FEHLER AN WEIHNACHTEN

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Und schon stand ich an der Türschwelle von Caro. „Du musst mir helfen!". Schließlich erzählte ich die ganze Geschichte mit Paul ein zweites Mal an diesem Tag, aber die Panik war definitiv höher als bei Daniel. Caro beobachtete mitfühlsam meine Reaktionen und hörte mir aufmerksam zu. Und diese Art von Freundschaft schätzte ich so sehr, das konnte ich nicht in Worte fassen. Als ich meine Rede beendet habe, schwiegen wir uns kurz an und ich gab ihr Zeit, meine Seite zu verstehen.

„Hat er dir denn schon etwas geschrieben?", fragte Caro aufmunternd nach. Dabei bezog sie sich auf Daniels Kommentar und Anweisung und jetzt wusste ich auch wieder, warum wir drei uns so gut verstanden.

Sofort sprang mir die Nachricht von meinem Big Boss ins Auge. Komisch, dass selbst er an dem Samstag nach Heiligabend an Arbeit dachte.

Kyle: Komme ab Montag bitte wieder ins Krankenhaus.
Nathan:
Geht klar. Bis Montag!

Neugierig lehnte sich Caro über meinen Bildschirm und lächelte leicht, als sie seinen Namen sah. Die beiden verhielten sich wirklich süß zusammen und ich hoffte, dass sie bald offiziell werden. Ihre Reaktion brachte meinen Stresslevel ein wenig hinunter, doch als ich Pauls Namen sah, fiel mein Lächeln.

7 Nachrichten. In dieser halben Stunde hat Paul mir sieben Nachrichten geschickt und versucht, mich mehrmals anzurufen.

Paul: Hey

Paul: Wo bist du?

Paul: Was habe ich schon wieder falsch gemacht?

Paul: Ich kann nichts falsch gemacht haben. Du hast offensichtlich gelächelt und alles war okay. Bereust du es etwa?

Paul: Dann vergnüge dich ruhig mit jemand anderen

Paul: Weißt du was? Fick dich doch.

Paul: Ich dachte zwischen uns wäre alles okay.

Paul: Komme nicht zurück. Bleibe einfach dort wo du bist.

Ohne seine letzte Anweisung zu beachten, antwortete ich ihm panisch.

Nathan: Ich komme jetzt. Das hier ist alles ein großes Missverständnis. Bitte mache nichts Komisches bevor ich zurück bin.


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Kurz darauf stand ich vor meiner Haustür und wusste nicht, was nun ich machen sollte. Klingeln oder aufschließen? Schließlich meinte er, dass ich fernbleiben sollte und eigentlich müsste ich ja seine Privatsphäre respektieren, vor allem nachdem was ich abgezogen habe. Dennoch ist es mein Zuhause und allein ich habe das Recht zu entscheiden, wer sich dort befinden kann und wer nicht.

Ich schluckte schwer; hoffentlich war er alleine da drinnen. Nach kurzem Zögern ging ich leise in die Wohnung hinein und hörte beim Ausziehen meiner Winterjacke Geräusche, die ich vor ungefähr einem Monat auch gehört habe. Bei Hayley.

Oh nein, bitte nicht.

Mit leisen Schritten lief ich in die Richtung von der das Geräusch kam, denn mittlerweile konnte ich das wirklich sehr gut. Ich hatte mit allem gerechnet, dennoch verletzten mich meine aufkommenden Gedanken und Enttäuschung machte sich in meinem Herz breit. Womit habe ich das alles nur verdient?

Mit Angst und zitternden Händen stoß ich die angelehnte Zimmertür auf. Ich konnte und wollte meinen Augen nicht trauen, denn der Anblick schmerzte so sehr. Paul lag halbnackt über einen unbekannten Typen und schien wahnsinnig vertieft beim Küssen zu sein. Sein entblößter Oberkörper wurde hektisch von den Händen des Fremden ertastet; eine Aktion, die ich erst vor wenigen Stunden selber getan habe. Irgendetwas brach in mir, in der Sekunde, in der ich sie zusammen erblickte.

Ich flüsterte mit gebrochener Stimme: „Nicht schon wieder" und legte meinen Kopf in den Nacken, um vergeblich die aufkommenden Tränen zu stoppen. Mein Hals zog sich zusammen und ich musste ein grausames Geräusch unterdrücken.

Meine Anwesenheit wurde endlich bemerkt, denn Paul und sein Spielzeug sahen auf einmal verdutzt und sprachlos in meine Richtung. Der Typ sah geschockt zu mir und dann zu Paul. Und dann wieder zu mir und dann wieder zu ihn. Erkenntnis spiegelte sich in seinem Gesicht wider und stumm schubste er das halbnackte Arschloch von sich und zog sich in Rekordzeit seine Kleidung an.

Paul schien wie erstarrt und bewegte sich nicht. Seine Augen schweiften weg von mir und er verlor sich in seinen Gedanken. Der Fremde mied weiteren Blickkontakt mit mir und sammelte sich kurz, während er sich mehrmals durch seine kurzen Haare fuhr. Nach kurzem Überlegen schien aber auch ihm der Kragen zu platzen.

„Du bist so ein Arsch, weißt du das? Ja, ich werde bezahlt um Menschen zu befriedigen, aber nicht um jemanden dabei zu betrügen. Das ist so... asozial und illoyal gegenüber deinem Partner. Zwar weiß ich nicht was genau zwischen euch läuft aber...", mit einem schmerzverzerrten Gesicht musterte der Unbekannte meine endlosen Tränen, „...schäm dich, denn selbst ich tue es", zischte der Kerl Paul an und klatschte ihm eine. Dieses Geräusch hallte mehrere Sekunden in meinem Kopf, jedoch bekam ich die Geste nur noch halb mit. Als er an mir vorbeilaufen wollte, blieb er ruckartig stehen.

„Es tut mir leid", flüsterte er reuevoll und ein paar Sekunden später zog er die Haustür knallend hinter sich.

Die Wohnung lag nun in einer ekligen Stille und unbeholfen stand ich am Türrahmen. Mein Schluchzen nahm kein Ende und ich rieb mir mit meinem Unterarm über meine brennenden Augen. Verdammt. Ich hätte es kommen sehen müssen.

Paul, der sich mittlerweile auch wieder angezogen hat, stand auf und bewegte sich langsam zu mir. Anscheinend wollte er nach meiner Schulter greifen, doch ich zuckte im selben Moment nach hinten.

Eine erneute Welle der Panik machte sich in mir breit: ich wollte nicht beschmutzt werden, ohnehin fühlte ich mich schon dreckig genug. Wieso hat er das nur getan? Wie weit sind die beiden miteinander gegangen? War das vielleicht nur das Ende des Aktes? Zu viele Fragen schwirrten durch meinen Kopf und ein stechender Schmerz durchfuhr meine Schläfe. Ich hielt mir benommen meinen Kopf.

„Ich komme irgendwann wieder, stelle bitte nichts Dummes mehr an", murmelte ich und schluckte neu aufkommende Tränen hinunter. Fassungslos ballte ich meine Hände zusammen und hoffte, dass der Schmerz der Fingernägel mich ablenken würde.

Und schon stürzte ich nach draußen. Ich rannte und rannte, bis ich nicht mehr konnte.

„Was habe ich getan, dass mein Schicksal so scheiße zu mir ist?!", schrie ich Richtung Himmel und ließ mich auf eine Bank nieder, auf der ich schließlich mit Tränen mein Bewusstsein verlor. Mir war es egal, was mit mir passieren würde. Einfach nur egal. 




Aus welchem Bundesland/Land kommt ihr? Und wer hätte gedacht, dass Jon zu so einer drastischen Aktion kommt?

- überarbeitet am 30.09.2021

Nathan |  ✓Where stories live. Discover now