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(I) zwölf

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Lilian

Oft kann man Menschen mit wenigen Sätzen beschreiben, doch bei Jackson Black reichte bereits eine geringe Anzahl von Worten.

Berechnend, verschlossen und kalt.

Seine emotionslose Stimme hallte in meinem Kopf nach wie in einer nie endenden Schlucht, ein mulmiges Gefühl machte sich in meiner Magengegend breit. Aber ich schob es beiseite.

„Es ist nur ein Gedicht", kam es mir langsam über die Lippen, doch meine Stimme wurde zunehmend bissiger. „Ist das dein Ernst? Du kannst mir mit einem Gedicht keine Angst machen, wenn das deine Absicht war." Zunehmend verspürte ich immer deutlicher die Wut, weil er nicht nur Eindringling in einem intimen Moment war, sondern aus irgendeinem mir unbekannten Grund unglaublich irritierte.

„Ignorier ihn einfach", murmelte Will neben mir und griff beruhigend nach meiner Hand, doch seine Miene spiegelte deutliche Besorgnis wieder.

„Ach, du bist so ein naives, junges Mädchen", seufzte Jackson gespielt besorgt und wandte sich an seinen Bruder. „Glaubst du wirklich, du kannst ihr auf ewig was vormachen?"

„Kann hier bitte mal einer Klartext reden", forderte ich verärgert und entzog Will meine Hand wieder, als er nicht antworte. Stattdessen musste ich irritiert mit ansehen, wie sich die beiden ein intensives Blickduell lieferten, ohne mich weiter zu beachten. Es war eine stille Demonstration der Stärke, wie ich sie bis jetzt noch nicht erlebt hatte.

„Dann halt nicht", murmelte ich genervt und beobachtete besorgt, wie Will angestrengt seine Hand zur Faust ballte. Es schien, als würde er mit Jackson ein stummes Gespräch führen,an dem kein Außenstehender teilhaben durfte. Auf seiner Stirn traten winzige, glitzernde Schweißperlen hervor, doch er wandte seinen Blick immer noch nicht von den grauen und kühlen Augen seines Bruders ab.

„Ist das etwa alles, was du drauf hast?", spottete dieser. „Ich muss sagen, du enttäuscht mich, Brüderchen. Das habe ich dir doch anders beigebracht." Will wurde immer blasser um die Nase herum, und was auch immer sich gerade vor mir abspielte, es schien ihm immer schwerer zu fallen, Widerstand zu leisten. In der Tat fürchtete ich, dass er jede Sekunde einen Kreislaufzusammenbruch erleiden und umkippen würde.

„Okay, das reicht!" Es überraschte mich selber, wie scharf meine Stimme die Luft durchschnitt und zu meiner Verwunderung drehten beide Augenblicklich ihre Köpfe in meine Richtung. „Ich will jetzt sofort erfahren, was hier eigentlich abläuft."

„Lilian", fing Will an und ich meinte, etwas Ähnliches wie Verzweiflung in seinen Augen erkennen zu können. „Das hat absolut nichts zu bedeuten, lass uns gehen. Mein Bruder ist ein Idiot und will uns nur auseinanderbringen."

„Ist das so?", feixte Jackson nur. „Oder bewahre ich Lilian nur davor, wissenslos einen schwerwiegenden Fehler zu begehen, der dann nicht mehr rückgängig gemacht werden kann?"

„Halt dich verdammt nochmal da raus", knurrte sein Gegenüber.

„Das werde ich nicht, Bruderherz. Wir sind nicht in der Position, über das Schicksal von Menschenleben zu entscheiden."

„Das musst ausgerechnet du sagen."

Es wurde still, gespenstisch still in dem sonst immer noch menschenleeren Flur, sodass ich es kaum wagte, zu atmen. Trotzdem brannte mir eine Sache auf der Zunge.

„Ich möchte nur eines wissen." Ich schluckte schwer. „Woher kennst du das Gedicht, Jackson?" Unverwandt war mein Blick währenddessen auf Will gerichtet, so sehr fürchtete ich mich davor, von Jackson die Antwort zu hören. Warum Will, warum kennt Jackson die Fortsetzung der wunderschönen Zeilen, die du mir zugeflüstert hattest? Die nur für uns bestimmt waren? Die diese Leichtigkeit, Schwerelosigkeit, dieses wunderschöne Gefühl zwischen uns beschrieben?

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von anna sophie 🪩
@jesuisannasophie
[ gen.: aeternitātis (f.) lat. - Ewigkeit, Unvergänglichkeit, Verewi...
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