7 | Hicks

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Da sie mich bereits kannten, war es einfach sich um die neuen Drachen zu kümmern. Wir badeten sie, untersuchten ihre Zähne und zeigten ihnen ihre neuen Schlafplätze. Danach gab es ein Festmahl an Fischen, welches der Alpha bereitstellte. Als ich beobachtete, wie sie sich fröhlich darüber hermachten, verstand ich nicht, wie man diese Kreaturen als unsere Feinde ansehen konnte. Auch die Sage, dass sie Menschen fressen, war absoluter Blödsinn. Sie liebten Fisch und kehrten den Menschen den Rücken zu, so lange wir sie in Ruhe ließen. Aber Wikinger waren nun mal Sturköpfe.

Am nächsten Morgen sprachen meine Mutter und ich über die Freunde, die sie sich in den letzten Jahren gemacht hat. Sie war bereits weit über den Archipel hinaus geflogen und hatte exotische Inseln mit Tieren gefunden, die sie nie zuvor gesehen hatte. Sie hatte sogar Freunde mit anderen Hautfarben als wir. Ich staunte über ihre Entdeckungen.

»Hast du das irgendwo aufgezeichnet?«, fragte ich sie, interessiert daran diese Orte mit eigenen Augen zu sehen.

Ihre Miene wurde traurig. »Leider nicht. Mein Ziel war es nicht die Welt zu erkunden, ich war nur auf der Suche nach Verbündeten. Tut mir leid.«

Ich lächelte sie an. »Das muss es nicht, dann mache ich das eben selbst.«

Sie kniff ihre Augenbrauen zusammen. »Was genau meinst du?«

»Die Welt kartografieren. Ich möchte mit Ohnezahn die Welt erkunden und alles aufschreiben, was ich finde.«

»Oh? Das ist aber ein ziemlich großes Ziel.«

Ich zuckte mit den Schultern. »Das wird nicht in einem Tag erledigt sein, aber jetzt habe ich mein restliches Leben dafür Zeit. Immerhin muss ich nicht mehr Stammesoberhaupt werden.«

Kurz schien ihr Gesicht in sich hineinzusinken, aber sie fing sich wieder und lächelte mich an. »Allerdings.«

Wir aßen in Schweigen unser Frühstück auf und machten danach die Küche sauber. Ohnezahn spielte mit dem Schrecklichen Schrecken, den ich Scharfschütz getauft habe. Es stellte sich nämlich heraus, dass er brillante Augen hatte und nie sein Ziel verfehlte. Ihn zu trainieren würde viel Spaß machen.

Wir erledigten unsere Morgenaufgaben, die größtenteils daraus bestanden, nach allen Drachen zu sehen. Vor allem in der Brutstätte, immerhin mussten wir sicher gehen, dass es den Neugeborenen gut ging. Danach trafen wir uns wieder in der großen Höhle, wo ich das Thema der Freunde meiner Mutter erneut ansprach.

»Ich würde sie gerne kennenlernen«, sagte ich zu ihr. »Nicht alle auf einmal, aber wenn ich mit dir lebe, möchte ich über deine Beziehungen Bescheid wissen. Vater hat nie viel über die anderen Stämme erzählt. Er hat mich auch nie mitgenommen, meinte, es wären nur langweilige Verhandlungen. Er wollte mich zwar als Oberhaupt, aber die Aufgaben hat er mir nie gänzlich erklärt.«

Meine Mutter lächelte mich traurig an. »Er hätte dir alles gezeigt, wenn du älter bist. Sein Vater hat ihn von klein auf als Oberhaupt erzogen, ihn zu jedem Besuch mitgenommen, ihn täglich trainieren lassen, damit er der Stärkste und Klügste seines Jahrganges wird. Er hatte nicht viel freie Zeit in seiner Jugend, das wollte er bei dir vermeiden.«

»Oh«, bekam ich nur heraus. Jetzt fühlte ich mich schlecht, weil ich meinen Vater derart verraten hatte. Am Ende wollte er doch nur das Beste für mich, schätze ich.

»Was meine Freunde betrifft«, wechselte sie wohlgekonnt das Thema. »Die Insel des Amorla Stammes liegt am nächsten. Wenn du möchtest, können wir einen Tagesausflug dahin machen.«

Was wäre wenn?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt