Versöhnungen und Zufälle

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Ich schaue auf die Uhr über unserem Herd. Schon fünf vor 16 Uhr! So spät schon? Ich sprinte zum Flur und werfe mir meine Jacke über, die an einem Haken hängt. "Ich geh mich noch schnell mit einer Freundin treffen!", rufe ich nach oben, wo James, Mom und Dad Karten spielen. Albus ist als Einziger in seinem Zimmer und lernt für Geschichte der Zauberei.

James hat das Spiel zu Weihnachten bekommen und nimmt es sogar nach Hogwarts mit. Dort spielt er mit den Anderen immer um Geld. Aber James ist mittlerweile solch ein Profi darin geworden, dass er alle seine Freunde schlägt. Wenn das so weitergeht, muss er später gar nicht arbeiten gehen, weil er sowieso schon steinreich ist.

"Bist du zum Abendessen wieder da?", fragt Mom und ihr Kopf erscheint oben am Geländer. "Ich mache Hackfleischbällchen.". Wie kann ich da schon nein sagen? Ich werde doch nicht zu spät kommen, wenn es mein Lieblingsessen gibt! "Na klar.", sage ich und stoße dann die Tür auf. Mit einem Satz springe ich die drei Treppenstufen vor unserem Haus hinunter und renne die Hauptstraße entlang.

Ich habe Ruby zu meinem Lieblingsplatz bestellt: der Spielplatz, der sich in unserem Ort befindet. Ich möchte ihr erklären, was zwischen Jack und mir wirklich los ist. Aber ich wollte ihr keinen Brief schreiben, weil ich das zu unpersönlich finde. Natürlich habe ich Ruby unter einem falschen Grund zum Spielplatz gelockt. Sie denkt, ein alter Bekannter möchte sich mal wieder mit ihr treffen. Dass ich sofort eine Zusage von ihr bekommen habe, hat mich dann doch sehr gewundert. Schließlich könnte der Bekannte auch ein Entführer sein!

Ich komme beim Spielplatz an und sehe Ruby schon von Weitem. Als ich ihr auf die Schulter tippe, zuckt sie erschrocken zusammen. Dann schaut sie mich vorwurfsvoll an: "Musst du mich so erschrecken?". Dabei hat sie scheinbar vergessen, dass sie mich momentan nicht leiden kann. "Ich wollte dir erklären, dass Jack und ich nicht zusammen sind.", erkläre ich ihr.

"Ach, stimmt ja, unser Streit!", ruft sie plötzlich und setzt sogleich eine beleidigte Miene auf. "Ich finde das echt ungerecht von dir, dass du mich so hintergangen hast!". Ich habe eigentlich damit gerechnet, dass sie wegrennen würde, bevor ich überhaupt ein Wort über die Lippen gebracht habe. Aber in dieser Hinsicht scheine ich Glück zu haben.

"Ich bin wirklich nicht mit Jack zusammen. Wir haben erst einmal miteinander geredet. Woher hast du das eigentlich? Warum glaubst du zu wissen, dass ich mit Jack zusammen bin?", frage ich sie. Ruby verschränkt die Arme vor der Brust: "Ach, nun tu doch nicht so scheinheilig. Du weißt doch ganz genau, woher ich das weiß!".

Ich habe wirklich keinen blassen Schimmer. Deshalb schaue ich Ruby nur verständnislos an und schüttele den Kopf. Sie seufzt theatralisch. "Ich habe Scorpius und dich belauscht, wie ihr darüber gesprochen habt, dass du und Jack zusammen seid. Leugnen ist also zwecklos.".

Jetzt verstehe ich. Ich bin schon froh, dass Scorpius Ruby keine Lüge aufgetischt hat. Zum Glück gibt es für alles eine ganz harmlose Erklärung! Oh nein, da hat sie etwas aber in den ganz falschen Hals bekommen! "Hast du auch das Ende gehört? Hast du wirklich alles mitbekommen?", frage ich ruhig. Rubys Fassade bröckelt. Wusste ich es doch. "Scorpius war der selben Meinung wie du, weil er mitbekommen hat, wie ich mit Jack unter vier Augen geredet habe. Er dachte, wir würden unsere Beziehung vor allen geheim halten wollen. Dabei ging es in unserem Gespräch um eine frühere Sandkastenfreundschaft, die Jack und ich wohl früher hatten.", erkläre ich so ruhig wie möglich.

Ruby sieht mich erstaunt an: "Ihr wart also mal als Kinder befreundet und seid jetzt nicht zusammen?", hakt sie nach. Ich nicke. "Oh, das ist klasse!", ruft Ruby und fällt mir stürmisch um den Hals. "Ich dachte schon, Jacks und meine Liebe hat keine Chance. Aber dann geht ja doch alles klar!". Ich bin mir nicht sicher, ob Jack wirklich etwas für Ruby empfindet. Ich werde ihn bald mal fragen. Aber im Moment freue ich mich einfach nur, dass Ruby mir verziehen hat.

"Willst du noch mit zum Abendessen kommen?", frage ich sie. Ihre Augen leuchten, wie sie es noch nie getan haben. Ruby nickt und strahlend machen wir uns beide auf den Weg zu mir nach Hause.

"Bin wieder da!", rufe ich, als ich die Haustür für uns beide geöffnet habe. Dann renne ich die Treppe hoch und finde Mom, Dad und James, um den Kartentisch herum sitzend. Dads Haare sind schon ganz wuschelig. Wahrscheinlich rauft er sie immer, wenn er verliert. Scheint ja schon oft vorgekommen zu sein, so wie seine Haare aussehen.

"Ist es in Ordnung, wenn Ruby noch mit uns zu Abend isst?", bitte ich um Erlaubnis. Meine Eltern willigen ein. "Wie heißt Ruby eigentlich richtig?", fragt mein Dad. Das ist die perfekte Situation, um ihn ein bisschen zu ärgern: "Hast du etwa bei der Auswahl nicht aufgepasst?", frage ich ihn gespielt empört. Doch Dad macht mir einen Strich durch die Rechnung: "Nein, ich habe mich nur nach meiner bezaubernden Tochter umgesehen.". Och menno, gut gekontert!

"Und, wie heißt sie nun?", fragt Mom. "Ruby Longbottom.", antworte ich. Mom und Dad tauschen einen Blick aus und lachen dann los. "Bist du dir ganz sicher?", fragt Dad, als er gerade Luft holt. Ich nicke und Mom wischt sich die Lachtränen aus den Augenwinkeln. "Na los, dann werden wir mal essen!".

Ich kann meine Hackfleischbällchen gar nicht richtig genießen, weil ich mit Ruby Mitleid habe. Sie muss die ganzen Fragen von Mom und Dad über sich ergehen lassen und sie auch noch beantworten. Von "Wann hast du Geburtstag?" bis "Was findest du besser: Schokofrösche oder Lakritzstangen?" ist alles dabei.

Während Mom jedem Orangensaft nachschenkt, stellt Dad eine weitere Frage: "Und wer sind deine Eltern?". "Mein Daddy ist Neville Longbottom. Er arbeitet im Zaubereiministerium in einer Abteilung, in der sie giftige Pflanzen behandeln. Meine Mutter, Luna Lovegood, arbeitet in einer Apotheke in der Winkelgasse, in der sie viel mit verschiedenen Pflanzen experimentieren. Das letzte Mal kam sie nach Hause und hat irgendwas von wegen Nageln gesagt. Meine Eltern werden bald heiraten und dann haben wir endlich alle den selben Namen!", erzählt Ruby stolz.

Später stellt sich heraus, dass Mom und Dad in Hogwarts mit Rubys Eltern befreundet waren und Dad sogar mit ihnen im selben Jahrgang war. Meine Eltern haben Ruby sofort nach ihrer Adresse gefragt und einen Brief an ihre Eltern abgeschickt. Ich wusste gar nicht, dass Mom und Dad so viele Bekannte in Hogwarts hatten. Aber an jedem Tag lerne ich mehr von ihnen kennen...

Später verabschiede ich Ruby an der Tür. Ich umarme sie zum Abschied und sage ihr noch mal, dass ich es schön finde, dass sie mir verziehen hat. Sie entschuldigt sich bei mir, dass sie so überreagiert hat und mich für etwas verdächtigt hat, von dem sie eigentlich weiß, dass ich es niemals tun würde. Dann geht sie und ich winke ihr hinterher, bis sie nicht mehr zu sehen ist.

Ich seufze. So ist es nun mal. Menschen finden sich, lernen sich kennen, streiten sich und vertragen sich wieder. Ich werde noch viele Streits in meinem Leben haben und kann nur hoffen, dass alle so glimpflich ausgehen, wie der mit Ruby und Scorpius. Doch auch wenn ein Streit mal nicht gut ausgehen sollte, muss man aufstehen, nach oben sehen und das Leben weiterleben. Denn wir können jedes Hindernis überwinden - wenn wir nur wollen.

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Hi,
hier kommt gleich noch ein Kapitel hinterher ☺️
Ich habe die letzten beiden vorgeschrieben, konnte sie aber noch nicht hochladen, weil ich kein Internet hatte 🙈
Mittlerweile bin ich wieder in Deutschland und deshalb kommen jetzt eben mal zwei Kapitel auf einmal. Das ist bestimmt auch nicht schlimm 😉
Wie findet ihr die Eltern von Ruby so?
Und wie findet ihr die Tatsache, dass ihre Eltern ihre Eltern sind (okay, das klingt komisch)?
Über Kommentare und Votes würde ich mich sehr freuen ✨💞

Eure Vilureef

Die Tochter Harry Potters Όπου ζουν οι ιστορίες. Ανακάλυψε τώρα