Kapitel 9: Mitten ins Herz

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Mein Herz droht zu explodieren. Den ganzen Tag über habe ich schon entsetzliche Bauchschmerzen. Heute Vormittag hatte ich zusammen mit Izzie Sport und habe die Möglichkeit genutzt, um ihr den Brief in die Tasche zu schmuggeln. Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Ich nehme mir mein Handy und schreibe ihr auf Whatsapp, damit sie den Brief auch findet. Es ist längst zu spät, um noch einen Rückzieher zu machen, jetzt muss ich das auch durchziehen. Meine Hände sind vor Aufregung ganz schwitzig und ich muss mich extrem konzentrieren, um die richtigen Tasten zu treffen. 

J: Hey:) Guck mal in deine rechte Jackentasche, ich habe dir da etwas geschrieben. Lies es bitte.

Wie eingefroren starre ich auf den Bildschirm, als ich sehe, dass sie online kommt. Eine halbe Ewigkeit sehe ich in der Anzeige, wie sie schreibt.

I: Oh, okay... Habe ich irgendetwas falsch gemacht?

Nervös fliegen meine Finger über die Tasten, als ich antworte.

J: Nein, ganz und gar nicht. Es geht eher um mich. Lies ihn einfach, ja?!

I: Ok

Das wars. Ich gehe offline. Am Abend habe ich keine Nachricht, auch die nächsten Tage höre ich nichts von ihr. Ich möchte sie nicht drängen, irgendwann wird sie schon auf mich zukommen. Also lasse ich sie in Ruhe. In der Schule sprechen wir nicht mehr miteinander und immer wenn sich unsere Blicke zufällig treffen, schaut sie weg. Chloe merkt, dass mit mir etwas nicht stimmt und fragt ein paar Mal, aber ich kann ihr keine Antwort geben, zumindest noch nicht. Ich muss warten, bis Izzie irgendetwas sagt.

eine Woche später

Mittlerweile ist eine Woche vergangen und sie hat kein einziges Wort mit mir gewechselt. Gerade laufe ich in meiner Freistunde alleine über den Gang und denke nach, da kommt sie mir entgegen. Unsere Blicke treffen sich und dieses Mal kann sie nicht wegschauen. Es bildet sich eine kleine Falte zwischen ihren Augen, als würde sie fieberhaft überlegen, dann wird sie immer schneller, sodass sie beinahe rennt, als sie an mir vorbei kommt. In dem Moment fasse ich einen Entschluss. Das kann so nicht weitergehen. Ich packe sie am Arm und halte sie fest. "Izzie, ich glaube wir müssen reden." Sie versteift sich und hält inne. Ihr Gesichtsausdruck spiegelt alle Gefühle wieder, die ich gerade auch habe. Irgendetwas zwischen Angst und Wahnsinn.

Sie starrt mich an, dann seufzt sie. "Jess, ich möchte nicht reden, wirklich nicht." So kommt sie bestimmt nicht davon. "Iz, vergiss es." Ich lasse sie los und trete einen Schritt zurück, damit ich ihr in die Augen schauen kann. "Sag mir, was auch immer du denkst, aber rede mit mir. Das bist du mir schuldig. So kann ich nicht weitermachen. Ich kann dich nicht einfach weiterhin ignorieren, wenn ich dir begegne, als wäre nichts. Es führt kein Weg daran vorbei, früher oder später müssen wir reden. Also sprich mit mir!" Sie seufzt erneut und richtet ihren Blick auf den Boden. Dann hebt sie ihre Hand. Ich sehe, wie ihre Finger zittern, als sie diese sanft auf meine legt. Bei der Berührung zucke ich zusammen. Ich sehe, wie sich erneut diese kleine süße Falte zwischen ihren Augen bildet. Unglaublich, dass mir die noch nie aufgefallen ist. "Ich habe dir gesagt, dass ich nicht reden möchte." "Aber, wir...", setze ich an, aber ich komme nicht weiter, denn sie tritt einen Schritt näher und legt ihren Arm um meine Hüfte. Vorsichtig zieht sie mich enger an sich heran. Ihr Blick wandert von meinen Augen zu meinen Lippen und einen unerträglich langen Moment verharrt sie mit ihrem Gesicht kurz vor meinem. Ich traue mich nicht zu atmen, als sie nun meine Hand loslässt und ihre auf meine Wange legt. Bevor sie es sich anders überlegt, schlinge ich meinen Arm um ihren Hals und ziehe sie das letzte Stückchen näher an mich heran, bis sich unsere Lippen berühren.

Ich atme ihren Duft ein und im nächsten Augenblick spüre ich ihre unfassbar weichen Lippen auf meinen. Um den Moment richtig genießen zu können, schließe ich die Augen. Meine Gefühle spielen vollkommen verrückt. Ich weiß nicht, was ich denken soll. Alles was ich weiß, ist, dass das hier wunderschön ist. Und richtig. Genau diese Art von Nähe habe ich mir immer zu ihr gewünscht.
Nach dem Kuss stehen wir einfach dort, eng umschlungen, meine Stirn an ihre gelehnt. Als ich die Augen öffne, sehe ich mitten in ihre und verliere mich in dem tiefen Dunkelbraun. Sie ist wunderschön.

In dem Moment wird die Magie zerstört. Neben uns geht eine Tür auf und Chloe tritt mit meiner Klassenlehrerin heraus. Fuck, denke ich noch. Klar, Chloe hat heute Nachhilfe hier. Daran hätte ich auch denken können. In dem Bruchteil einer Sekunde löst sich Izzie aus meiner Umklammerung und stößt mich von sich. Erschrocken blicke ich sie an, doch mein Blick findet ihren nicht. Dann dreht sie sich um und rennt weg, ohne auch nur ein Wort zu sagen. "Scheiße! Izzie, warte mal eine Sekunde!" Doch sie denkt gar nicht daran und läuft weiter, ohne sich umzudrehen. Ich will ihr gerade hinterherrennen, da tritt Chloe in meinen Weg und starrt mich an.

"Jess, wir sollten reden." 


Uuund ich präsentiere nach 9 Kapiteln ENDLICH den ersten Kuss. Bisher war das alles ja ziemlich depressiv, aber es tut mir Leid, von mir werdet ihr keine wunderschöne "Friede-Freude- Eierkuchen-Geschichte" bekommen. Ich versuche zumindest ein bisschen Realismus beizubehalten. Ich hoffe, der ein oder andere findet sich in meinen Schilderungen wieder. Bleibt dran, ich versuche jeden Tag upzudaten. :) 

She - Als mein Leben ins Wanken gerietWhere stories live. Discover now