Kapitel 5

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Zwei weitere Tage sind vergangen seitdem Narie das Angebot der Karrieros abgelehnt hatte. Seitdem war immer einer der vier in ihrer Nähe. Wieso wusste sie auch nicht. Sie hatte aber das starke Gefühl, dass sie etwas über ihre Stärken und über ihre Schwächen herausfinden wollen, überwachen was Narie gut kann und was nicht, um so einen Vorteil für die Arena zu bekommen.
Heute sind die Einzeltrainings und am Nachmittag finden die Punktevergaben statt. Dort hat jeder der Tribute kurz Zeit sein Können unter Beweis zu stellen und wird dann mit einer Punktzahl von 1 bis 12 bewertet, je höher die Punktzahl, desto besser. Die Karrieros bekommen meist sehr hohe Punktzahlen, die anderen eher mittel bis schlechte. Je höher die Punktzahl ist, desto größer ist die Chance, dass man in der Arena mit Sponsorengeschenken ausgestattet wird.
Als Narie am morgen auf steht ist sie fast schon motiviert, denn sie weiß schon genau, was sie den Spielmachern zeigen wird. Als Erstes wird sie ein paar Pfeile abschießen und dann will sie noch eine Überlebensstation machen um den Spielmachern zu zeigen, dass sie nicht nur eine Sache kann.
Narie geht diesen Morgen wieder duschen, sie hatte es gestern nach dem letzten Trainingstag nicht mehr geschafft.
Blight und Johanna sitzen schon am Frühstückstisch als Ian den Raum betritt.
»Guten Morgen, Ian.«, begrüßt Johanna den kleinen Jungen fröhlich, während Blight nur grüßend die Hand hebt, da er gerade sein Brötchen im Mund hatte.
»Mit wem von uns möchtest du heute dein Einzeltraining verbringen? Mit Johanna oder mit mir?«, fragt Blight als er aufgekaut hat. Ian überlegt einen Moment lang.
»Ich weiß, dass Narie deine beste Freundin ist und lasse euch jede Minute die ihr miteinander verbringen könnt noch zusammen haben, deshalb trainiere ich mit Johanna, okay?«, Ian sieht erst Blight, dann Johanna an.
Einen Moment lang ist Blight gerührt, dass Ian so etwas macht, dann wird er traurig, weil er weiß, dass seine beste Freundin in zwei Tagen in der Arena um ihr Leben kämpfen muss.
»Danke.«, bringt er nur heraus, dann steht er auf. Er weiß nicht wieso, aber er möchte jetzt unbedingt alleine sein.
Nach dem Frühstück, Blight war wieder aufgetaucht, als Narie aus ihrem Zimmer kam, trennen sich die beiden Tribute und gehen mit ihrem jeweiligen Mentor in einen Teil des Trainingsraumes.
Narie und Blight beginnen damit, dass jeder sich ein Schwert schnappt und beide gegeneinander kämpfen, so wie sie es immer getan haben. Nach unzähligen Übungskämpfen von denen Narie die meisten gewonnen hatte gehen sie weiter zu der Messerwurfstation und danach zum Bogenschießen. Dort macht Blight nichts, denn Narie kann das Alles schon alleine.
Er weiß, dass sie gut ist, vieles hatte er ihr schließlich selber beigebracht. Damals als sie mit 14 Jahren vor ihm stand, als er von den Spielen kam. Sie hatte ihn damals so lange genervt, bis er eingewilligt hatte. Ohne da sie es wusste hatte sie ihm damit sehr geholfen, denn er konnte so seine Erlebnisse aus der Arena vergessen und verarbeiten. Er trainierte sie, brachte ihr Alles bei was er wusste und die Beiden wurden schnell beste Freunde.
»Blight?«, Naries Hand wedelt vor seinem Gesicht rum. Er schreckt auf.
»Tut mir Leid.«, meint er nur und sieht zu den Übungspuppen. Alle Pfeile haben genau getroffen.
»Was war denn los?«, fragt sie während die Beiden zu einer der Überlebensstationen rüber laufen.
»Ich war nur in Gedanken.«, gibt er ausweichend zurück. Narie lacht leise.
»Das hab ich gemerkt. Woran hast du gedacht?«, die Schwarzhaarige sieht zu ihrem besten Freund auf.
»An unser Training damals. Daran wie du mich gerettet und abgelenkt hast.«, gibt er leise zurück und bleibt stehen. Narie hält auch an.
»Ich will dich nicht verlieren.«, flüstert er und nimmt sie in den Arm.
»Es tut mir so Leid.«
Narie spürt die mordlustigen Blicke der Karrieros als sie den Raum betritt. Zusammen mit Ian setzt sie sich schnell auf ihren Platz.
