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Wir schafften unsere geplante Strecke und ankerten wie vorgesehen vor einer kleinen Insel.

Es war wirklich schön nur mit Kathrine allein an Deck. Wir redeten zwar nicht sehr viel, außer wenn es um Segelanweisungen ging, aber ich musste gestehen, dass sie ihre Sache an der Großschot und an der Fock wirklich gut machte. Sie war eine aufmerksame Schülerin und hatte wirklich einiges in den vier Tagen, die wir mittlerweile schon unterwegs waren, gelernt.

Nate ließ sich nur einige Male kurz blicken, um zu checken, ob alles in Ordnung war und um unsere Position in der Karte zu vermerken.

Während dem Abendessen herrschte angespanntes Schweigen - ganz was Neues! - aber solange die Mädchen sich nicht wieder angifteten und das Gekeife wieder losging, konnte ich mit den Todesblicken, die sich die beiden Frienemies zuwarfen, ganz gut leben.

Doch nicht nur auf unserem kleinen Schiff gab es dicke Luft.

Ein Tiefdruckgebiet war auf dem Weg in unsere Region, sollte jedoch nicht wie angekündigt erst in zwei Tagen eintreffen sondern schon morgen um die Mittagszeit.

Und das waren nicht die einzig schlechten Nachrichten: diese Schlechtwetterfront würde uns mehr durchschütteln als ursprünglich vorhergesagt. Dreieinhalb Meter hohe Wellen, wobei dies nur die durchschnittliche Wellenhöhe betrug, und Wind aus Südwest mit Windstärke 6, also bis zu 50 km/h, würden uns erwarteten.

Sonst noch irgendwelche Hiobsbotschaften?

Nate und ich waren schon das ein oder andere Mal auf früheren Segeltörns bei einem solchen Siffwetter unterwegs gewesen und das war wahrlich kein Vergnügen.

Nach der abendlichen Verpflegung setzten mein Kumpel und ich uns am Esstisch zusammen und gingen unsere Möglichkeiten durch.

Erstens: wir konnten zurück in den Hafen und das miese Wetter aussitzen.

Vorteil dabei, wir wären geschützt und sicher. Der große Nachteil daran aber war, dass sich das Unwetter über mehrere Tage ziehen konnte, unsere Deadline war allerdings schon in drei Tagen. Dann musste das Schiff samt Crew wieder an seinem Ausgangsort liegen. Damit fiel diese Variante also schon mal aus.

Unsere zweite Option gestaltete sich wie folgt: Arschbacken zusammenkneifen und durch.

Als wir diese weniger angenehme Möglichkeit besprachen, fing im Hintergrund das Gekeife über Gott-weiß-was,-es-interessierte-mich-aber-einen-feuchten-Kehrricht an.

Auch Nate war wegen der uns wettertechnisch bevorstehenden seglerischen Herausforderung leicht angespannt und so war es zur Abwechslung mal nicht ich, der die Mädels zur Ordnung rief

"Kathrine und Shay, jetzt hört doch mal für ein paar Minuten wegen dieser Kinderkacke auf zu streiten und kommt lieber her und hört zu, was wir gerade besprechen. Das wird nämlich morgen kein Spaziergang werden!", pampte mein Freund ungehalten.

Ich warf ihm einen erstaunten Blick zu. So hatte er noch NIE mit Shay geredet!

Schmollend setzten sich die beiden zu uns und hielten endlich die Klappe.

"Also, morgen gegen Mittag soll das Wetter schlechter werden. Das heißt mehr Wind, höhere Wellen und Regen. Wir werden so lange es geht die Segel oben lassen, natürlich den Windverhältnissen angepasst das erste oder zweite Reff reinmachen und das Vorsegel auch dementsprechend verkleinern, aber ab Windstärke 5-6 würde ich vorschlagen, holen wir die Segel ganz ein und fahren unter Motor. Ab Windstärke 4, sprich wenn das Lüftchen uns mit 20-28 Sachen um die Nase weht, ziehen sich alle ihre Schwimmwesten an, die an Deck sind. Die Regensachen kann sich ja jeder nach Bedarf anziehen. Außerdem legen wir ab dieser Windstärke auch die Sorgleine an", begann ich unseren Ablaufplan zu erklären.

"Was ist eine Sorgleine?", kam die Frage von Kathrine. So sauer ich auch gerade auf sie war, weil sie sich dauernd mit Shay in die Haare bekam, war ich wie immer von ihrem Wissensdurst und ihrem Mut einfach zu fragen, wenn sie etwas nicht wusste, beeindruckt. Deshalb erklärte ich ihr in einem einigermaßen zivilisierten Ton: "Eine Sorgleine spannt man vom Heck über die Backbordseite bis zum Bug des Schiffes und vom Bug dann auf der Steuerbordseite rücklaufend wieder zum Ruder, damit man sich mit den Haken an der Schwimmweste sichern und somit auch halbwegs gefahrlos bis zum Vorschiff gelangen kann. Zum Beispiel wenn bei rauer See, so wie wir sie haben werden, irgendwas mit dem Vorsegel nicht stimmt, ist die Gefahr ins Meer zu fallen, wenn man nach vorne geht, gegeben. Aber wenn man dann über die Haken an der Schwimmweste an der Sorgleine gesichert ist, brauchen einen die anderen nur wieder über den Rand des Bootes an Deck zu ziehen, sollte man tatsächlich über die Reling seewärts fallen." Sie nickte, blieb aber ansonsten still.

"Okay, bevor es morgen los geht, richtet bitte jeder schon mal seine Schwimmweste und Regenklamotten her, damit dann nicht erst wenn das Wetter umschlägt das große Gekrame losgeht. Festes Schuhwerk ist morgen Pflicht, sowohl auf als auch unter Deck, wir werden nämlich keine Zeit haben beziehungsweise bei dem Geschaukel kaum die Möglichkeit chirurgische Operationen durchzuführen. Auch müssen wir bevor wir den Anker lichten alles Geschirr und in den Kabinen alles, was lose rumliegt, sicher verstauen und an Deck muss natürlich klar Schiff sein. Packt am besten alles Zeug, das ihr nicht dringend braucht, in die Schränke. Morgen wird auch anständig gefrühstückt, denn glaubt mir, gestärkt übersteht ihr den Tag viel einfacher. Wenn ihr morgen rückwärts essen müsstet, dann macht das doch bitte in eine Mülltüte und nicht in die Toilette. Denn wenn ihr morgen das Seeventil nicht richtig zumacht, läuft uns das Schiff voll Wasser und wir saufen ab. Und das will ja schließlich keiner von uns! Wir vier gestrandet auf einer Insel irgendwo im Nirgendwo steht denke ich auf keiner unserer Wunschlisten", scherzte ich sarkastisch zum Schluss. Ich beobachtete beide Mädchen, während meiner Anweisungen für morgen, um mich davon zu überzeugen, dass sie auch ja alles mitbekamen und den Ernst der Lage begriffen, denn die Fahrt würde morgen nicht ohne werden. Mit etwas Pech, nämlich dann, wenn wir keinen geeigneten Ankerplatz fänden, würden wir morgen sogar die Nacht durchfahren müssen. Aber wir wollten mal nicht so negativ sein.

Doch dazu sollte es nie kommen.....

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Ja heute etwas früher, da das neue Kapitel sonst erst spät am Abend gekommen wäre...

Ich weiß, es ist nicht sonderlich spannend, aber wir brauchen das als Einleitung für das nächste Kapitel :D

Bald wirds aufregend Leute!!!

Eure

HeyGuys77 & love_to_read2014

P.S. Wenn es im Bezug auf das Segeln irgendwelche Unklarheiten gibt, könnt ihr gerne jederzeit Fragen!! :-)


Shipwrecked -Segelfahrt ins (Un)GlückWo Geschichten leben. Entdecke jetzt