Kapitel 6:

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Während des Fluges schlief ich die meiste Zeit. Am Anfang starrte ich noch die ganze Zeit aus dem Fenster, konnte nicht begreifen, dass nun Alles in Deutschland vorbei war. Als wir dann abhoben, kribbelte es in meinem Bauch. Die Worte der Stewardess hatten mich beruhigt, vielleicht sollte ich es wirklich als kleines Abenteuer ansehen, dass nun einmal länger als nur ein paar Wochen ging. Mein Leben würde sich nun ändern, aber es war vielleicht gar nicht so schlimm, dass ich was anderes erlebte. Mit diesen positiven Gedanken schlief ich nach den ersten 10 Minuten in der Luft ein und wachte erst wieder auf, als wir schon wieder festen Boden unter den Füßen hatten.

Ich war froh, dass ich direkt weggenickt bin, denn sonst wäre ich da oben wahnsinnig geworden. Fliegen machte mir nichts aus, aber ich konnte nicht lange auf so einem kleinen Raum absolut nichts tun.

Das ganze Flugzeug brach in Hektik aus und Jeder kramte nach seinen Sachen über seinen Köpfen und unter den Sitzen. Gemütlich hingegen zog ich mir meine Schuhe wieder an, packte meinen Kram zusammen und wartete, bis die ersten hinaus gingen, damit wir durchkamen. Noch ein letztes Mal kontrollierte meine Mutter, ob wir auch nichts vergessen hatten, bevor wir zum ersten Mal in unserem Leben England betraten.

Die kalte, verregnete Luft stieß mir ins Gesicht und schlagartig wurde mir kalt.

»Das typisch englische Wetter, herrlich! « rief mein Vater und schaute zufrieden zu uns zurück. Mein Bruder und ich schauten uns nur genervt an, auch ihm schien die Freunde meiner Eltern auf den Sack zu gehen.

Wir gingen zu dem Bus, der uns abholte und ins Gebäude brachte. Ich stöpselte mir meine Kopfhörer ins Ohr und versuchte meine gute Laune, die ich eben im Flieger noch hatte, wieder zu finden. Die Musik beruhigte mich. Du musst dich damit abfinden, du musst es akzeptieren, ging es mir durch den Kopf. Wieso konnte ich mich eigentlich nicht freuen, jetzt wo ich schon da war. Es gab diese kleinen Momente, wo ich doch ganz glücklich war, aber ich fand immer wieder ein Argument, was das Alles hier schlecht machte.

Meine Eltern verhielten sich nun eher ruhig, mein Bruder verstand mich und deshalb hatte ich auch vor, nachher mit ihm darüber zu sprechen. Der Bus wurde langsamer und wir wurden von einem Mann zu unseren Koffern gebracht. Es dauerte nicht lange, bis unsere auf dem Band kamen. In der Zwischenzeit hatte mein Vater das Mietauto abgeholt und wir konnten zu unserem Haus fahren. Ich wurde dieses Gefühl nicht los, dass es mir langsam doch zu gefallen schien.

Erst hatten wir Probleme, überhaupt ein paar Meter vorwärts zu kommen, da niemand von uns an den Rechtsverkehr gewöhnt war. Mein Vater nahm sich also ein Navigationssystem zur Hilfe. In 31 Minuten sollten wir da sein. Ich wurde immer nervöser, wie würde das Haus aussehen? Würde ich es mögen? Wohnten dort auch Mädchen in meinem Alter? All das würde sich in der nächsten Stunde klären.

Während wir noch den letzten Kilometer fuhren, schaute ich mir die Umgebung an. Wir waren tatsächlich mitten in London, überall waren Geschäfte, die ich sonst nur aus dem Internet kannte, Menschen ohne Ende und dieser typische, englische Flair. Ich kannte es bisher nur aus Filmen, aber diese Stadt schien mir auf an hieb zu gefallen. Wir wurden langsamer und bogen rechts in eine kleine Straße an. Überall standen große, wuchtige Villen, ich fühlte mich etwas unwohl. Wir passten doch gar nicht hier rein, wir waren eine stink normale Familie. Mein Bruder schien sich das Selbe zu denken, wenn ich seinen Blick richtig deutete.

»Willkommen in unserem neues zu Hause! « rief meine Mutter und schlug sich ihre Hände vor ihr Gesicht. Als ich das Haus ins Auge fasste, viel mir meine Kinnlade regelrecht runter. Vor uns lag die größte Villa in dieser Straße. Die Fassade war aus weißen Backsteinen, ein riesigerer Balkon mit weißen Säulen als Geländer schwebte mehrere Meter über der großen Haustüre. Ein kleiner Garten war vor dem Haus, mit einer Auffahrt, auf die wir nun fuhren. Die Garage öffnete sich auf Knopfdruck. Wir stiegen aus, doch ich konnte nicht glauben, was ich da sah. Dieses Haus war der Wahnsinn. Mit weichen Knien ging ich ein paar Schritte vorwärts, alles sah so idyllisch aus und trotzdem so pompös und zurückhaltend.

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