick ist undefinierbar. "Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen!", sagt er. Wenn er wüsste... Ich setze mich auf den noch freien Stuhl und seufze. "Nicht nur das, ich habe sogar mit ihm gesprochen. Aber kommen wir zum Wesentlichen! Schreib mir bitte erstmal alle Zutaten auf, von denen du glaubst, dass du sie für den Heiltrank gegen Furunkel brauchen würdest.", vergebe ich die erste Aufgabe.

Scorpius nickt und gibt mir so zu verstehen, dass er verstanden hat. Ich habe mir vorgenommen, ihm so viel wie möglich abzuverlangen. Ich mache keine halben Sachen. Wenn jemand von mir Nachhilfe bekommen möchte, dann hätte er sich über die Folgen schon vorher Gedanken machen müssen. Lily Potter - Expertin für echte Nachhilfe!

Ich stehe auf und gehe hinüber zur Verbotenen Abteilung. Ich drücke die Klinke der kleinen Pforte hinunter und wundere mich, dass nicht abgeschlossen ist. Mit Sicherheitsvorkehrungen haben sie hier scheinbar nicht viel am Hut. Ich fahre die Buchrücken der allesamt dunkel aussehenden Bücher entlang. Hier gibt es Bücher wie "verbotene Flüche für Anfänger" oder "giftige Substanzen und ihre Nebenwirkungen" und weiter hinten sehe ich auch eine Biografie über Lord Voldemort.

Bei einem dicken Wälzer mit der Überschrift "Zaubertränke des Grauens" bleibt mein Blick hängen. Für Zaubertränke interessiere ich mich einfach, sie haben etwas Faszinierendes an sich. Hinter mir räuspert sich jemand. "Ich weiß nicht, was du hier zu suchen hast.". Erschrocken lasse ich das Buch fallen und es fällt mir auf den Fuß. Mit vor Schmerz verzehrtem Gesicht drehe ich mich um.

Vor mir steht, wie ich fast schon erwartet habe, die Bibliothekarin. Sie schaut mich aus zusammengekniffenen Augen an. "Ich habe hier die Unterschrift von einem Lehrer.". Ich krame kurz in meiner Hosentasche, ziehe den Zettel mit Professor Hensleys Unterschrift raus und wedele damit vor ihrer Nase herum. "Wenn ich mich recht entsinne, darf man sich damit ein Buch aus dieser Abteilung ausleihen.". Ich finde die Bibliothekarin schon seit unserer ersten Begegnung unsympathisch.

"Das ist richtig.", sagt sie in einem gefährlich süßem Ton. "Aber ich habe auch die Befugnis, dir ein Buch abzunehmen, wenn ich meine, es wäre nicht für dein Alter geeignet. Und das denke ich nicht nur von diesem Buch da", sie zeigt auf den Boden, wo das Buch immer noch auf meinem Fuß liegt, "sondern auch von all den anderen hier!", sie macht eine ausladende Handbewegung, die die ganze Bibliothek umfasst.

"Also...würdest du nun bitte diese Abteilung verlassen?". Sie lächelt mich zuckersüß an. Ich brumme und gehe einfach an ihr vorbei. Nicht gerade die feine Art, ich weiß, aber zu etwas Anderem bin ich gerade nicht fähig.

Als ich wieder bei Scorpius angelangt bin, empfängt er mich mit einem wissenden Grinsen. "Und jetzt siehst du aus, als hättest du auch noch eine Laus gesehen, die sich im Anschluss sogar dazu herabgelassen hat, über deine Leber zu laufen.". Trotz meiner schlechten Laune und der Tatsache, dass dieser Witz von Scorpius Malfoy kommt, schleicht sich ein Lächeln auf meine Lippen...

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Hallo,
hier ist wieder ein neues Kapitel für euch✨
Ich werde zwar versuchen, in den Sommerferien zu updaten, aber falls ich es nicht schaffe, seid mir bitte nicht böse🙈
In diesem Sinne möchte ich euch auch schöne Ferien wünschen (egal, ob ihr schon welche habt oder sie erst noch kommen) und mich nochmals für euch bedanken, dass ihr überhaupt diese Geschichte lest💞
Schöne Ferien und bis bald,

Eure Vilureef

Die Tochter Harry Potters Where stories live. Discover now