21 | Hicks

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Astrid staunte nicht schlecht, als sie das gesamte Archipel auf meiner Karte abgebildet sah. Ich erklärte ihr alles, was sie wissen wollte und sie lachte, als ich ihr erzählte, wie ich auf die Namen für die Inseln kam. Bei Juckende Achselhöhle kriegte sie sich fast nicht mehr ein, sodass sie mich mit hineinzog. Es war das schönste Geräusch, was ich jemals gehört habe.

Nachdem sie jede Geschichte von jeder Insel gehört hat, führte ich sie durch die Höhle. Angefangen bei der Brutstätte, in der sie die Babydrachen beobachtete, wie sie ihre ersten Schritte lernten und ihre Flügel ausbreiteten und mit der Mutter kuschelten. Danach gingen wir zurück in die Haupthöhle und eine Treppe runter zur Waschstation, wo sich ein paar Drachen in den Badewannen suhlten, einige durch die Duschen liefen und wieder andere bei der Zahnputzstation in einer Schlange standen. Meine Mutter grüßte uns von dort kurz, bevor sie einem Donnertrommler einen faulen Zahn aus dem Mund zog. Wir kamen auf unserem Weg weiter hinunter an den Futterstationen vorbei, die mit Fischen gefüllt waren. Hähnchen gab es bei uns selten, da Hühner nicht wirklich in der Nähe einheimisch waren und wir sie hier nicht züchten konnten. Die Drachen freuten sich aber über jeden Fisch, den sie fressen konnten.

»Die Maschinen hast du gebaut, oder?«, fragte Astrid, während wir am Meerwasser am Boden der Haupthöhle entlangliefen. »Sie erinnern mich an die, die bei den Amorlas stehen.«

Ich nickte. »Ja, ich habe sie alle entworfen und beim Bau geholfen. Die bei den Amorlas sind bereits eine Version weiter, da ich dort so lange gelebt habe und mir immer wieder Verbesserungen eingefallen sind. Hier müssen sie noch ausgebaut werden, was ich vorhatte, wenn ich zurück bin. Du kannst mir helfen, wenn du möchtest.«

Sie sah mich an. »Das fragst du noch? Natürlich!« Ihr Enthusiasmus ließ mich lächeln.

Neben uns im Wasser schwammen Glutkessel und Donnertrommler umher, auf der anderen Seite konnten wir ein paar Gronckel und Wahnsinnige Zipper spielen sehen. Wir erreichten das Ende und bogen um die letzte Ecke. Astrid, wie ich erwartet hatte, blieb wie erstarrt stehen und schaute mit weit aufgerissenen Augen geradeaus. Ihr Kopf hob sich, bis sie den Drachen vor sich richtig sehen konnte. »Heilige Götter ...«, hörte ich sie murmeln.

Ich kam nicht drumherum, ich musste grinsen. Sie zu schockieren war wohl mein neues Hobby. »Das ist der große Überwilde, der Alpha aller Drachen«, erklärte ich ihr. »Er ist sozusagen deren Häuptling und kann sie alle beeinflussen, wenn er es will. Außer die Babydrachen, die hören nämlich auf niemanden.« Der Überwilde richtete seine Aufmerksamkeit auf uns, ließ sich weiter ins Wasser sinken und beugte seinen Kopf zu uns hinab. »Das ist der Moment, in dem wir uns hinknien sollten.«

Trotz des Erstaunens, gelang es Astrid auf ihre Knie zu fallen, wortwörtlich, denn sie schaute ihn immer noch mit großen Augen an und schien nichts wahrzunehmen außer meine Stimme. Er sah sie genauso interessiert an, immerhin war es fünf Jahre her, dass er einen neuen Menschen gesehen hat. Wie damals bei mir, stieß er einen kühlen Luftzug aus und bedeckte Astrid somit mit Schnee. Sein Zeichen, dass er sie akzeptierte. Es schien sie aus ihrer Trance herauszuholen, denn sie schüttelte ihren Kopf.

»Wow.« Sie fuhr sich gedankenverloren durch ihre noch leicht von Schnee bedeckten Haare. »Also hat er diese Höhle errichtet? Er hat kein Feuer sondern Eis.«

Mein Magen kribbelte aus einem unerklärlichen Grund. »Ja, vor zwanzig Jahren, als Wolkenspringer meine Mutter zu ihm brachte. Zusammen fanden sie diesen Felsteil mit dem Höhlensystem, er hat es mit Eis befestigt und verstärkt und seitdem leben sie hier.«

Der Überwilde blickte einmal zu mir und entfernte sich dann von uns. Wahrscheinlich holte er weitere Fische aus den Tiefen des Meeres, um die Futterstationen wieder aufzufüllen. Astrid schaute ihm noch eine Weile zu, bevor er unter der Wasseroberfläche verschwand und blickte zu mir. »Gibt es noch mehr zu sehen?«

Was wäre wenn?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt