Kapitel 14: Veränderung

215 18 1
                                    

Das kann nicht wahr sein. 

Das darf nicht ihr Ernst sein. 

Mein Blick springt von ihm auf sie, von ihr auf ihn. Ihr Blick richtet sich auf den Boden. Trotzdem sehe ich die Tränen in ihren Augen glitzern. 

Ich drehe mich um und gehe. Die Treppe hinunter, aus der Tür, rennend. Ich weiß nicht wohin, aber ich laufe einfach. Dieses Mal versucht sie nicht mich aufzuhalten. Sie hat mir nichts mehr zu sagen. Meine Augen brennen und Tränen benetzen meine Wangen. Das kann einfach nicht wahr sein. Ich dachte, ich bedeute ihr ein wenig mehr. Aber nein, anscheinend hat sie ja längst wieder jemanden gefunden. Sogar einen Jungen, dann entspricht sie jetzt vielleicht endlich den Regeln der Gesellschaft. Schön für sie. 

Irgendwie schaffe ich es nach Hause zu kommen. An einer Haltestelle steige ich in den richtigen Bus, ohne es selbst wirklich mitzubekommen. Zuhause angekommen bin ich froh, dass meine Eltern nicht da sind. Ich packe eine CD in die Anlage und drehe die Lautstärke auf. Die Augen geschlossen, bewege ich mich zur Musik. Ich wünschte, ich könnte die Welt kurz abschalten und alles vergessen. Auf diese Weise fühlt es sich fast so an. 

drei Tage später:

Ich bin viel zu spät dran. Eigentlich müsste ich seit zehn Minuten im Sportunterricht sein. Ich werfe noch einen schnellen Blick auf meine Uhr, aber ich habe mich nicht verguckt, ich schaffe es auf keinen Fall mehr pünktlich. Keuchend komme ich vor der Sporthalle zum Stehen. Meine Lehrerin hat mich sowieso schon das ganze Halbjahr auf dem Kieker und ich bin in letzter Zeit häufig zu spät gekommen. Dieses Mal wird sie mich wahrscheinlich in der Luft zerreißen. 

Ohne zu klopfen, reiße ich die Tür zur Umkleide auf und laufe hinein. Was ich dann sehe, verschlägt mir den Atem. In Unterwäsche steht Izzie vor mir. Ich wünschte, ich würde diesen Körper nicht direkt erkennen. Sie hat mir den Rücken zugedreht und will sich gerade beschweren, als sie sich umdreht und erkennt, wer da vor ihr steht. "Hey, was soll..." Unsere Blicke treffen sich. Die Luft knistert förmlich vor der Spannung, die zischen uns liegt. In mir brodelt das Verlangen. Immer wieder versuche ich mir einzureden, dass ich über sie hinweg bin. Ich liebe sie nicht mehr, das Kapitel liegt hinter mir. Ich habe mich geändert. 

Ich schaue in ihre Augen, in denen so viel Hilflosigkeit und Stärke gleichzeitig liegt. Mein Blick wandert ihren nahezu perfekten Körper hinunter. Ich fühle mich zu jedem Millimeter ihrer Selbst hingezogen. Alle in mir lechzt danach sie zu berühren. Ich bin absolut nicht über sie hinweg. 

Eine gefühlte Ewigkeit stehen wir einfach nur so da. Sie schaut mich an und ich sie. Dann wendet sie sich ab, ohne auch nur ein Wort zu sagen und zieht sich weiter an. Ich beginne langsam meine Sportsachen auszupacken, ich bin sowieso schon viel zu spät dran. Ich kann nicht länger still sein. "Warum bist du schon wieder hier?" Durch die Stille, die zwischen uns herrscht, höre ich wie ihr Atem kurz stockt. "Ich wurde in diesen Sportkurs eingeteilt, darauf hatte ich keinen Einfluss, nachdem ich aus Amerika zurück gekommen bin. Ich konnte nicht ahnen, dass du auch hier bist." Mal wieder. "Es gibt ja sehr viel, was du in letzter Zeit nicht ahnen kannst, was?!" "Jess." Ihre Stimme klingt versöhnlich. So sanft, dass sich eine Gänsehaut auf meinem Rücken ausbreitet. "Jess. Warum macht dich das so wütend?" Ich drehe mich zu ihr um. Sie steht mitten im Raum und beobachtet mich. Ich weiß genau, warum ich so wütend bin. "Jetzt ist es also ein Junge, ja?" Diese Worte kommen verächtlicher über meine Lippen, als ich es eigentlich wollte. Sie senkt den Kopf. "Ich habe nie gesagt, dass ich mich nicht in Männer verlieben kann." Scharf sauge ich die Luft ein. "Liebe? So nennst du das? Schau mir in die Augen und sag mir, dass du ihn liebst. Dann lasse ich dich für immer in Ruhe. Wenn nicht... Izzie, ich kann einfach nicht zulassen, dass du dich selbst belügst. Abgesehen davon, was zwischen uns war und was ich für dich empfunden habe, würde ich nie wollen, dass du so leidest." Ich spreche absichtlich in der Vergangenheit über meine Gefühle, denn ich möchte nicht, dass sie weiß, dass sich daran nichts geändert hat. Ich will mich nicht erneut vor ihr bloßstellen und ihr meine Schwachstellen offenbaren.

Ihr Blick ist immer noch gen Boden gerichtet, als sie antwortet. Jede Faser ihres Körpers ist angespannt. "Es hat sich vieles verändert, Jess. Das ist auch gut so. Das zwischen uns ist vorbei und wird auch nie wieder existieren." Erneut schafft sie es, mich mit ihren Worten zu verletzen, indem sie Dinge ausspricht, die ich nie akzeptieren wollte. Ich schniefe. "Aber wenn Veränderung gut sein soll... Warum tut es dann so verdammt weh?" Auf ihrem Gesicht macht sie ein trauriges Lächeln breit. Sie durchquert die Umkleidekabine mit einigen großen Schritten, bis sie nah genug bei mir steht, um mir eine Strähne aus dem Gesicht zu streichen und ihre Hand auf meine Schulter zu legen. Unter ihren Berührungen erzittere ich. Meine Knie werden weich und ich habe Angst umzukippen. Dann antwortet sie mit einem wunderschönen melodischen Klang in ihrer Stimme, der mich innerlich dahin schmelzen lässt. 

"Weil es das Leben ist, Jess. Und das Leben tut einem immer weh."


Die letzten beiden Tage kam leider nichts, das tut mir Leid. Ich hatte viel zu tun und auch die Ereignisse auf der ganzen Welt haben mich ein bisschen in Atem gehalten, sodass ich nicht schreiben konnte. Ich hoffe ihr verzeiht mir das, ab heute geht es normal weiter. Gute Nacht :) 


She - Als mein Leben ins Wanken gerietحيث تعيش القصص. اكتشف الآن