Kapitel 4 - Und dann kamst du

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"Jess?" Erschrocken fahre ich hoch. "Hmm?" Mittlerweile ist es schon fast drei Uhr nachts. Wie immer, bei Übernachtungen hat natürlich keiner vor wirklich zu schlafen. Nach einem ewigen Filme - Marathon haben wir uns jetzt alle auf die Matratzen gelegt, um über alles Mögliche zu reden. Die ganze Zeit über versuche ich Izzie aus dem Weg zu gehen und ehrlich gesagt, klappt das auch bisher ziemlich gut. Ich bleibe immer bei einem der anderen und wenn sie dann dazukommt, fällt es nicht auf, wenn ich nicht wirklich bei der Sache bin. Jetzt will Becca wohl irgendetwas von mir, jedoch habe ich nicht wirklich zugehört, sondern gedankenverloren in die Gegend gestarrt. 

"Na, du bist dran mit erzählen, Jess. Wie läuft es bei dir in Sachen Jungs?" Entsetzt starre ich sie an. Ich brauche nur wenige Sekunden, bis ich mich wieder unter Kontrolle habe. Dann tue ich so, als würde mich die Frage schrecklich amüsieren. "Gar nichts, sonst wüsstest du das bestimmt." Natürlich hakt sie dann noch einmal nach. Ich weiß eigentlich, dass sie nur einen Spaß macht, so reagieren immer alle, wenn man sagt, dass man niemanden in Aussicht hat. "Da ist doch bestimmt jemand. Komm schon Jess, raus mit der Sprache!" Aber dieses Mal reagiere ich über. "So ein Schwachsinn! Du hast doch keine Ahnung, wovon du sprichst. Frag Chloe, okay?!" Dafür ernte ich komplett verwirrte Blicke von all meinen Freundinnen. Dabei trift mein Blick Izzies. Ihre Stirn ist gerunzelt und eine kleine süße Falte hat sich gebildet. Schnell schaue ich weg. Mir ist klar, dass ich Mist gebaut habe und versuche die Situation zu überspielen. Schnell stehe ich auf und frage in die Runde: "Möchte noch jemand etwas zu trinken?" Als keiner reagiert, gehe ich einfach in die Küche. Bloß raus hier! 

Es dauert nur einige Sekunden bis Becca hinter mir steht und mich in den Arm nimmt.  "Hey, es tut mir Leid, okay? War nicht so gemeint!" Ich weiß, dass es nicht ihre Schuld ist und deswegen drehe ich mich um, um sie ebenfalls zu umarmen. Dabei murmelt sie ein paar Worte ins Ohr, die mir zu denken geben. "Du weißt, dass du mit mir über alles reden kannst." 

Eigentlich müsste man tatsächlich meinen, ich könnte mit Becca über alles reden, schließlich ist sie bi. Eigentlich müsste sie meine Situation verstehen. Das stimmt so allerdings nicht. Natürlich würde sie mich unterstützen, aber sie hat keine Ahnung über meine Situation. Sie hatte damals überhaupt kein Problem damit, zu akzeptieren, wer sie ist und auch ihre Familie hat ihr nie irgendwelche Vorwürfe gemacht. Sie musste sich nicht einmal outen, ihre Familie weiß es einfach. Also scheidet sie definitiv aus. 

Als ich zurück ins Zimmer komme, ist den anderen wohl der Gesprächsstoff ausgegangen. Die meisten sind bereits umgezogen und liegen auf ihren Matratzen. Ich kann mich jetzt nicht einfach hinlegen, es gibt so viel, worüber ich nachdenken muss. Also sage ich den anderen kurz Bescheid, dass ich noch kurz einmal um den Block spazieren gehe. Izzie springt sofort auf und teilt mir freudig mit, dass sie mit mir kommt, ihr sei eh viel zu warm. Erschrocken blicke ich sie an, so war das nicht gedacht. Hilflos blicke ich in die Runde. Chloe bietet an, auch mitzukommen, doch Izzie lehnt ab. "Nein Quatsch, ich habe heute noch fast gar nicht mit dir geredet, Jess, so habe ich dich noch einmal ganz für mich alleine."

Dieser Satz löst in mir eine Schockstarre aus. Jess geht an mir vorbei in Richtung des Ausgangs. So habe ich dich noch einmal ganz für mich alleine. 

Also ziehen wir uns zusammen die Schuhe an. Genau die Sache, die ich verhindern wollte. Ich kann für nichts garantieren, wenn ich mit ihr alleine bin und habe Angst, dass ich ihr jeden Moment aus Versehen meine Liebe gestehen könnte. Es ist so schön mit ihr zusammen zu sein und gleichzeitig nimmt es mir den Atem und macht mich einfach nur noch traurig. 

Wir treten aus dem Haus und die Tür fällt hinter uns zu. Verzweifelt versuche ich die Tatsache zu ignorieren, dass mir vor Aufregung so schlecht ist, dass ich kaum stehen kann. 

She - Als mein Leben ins Wanken gerietWhere stories live. Discover now