Alle Tribute versammeln sich in dem Raum vor der Trainingshalle und werden einzeln aufgerufen.
Die erste die aufgerufen wird ist Glimmer.
Nach ihr geht Marvel durch die schwere Tür. Dann Clove, Cato und immer so weiter.
Dann ist Narie dran.
Als ihr Name aufgerufen wird holt sie einmal tief Luft und geht mit erstaunlich sicheren Schritten durch das Tor. Sie weiß ganz genau, wie wichtig diese Punkte für ihr Überleben sind. Wenn sie eine niedrige Punktzahl bekommt, dann bekommt sie keine Sponsoren und davon hängt ihr Leben ab. Narie läuft direkt auf die Bogenstation zu, denn diese möchte sie auf jeden Fall fertig bekommen, falls ihr die Zeit nicht mehr reichen sollte. Obwohl den Tributen am Anfang gesagt wird, dass die Überlebenstechniken genau so wichtig sind wie die Kampftechniken werden die Kämpfe besser bewertet. Narie ist froh, dass sie den Bogen schon einmal in der Hand hatte und so nimmt sie ohne lange zu überlegen den ersten Pfeil und schießt. Genau in die Mitte. Alle ihre Pfeile treffen. Die Spielmacher die ihr Aufmerksamkeit schenken, was nicht mehr viele sind, nicken beeindruckt. Doch die Meisten beachten sie nicht einmal. Das Mädchen wird wütend. Von diesen Menschen hängt ihr Überleben ab und sie interessieren sich eher für ein totes, gegrilltes Schwein. Wütend schnappt Narie sich den letzten Pfeil, den sie gerade schießen wollte und dreht sich zu den Spielmachern um. Ohne lange zu zielen schießt sie dem Schwein den roten Apfel aus dem Maul. Apfel und Pfeil bleiben in der Wand stecken und alle Blicke liegen auf ihr. Es ist gespenstisch ruhig.
»Danke... für ihre Aufmerksamkeit.«, mit einer spöttischen Verbeugung sieht sie zu den Spielmachern, knallt den Bogen in den Halter und verlässt wütend den Raum. Erst im Nachhinein fällt ihr auf, dass diese Aktion durchaus Konsequenzen haben könnte. Bereuen tut sie es nicht. Es war riskant, das weiß sie. Aber sie weiß auch, dass sie treffsicher ist.
Nur nebensächlich nimmt sie die Karrieros wahr, die zu ihr in den Aufzug steigen als sie nach oben fährt. Glimmer und Marvel. Da sich die Tribute mehrere Stockwerke unter der Erde befinden wird die Fahrt wahrscheinlich mehrere Minuten dauern, denn der Aufzug hält in jedem Stockwerk an. Glimmer erzählt Marvel aufgeregt was Cato heute beim Training zu ihr gesagt hat, wobei Narie da gar nicht richtig zu hört. Wie kann ein Mensch so gekünstelt reden? Wie kann jemand nicht merken, wie sehr sie Marvel mit ihrem Gerede nervt? Der Junge lehnt sich entnervt an die Wand. Kann dieses Mädchen nicht ein mal die Klappe halten? Schon seit mehreren Stunden redet sie ununterbrochen. Alleine bei dem Gedanken das in der Arena ertragen zu müssen, überlegt Marvel, ob sie nicht die Erste ist, die er umbringen soll. Wobei er nicht geplant hatte seine Verbündeten zu töten. Er ist ein Karriero ja, aber trotzdem auch nur ein normaler Mensch. Und seine Verbündeten im Schlaf zu töten ist garantiert unmenschlich, selbst für einen Karriero.
Glimmer bemerkt gar nicht, dass sie seit ihrer Ankunft alle hier mit ihren Erzählungen nervt. Aber sie ist froh, dass sie etwas Zeit mit Marvel verbringen kann. Manchmal da braucht sie einfach jemanden zum Reden und er hört sich immer bereitwillig ihre Schwärmerei über Cato an. Dass er ihr eigentlich nicht zu hört, sondern immer nur auf stumm schaltet, bekommt sie nicht mit.
Erleichtert seufzt Narie auf als sich die Tür hinter den beiden Karrieros schließt. Es ist kein Geheimnis, dass sie die Tribute aus 1 und 2 nicht leiden kann. Und Glimmers Gerede darüber, wie toll Cato doch ist, trägt nicht gerade dazu bei, dass Narie etwas anders von den Karrieros denkt als sie es im Moment tut. Nämlich, dass sie strohdumm sind. Ihre Fahrt nach oben in ihr Appartement verläuft ohne weitere Zwischenfälle und oben steigt sie aus. Sie nickt Lorena zur Begrüßung kurz zu, diese macht allerdings sofort Anstalten aufzuspringen und Narie über ihr Training und ihre Vorführung auszufragen.
»Ich erzähl es dir, wenn Ian da ist.«, sagt Narie nur und geht einfach weiter in ihr Zimmer. Dort zieht sie die Trainingskleidung aus. Als sie wieder normale Kleidung trägt lässt sie sich auf das Bett fallen. Narie hat keine Lust auf die Interviews morgen, denn sie weiß, dass sie sympathisch wirken muss. Und sie war leider nie eine gute Schauspielerin, zumindest nicht was ihre sympathische Ausstrahlung betrifft.
Sie schreckt aus ihrem Halbschlaf auf als es an der Tür klopft.
»Ja?«, gibt sie zurück und steht schwerfällig aus dem Bett aus.
»Die Punktevergaben beginnen gleich. Du willst doch sicherlich deine Punkte wissen.«, Johannas Stimme ertönt durch die Tür.
»Ich bin sofort da.«, gibt Narie zurück und bindet sich die Haare hoch. Die Punkte sind so ziemlich das Einzige was sie interessiert, also will sie das auf keinen Fall verpassen. Als sie den Raum betritt erklärt Caesar Flickermann gerade, dass die Tribute mit Punkten von eins bis zwölf bewertet werden und das nach drei Tagen Training. Narie lässt sich zu Blight auf das Sofa fallen. Sie weiß nicht warum, aber sie kuschelt sich leicht an seine Seite. Vielleicht ist es, weil sie Angst hat, davor eine niedrige Bewertung zu bekommen, vielleicht aber auch, weil sie weiß, dass sie nicht mehr viel Zeit zusammen mit Blight hat. Er nimmt lächelnd zur Kenntnis, dass sie seine Nähe sucht und legt einen Arm um sie. Alle starren wie gebannt auf den Fernseher, selbst Narie, die mit ihren Gedanken eigentlich noch bei der Einzelstunde ist und bei den Gesichtern, als sie den Apfel aus dem Maul des Schweins geschossen hatte. Caesar sitzt an einem Tisch mit einem Mikrofon, den Zettel mit den Bewertungen hält er in der Hand. Seine blauen Haare glänzen im Schein des künstlichen Lichtes. Es beginnt bei Distrikt 1. Der Erste der erscheint ist Marvel. Er bekommt neun von zwölf möglichen Punkten. Eine typische Karriero Wertung. Glimmer bekommt eine 8. Schon geht es mit Distrikt 2 weiter. Der Junge, Cato, bekommt eine 10, genau wie Clove. Damit wären die Karrieros schon einmal vollständig. Es kann immer mal wieder sein, dass sie noch jemanden aus einem der äußeren Distrikte dabei haben, aber das ist bis jetzt noch nicht bekannt. Die beiden Tribute aus Distrikt 3 bekommen 7 Punkte. Einen Moment lang fragt Narie sich, was die Beiden wohl vorgeführt haben, denn zumindest der Junge hatte sehr schwach gewirkt. Das Mädchen aus Distrikt 5, die, die Ähnlichkeit mit einem Fuchs hatte, bekommt von den Spielmachern eine 5. Das bedeutet, entweder hatte sie nicht all ihre Talente gezeigt, oder sie kann sich überhaupt nicht verteidigen. In Distrikt 6 haben beide Tribute auch nicht wirklich hohe Punktzahlen. Nun kommt Distrikt 7 dran. Ian lehnt sich gespannt nach vorne.
»Ian Hood. Mit einer Punktzahl von 7.«, verkündet Caesar.
»Wow, super Ian.«, quietscht Lorena fröhlich, Blight und Johanna klopfen ihm kurz auf die Schulter.
»Narie Summers. Mit einer Punktzahl von 11.« Narie kann nicht fassen was sie hört. Aber als sie die erfreuten und überraschten Aufrufe von den andern hört realisiert sie, dass sie wirklich 11 Punkte hat. Blight drückt sie einmal vor Freude. Narie bekommt nur am Rande mit, wie der Junge aus 11 eine 9 bekommt und das kleine Mädchen 7 Punkte. Der Junge aus 12 bekommt eine 8 und das Mädchen, dass sich für ihre Schwester gemeldet hatte bekommt eine 9. Jade hatte eine 8 bekommen. Narie wird bewusst, was es heißt, dass sie 11 Punkte hat. Nicht nur, dass sie damit die beste Punktzahl hat, nein, sie wird auch das Hauptziel der Karrieros werden.

Fighter || Hunger GamesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt