Kuss im Regen

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Sie waren mal wieder in London unterwegs, da Lestrade vor einer halben Stunde angerufen hatte. John hätte den Tag lieber mit Sherlock in ihrer Wohnung verbracht, aber er konnte verstehen, dass Sherlock sich über einen neuen Fall freute. Wenn es wenigstens nicht wie in Strömen regnen würde.

Sie saßen im Taxi und Sherlock las sich schnell die Informationen durch, die Lestrade per SMS geschickt hatte. John sah aus dem Fenster und wendete ab und zu den Kopf zu Sherlock. Sherlock erwiderte den Blick nicht, da er sich auf den Fall konzentrieren wollte. Und ein Blick in Johns blaue Augen würde seine Konzentration garantiert zunichte machen.

Seit gut einer Woche hatten sie keinen Fall mehr gehabt. Sie waren nicht die ganze Zeit in der Wohnung gewesen, aber Sherlock hatte trotzdem das Gefühl, dass er ganz dringend raus musste. Also kam dieser Fall gerade recht, auch wenn es kein allzu anspruchsvoller war.

Nichtsdestotrotz war die vergangene Woche auch ohne Fall schön gewesen. Sie waren essen gewesen, hatten ferngesehen oder einfach auf der Couch gekuschelt. Einmal hatte Sherlock versucht, John Geige spielen beizubringen. Aber das hatte nicht wirklich funktioniert.

Unwillkürlich musste Sherlock lächeln, als er sich an diesen Tag erinnerte. John sah das Lächeln, aber er wollte Sherlock nicht weiter stören, deswegen drückte er nur kurz Sherlocks Hand. Doch auch der konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, als er auf ihre verschränkten Hände guckte.

Nach ein paar Minuten kamen sie am Tatort an und gingen zu Lestrade, der bei der Leiche auf sie wartete. John stellte sich neben Lestrade unter den Regenschirm, auch wenn er durch den kurzen Gang vom Taxi zur Leiche bereits klitschnass war. Sherlock machte dies scheinbar nichts aus, denn er kniete sich direkt neben die Leiche. Er begutachtete sie kurz und sagte dann zu Lestrade: "Der Liebhaber ist ihr Mörder."

Sie waren nicht mehr erstaunt, wenn Sherlock einfach sagte, wer der Mörder war, aber Lestrade bestand trotzdem darauf, dass er seine Schlussfolgerung erklärte. Deswegen erzählte Sherlock, dass es der Liebhaber der Frau gewesen sein musste, da ihr Ehering häufig abgezogen worden war und die Kopfverletzung, die zum Tode geführt hatte, auf ein persönliches Motiv hindeutete.

Sherlock verließ den Tatort und John verabschiedete sich noch schnell von Greg, bevor er hinter seinem Freund herlief.

"Wir hätten einen Regenschirm mitnehmen sollen", sagte John als er Sherlock eingeholt hatte.

Sherlock antwortete nicht, er war in Gedanken versunken.

Sie gingen eine Weile nebeneinander her und John wollte gerade vorschlagen, dass sie sich ein Taxi nehmen und nach Hause fahren könnten, um endlich aus diesem Regen rauszukommen, als Sherlock plötzlich stehen blieb.

John ging noch ein paar Schritte weiter und blieb auch stehen, nachdem er gemerkt hatte, dass Sherlock nicht mehr neben ihm war. Er ging zurück zu ihm und schaute ihn fragend an.

"Ehrlich gesagt, tut es mir leid, John."

Erstaunt sah John ihn an. "Was tut dir leid?"

"Dieser Fall war es nicht wert, jetzt hier im Regen zu stehen."

Da musste John ihm allerdings zu stimmen. Immerhin hatte Sherlock den Fall innerhalb einer halben Minute gelöst und John konnte deutlich fühlen wie eiskalte Regentropfen unter seinen Mantel gelangten und ihm den Rücken runterrannen.

Ihn fröstelte und er schaute Sherlock an. Dessen dunkle Locken hingen verklebt an seiner Stirn und er erwiderte Johns Blick.

Johns Blick wurde weich und er verringerte den Abstand zwischen sich und Sherlock.

"Du musst dich nicht entschuldigen, Sherlock", sagte er sanft. "Ich hab doch gesehen wie du dich gefreut hast, als wir einen neuen Fall hatten. Egal, wie simpel er auch gewesen sein mag. Du hast dich gefreut und das war es wert gewesen."

John stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste Sherlock. Dieser schloss die Augen und erwiderte den Kuss. Sherlock legte eine Hand an Johns Wange, die andere auf Johns Rücken, und zog ihn näher zu sich.

Nach einer Weile unterbrachen sie den Kuss. Beide mussten lächeln. John spürte eine Gänsehaut am ganzen Körper, die nicht von der Kälte herrührte. Sherlock guckte ihn mit leuchtenden Augen an und beide fühlten eine angenehme Wärme in ihrem Innern.

Sherlock beugte sich noch einmal runter und küsste John kurz, der mit einer Hand in Sherlocks Haare griff.

"Komm, ich ruf uns ein Taxi, wir fahren nach Hause und werden diese nassen Klamotten los."

John fand Sherlocks Vorschlag sehr schön und er nickte. Er drückte Sherlock nochmal kurz und hauchte ihm einen weiteren Kuss auf den Mund, bevor dieser einem Taxi winkte.

Sie kletterten so schnell sie konnten in das Taxi und John seufzte erleichtert, als ihn die angenehme Wärme des Taxis empfing.

John und Sherlock saßen eng beieinander, erneut mit verschränkten Händen. John strich Sherlocks Haare zärtlich aus seinem Gesicht und küsste ihn auf die Wange. "Ich liebe dich", flüsterte er.

Sherlock sah seinen Blogger liebevoll an und ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus.

"Ich liebe dich auch, John."

Beide grinsten nun breit und genossen den Rest der Fahrt schweigend. John legte seinen Kopf auf Sherlocks Schulter und Sherlock lehnte seinen Kopf gegen Johns.

Sherlock schloss entspannt die Augen und war einfach froh, John so dicht bei sich zu haben. Er musste wieder lächeln, als er an den Moment eben dachte und beschloss diesen in einen besonderen Teil seines Gedächtnispalastes zu verwahren. Johns Teil.

John nahm viele Räume ein. Ihre gemeinsamen Fälle, ihr erster gemeinsamer Fall. Ihre gemeinsamen Abenteuer. Das erste Mal als John gesagt hatte, dass er ihn liebt. Die ersten Momente, nachdem sie zusammen gekommen waren. Ihre ganze gemeinsame Zeit. Und nun konnte er ihren ersten Kuss im Regen hinzufügen.

John hatte vielleicht keinen Gedächtnispalast, aber auch er war sich sicher, dass er ihren ersten Kuss im Regen nicht vergessen würde.

Beide lächelten zufrieden und rückten noch enger zusammen, während sie glücklich versunken in der Erinnerung aus dem Fenster sahen.

One Shots Johnlock (German)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt