Tränen

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  Anyas POV

„Wieso kam nicht mehr von ihr, als eine Umarmung?" fragend sah mich Raven an, als wir in meinem Bett lagen.
„Weil sie der Commander ist" lächelte ich, während ich mit einer ihrer Haarsträhnen spielte.
„Aber du bist ihre Schwester Anya" kam es ruhig von Raven, als sie sich auf den Bauch legte um besser zu mir sehen zu können.
„Sie ist seit fast fünf Jahren der Commander. Seit fast fünf Jahren bin ich als eine ihrer Kriegerinnen an ihrer Seite. Ich habe sie ausgebildet. Ich habe sie zu dem gemacht was sie heute ist. Der Tod von Costia und die Angst mich zu verlieren hat noch mehr dazu beigetragen, da sie keine Gefühle zeigen kann. Wenn sie Schwäche in irgendeiner Form zeigt, wird sie getötet. Deswegen hat sie nicht beim Tod unserer Mutter vor sieben Jahren geweint. Deswegen hat sie nicht geweint, als sie vom Tod von Costia erfahren hat. Und ich weiß auch, dass sie nicht geweint hat, als sie von meinem 'Tod' erfahren hat und als sie Gustus getötet hat" erklärte ich ruhig und sah Raven auch so an.
„Du warst da?"
„Ja, ich habe auch gesehen was sie mit dir gemacht haben" Raven legte ihren Kopf auf meine Brüste und ich legte meinen Arm um ihren Rücken, während ich mit meinen Fingern über ihre Taille fuhr.
„Weißt du was gut daran ist, dass alle wissen, dass du noch lebst?"
„Nein was?" lachte ich und zog die Decke über uns.
„Wir müssen nicht mehr nackt auf dem Waldboden liegen um nach dem Sex noch etwas beisammen sein zu können" laut lachte ich und zog die Kleinere näher an mich ran.
„Du bist verrückt"
„Mhm möglich" sanft hauchte sie mir ein paar Küsse auf mein Schlüsselbein, während sie eines ihrer Beine zwischen meine legte.
Lächelnd schloss ich meine Augen und blieb einfach so mit ihr liegen.
Ich wusste, dass Lexa morgen eh mit mir reden wollen würde, weil ich ihr nicht sagte, dass ich noch lebte.
Aber sie hatte es auch gut ohne mich hinbekommen.
„Schlaf gut" hauchte ich und gab ihr einen Kuss aufs Haar, während sie sich näher an mich kuschelte und wir beide nur wenig später so einschliefen.


Als ich am nächsten Morgen wach wurde, lag Raven immer noch halb auf mir und war am schlafen.
Lächelnd strich ich ihr eine Strähne aus dem Gesicht, ehe ich vorsichtig aufstand und mich anzog.
„Wohin?" ich blickte zu Raven, die mit halb offenen Augen zu mir blickte.
„Mit Lexa reden" müde nickte sie, als sie ihre Augen wieder schloss.
„Schlaf du noch etwas. Der Weg hier her war lang" sanft legte ich meine Lippen auf ihre und legte meine Hand auf ihre.
„Ai hod you in" murmelte sie im halb Schlaf gegen meine Lippen, was mich leicht lächeln ließ.
„Ai hod you in seintaim" hauchte ich gegen ihre Lippen, ehe ich wenig später das Zimmer verließ.
Gerade als ich das Haus verlassen wollte, hört eich draußen meine Schwester, die sich mit jemandem am Unterhalten war.
„Als ich dich zurückgelassen habe am Berg, dies hat mich genauso sehr verletzt, wie es dich verletzt hat" hörte ich meine Schwester sagen, bevor sie wohl ging, da ich hörte, wie jemand vom Haus wegging.
Als ich das Haus verließ, blickte ich zu Clarke, die vor diesem auf dem Boden saß und in eine Richtung blickte.
Jetzt wusste ich zu mindestens mit wem sich meine Schwester unterhalten hatte.
„Welche Richtung?"
„Geradeaus und dann links" ich nickte, ehe ich meiner Schwester auch schon nach ging.
Ich wusste genau wo sie hin ging.
Es dauerte auch nicht lange, da hatte ich meine Schwester gefunden.
Voller Wut schlug sie auf eine Heupuppe ein, die wir auf dem Trainingsplatz hatten, damit die jungen Krieger trainieren konnten.
„Lexa hey" ich hielt ihren Arm fest, ehe sie das Ding noch ganz aus einander nahm.
„Lass mich los verdammt" zischte sie, doch ließ ich meine Schwester nicht los.
„Wieso muss das alles so schwer sein" kam es schwer atmend von ihr und ich spürte wie sie leicht zitterte.
So langsam brachen wohl auch bei ihr die Dämme.
„Lexa, Kleines, du wusstest was auf dich zu kommt" sprach ich ruhig, während ich meine Arme vorsichtig von hinten um sie legte.
Es war sechs in der Früh, um die Zeit war eigentlich noch keiner auf den Beinen.
Keiner sollte meine Schwester so sehen.
Das würde ihr nicht gut tun.
„Ja, aber keiner hat mir gesagt, dass es so hart wird. Gott Anya, ich bin 25. Meine Eltern sind tot, Costia ist wegen mir tot. Dich habe ich für über drei Monate für tot gehalten. Ich musste Gustus töten obwohl ich ihn kannte seitdem ich zehn bin. Und Clarke? Sie hasst mich für das was ich getan habe. Ich kann das nicht mehr" und kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, brach meine Schwester weinen in meinen Armen zusammen.
Langsam setzte ich mich mit ihr auf den Boden und hielt sie in meinen Armen.
Das letzte Mal geweint hatte sie, da war sie 13 gewesen.
Sie hatte sich den Arm gebrochen und tierische Schmerzen gehabt.
Seitdem habe ich sie nicht mehr weinen sehen.
Egal was auch geschehen war.
Schmerzen die ihr zugefügt wurden oder die Tode, die sie gerade aufgezählt hatte.
Irgendwann mussten ja die Dämme bei ihr brechen.
„Shhh" ich zog die Kleinere näher an mich ran und hielt sie einfach im Arm.
Lexa vergrub ihr Gesicht in meinem Hals und krallte sich in meine Jacke.
„Wieso bist du nicht eher aufgetaucht Anya? Wieso hast du mich so lange alleine gelassen?"
„Ich war immer bei dir Lexa, ich war immer an deiner Seite, auch wenn du mich nicht gesehen hast" sprach ich ruhig und nahm ihr Gesicht in meine Hände.
Sanft wischte ich ihr die Tränen weg und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn.
„Atme tief durch" ruhig sah ich sie an und tief atmete meine kleine Schwester durch.
„Besser?"
„Nein" schluckte sie, ehe sie sich wieder an mich lehnte.
Ich legte meine Arme um sie und bleib einfach so mit ihr sitzen.
Sie musste wohl einfach mal alles raus lassen.
„Wir sollten aber woanders hin gehen. Die ersten werden wach" hauchte ich und kurz nickte sie.
Vorsichtig nahm ich sie auf den Arm und lief mit ihr den schnellsten Weg hinter unser Haus.
Dahin kam nie einer.
Nicht wenn Lexa es nicht wollte.
Dort setzte ich mich mit ihr unter die Eiche unter der wir immer mit unseren Eltern gepicknickt hatten und lehnte mich gegen den Baum.
Lexa lehnte sich einfach gegen mich und versuchte langsam runter zu kommen.
Ich würde ihr jetzt die Zeit geben, die sie brauchte.
Seit sechs Jahren hatte sie all ihre Gefühle für sich behalten.
Nicht einmal nachts hatte sie geweint.
Sie war immer stark gewesen und durfte sich auch einmal so einen Schwachen Moment gönnen.
Ja, sie würde dafür umgebracht werden, wenn sie jemand sah, aber keiner kam nach hier hinten.
Und wenn, würde ich einfach sagen, sie sei am schlafen.
Denn so sah es gerade nun mal auch aus.

„Lex?"
„Mh?" kam es müde von ihr, ehe sie zu mir sah.
„Rede mit Clarke" verwirrt sah sie mich an.
„Ich habe gehört, was du draußen zu ihr gesagt hast"
„Alles?" ich schüttelte meinen Kopf und wischte ihr die letzten Tränen weg, nachdem sie sich nach fast einer Stunde beruhigt hatte.
„Sie hat das Messer und das Schwert mit dem Nia Costia getötet hat"
„Glaubst du wirklich, dass Clarke dies bewusst machen würde?" fragend sah ich die Kleinere an.
„Nein" hauchte sie und kurz nickte ich.
„Und du hast ihr doch schon gesagt, dass es dir genauso weh getan hat, sie stehen zu lassen. Erkläre ihr in Ruhe, wieso du es getan hast. Sie wird es verstehen Lexa. Nur rede mit ihr, bevor du wieder durch den Druck weinend zusammen brichst und es diesmal vor all deinen Kriegern tust" sprach ich, ehe wir beide auch schon aufstanden.
„Ich weiß unter was für einen Druck du stehst Lexa. Ich habe dich ausgebildet. Aber Clarke weiter wegzustoßen wird es schwerer machen"
„Seit wann solche Worte von dir" lachte sie leicht und atmete tief durch.
An ihren roten Augen sah man, dass sie geweint hatte, aber dies würde auch gleich verfliegen.
Gerade wollte ich antworten, da hörte ich Raven, die nach mir rief.
„Anya?" sie blickte aus dem Fenster und sah zu uns runter.
„Oh, ich wollte nicht stören"
„Schon gut, ich komme gleich" lächelte ich und schon war sie wieder im Zimmer verschwunden und machte das Fenster zu.
„Weil ich jemanden gefunden habe, der mich versteht so wie ich bin"
„Raven?" misstrauisch zog sie eine Augenbraue hoch und leicht lachte ich.
„Ja Raven und sie versteht auch dein Handeln auch wenn sie dich zu Anfang gerne getötet hätte. Aber wir kommen vom Thema ab. Rede mit Clarke. Mach es für dein eigenes Wohl Lexa. Das wird dir gut tun" wieder hauchte ich ihr einen Kuss auf die Stirn, ehe ich gehen wollte.
„Anya?"
„Ja Kleines?" ich drehte mich zu Lexa und blickte direkt in ihre Augen.
Sie hatte die gleichen Augen wie unsere Mutter.
Durch sie würde sie definitiv weiterleben auch wenn es ihr vielleicht noch nicht bewusst war.
„Schön, dass du wieder da bist" ein leichtes Lächeln spiegelte sich auf ihren Lippen und auch ich musste lächeln.
„Schön, dass du dich nicht hast töten lassen" zwinkerte ich ihr zu, ehe ich auch nur wenig später wieder rein ging.  

If You Love Me, Why'd You Leave Me?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt