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Keuchend fuhr ich aus dem Schlaf und setzte mich ruckartig auf.

Mist, ich hatte doch tatsächlich wieder davon geträumt, dass wir es nicht mehr vom Boot geschafft hatten und allesamt mit dem Karren absaufen und ertrinken würden.

Mit fahrigen Bewegungen strich ich mir durchs Haar und kratzte mich dann am Kinn, das reichlich mit Bartstoppeln bedeckt war.

Ja, zum ersten Mal in meinem Leben ließ ich mir - wohlgemerkt nicht ganz freiwillig, sondern eher aus Mangel an Alternativen - einen Bart wachsen.

Und es war total seltsam, oder besser gesagt ungewohnt.

Öfter mal was Neues, hatten wir in letzter Zeit ja so selten!

Als ich mich wieder einigermaßen beruhigt hatte, legte ich mich wieder hin und starrte in den atemberaubenden Himmel.

Diesen Anblick in allen Ehren, aber ich hätte jetzt nichts gegen ein schönes, gemütliches, prasselndes und knisterndes Feuer, das ein warmes und weiches Licht aussandte und somit zur Beruhigung meiner blank liegenden Nerven erheblich mehr beigetragen hätte, als dieser klare, unendliche und kalte Himmel über mir.

Innerlich bedankte ich mich dafür bei Nate und Shay, auf die ich nach der gestrigen Farce von Beerdigung, zusätzlich zu dem Umstand, dass die beiden unser Feuerzeug vernichtet hatten, gar nicht gut zu sprechen war.

Und so kreisten meine Gedanken und an einschlafen war gar nicht mehr zu denken.

Frustriert seufzte ich auf und schielte einmal kurz zu Dumm und Dümmer rüber, die sich allerdings selig schlummernd in den Armen lagen und von meiner derzeitigen Misere gänzlich unberührt blieben, was nicht unbedingt zum Heben meiner Stimmung betrug, eher im Gegenteil.

Dass diese beiden dort so unbekümmert den Schlaf der Gerechten, beziehungsweise Ungerechten, genossen, obwohl sie an diesem Schlammassel schuld waren, regte mich einfach nur tierisch auf.

Doch die Ironie an dem ganzen ließ mich einmal bitter schnauben.

Anscheinend tat ich dies nicht gerade leise und weckte damit Kate, die sich total verschlafen zu mir umdrehte und ihren Kopf wieder auf meine Brust legte und ihren Arm um meinen Bauch schlang.

"Alles in Ordnung, Cole?", murmelte sie und schaute mich aus halb geschlossenen Augen an.

"Tut mir leid, dass ich dich geweckt habe. Schlaf einfach weiter!", antwortete ich und gab ihr einen kurzen Kuss auf die Stirn.

"Wenn du meinst...", erwiderte sie noch und kurz darauf wurden ihre Atemzüge wieder langsamer und tiefer.

Ich hatte ihr meinen Arm um die Schulter gelegt und konzentrierte mich auf das Mädchen in meinen Armen, was mich nach und nach wieder ein wenig entspannte und meine derzeitigen Aggressionen gegen Nate und Shay sogar ein wenig linderte.

Doch an Schlaf war trotzdem nicht zu denken.

Und dann gab auch noch etwas irgendwo hinter uns in der Vegetation ein lautes Knacken von sich, was meinen Adrenalinspiegel in die Höhe schnellen ließ.

Ganz große Klasse!

____

Ein halbes Jahrtausend später, als endlich die Sonne aufging, war ich total fix und fertig.

Kennt ihr das Sprichwort 'Vom Regen in die Traufe'?

Ja?

Und jetzt geht nochmal ein paar Stockwerke tiefer und ihr habt meine Laune gefunden, die es sich im Laufe dieser ziemlich bescheidenen Nacht dort gemütlich gemacht hatte und nicht die Absicht hegte wieder aus ihrem Loch zu kriechen.

Shipwrecked -Segelfahrt ins (Un)GlückWo Geschichten leben. Entdecke jetzt