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"Wir sollten langsam aus der Sonne" murmelte Kiran. Schläfrig nickte ich. Inzwischen brannte die Sonne doch ziemlich heftig auf uns herunter. Keiner von uns beiden bewegte sich. Ich wollte nicht von ihm runter und er sah nicht so aus als würde er mich von sich runterschmeißen. Erst als ich förmlich spürte wie mein Nacken rot wurde erhob ich mich grummelnd und gab meinen Liegeplatz auf Kiran auf. „Bei mir zu Hause auf der Terrasse haben wir Schatten." Fragend sah Kiran mich an. Kurz zögerte ich. Erinnerungen an das letzte Mal als ich bei ihm war schossen mir durch den Kopf. „Das passierte nicht noch einmal, Süße." Ich genoss das Kosewort und wunderte mich wieder einmal wie leicht ich zu durchschauen war. Schließlich nickte ich. Kiran lächelte und erhob sich. Ich schnappte mir dir Decke, schüttelte sie aus um sie vom Sand zu befreien und packte sie in meine Tasche. „Wir können los" verkündete ich strahlend und drehte mich schwungvoll zu Kiran um. Er sagte gar nichts, sah mich einfach nur an. „Was ist?" fragte ich. „Nichts" sagte er. „Komm" er streckte mir seine Hand hin und ich ergriff sie. Auch wenn es schrecklich kitschig klang, war ich in diesem Moment glücklich. Die rosarote Brille, die ich in den letzten Monaten so schmerzlich vermisst hatte, saß wieder auf meiner Nase und ich fürchtete mich vor dem Moment in dem sie wieder runtergerissen wurde. Kiran hatte auf dem kleinen Parkplatz etwa 100 m vom Strand entfernt geparkt und so war es nicht weit bis zu seinem Auto. „Du kannst deine Tasche auf die Rückbank legen" meinte er und schloss den Wagen auf. Ich tat wie mir geheißen und warf die Tasche auf den Rücksitz. „Darf ich bitten?" meinte Kiran und hielt mir die Beifahrertüre auf. Mit einem koketten Lächeln setzte ich mich. Kiran schloss die Tür und ging elegant um den Wagen herum, um sich geschmeidig auf den Fahrersitz gleiten zu lassen. Wieder einmal war ich fasziniert davon mit was für einer Leichtigkeit er sich bewegte. Ich fühlte mich neben ihm immer etwas unbeholfen und tollpatschig. Er startete den Wagen und lenkte ihn vorsichtig über den rutschigen Sand. Die Fahrt über schwiegen wir, aber es war kein unangenehmes Schweigen. Schließlich hielten wir vor seinem Haus. Im Licht der nachmittags Sonne wirkte das Haus noch imposanter als ich es in Erinnerung hatte. Türkis blitzte der Pool hinter dem Sichtschutz hervor. Ich stellte mir Kiran vor, wie er im Licht der Sonne mit kraftvollen Bewegungen durch das Wasser pflügte. Das Bild hatte durchaus etwas Erotisches. „Möchtest du aussteigen oder im Auto warten?" Kirans belustigte Stimme riss mich aus meinen Tagträumen, in denen ich mir Ausmalte für was sich so ein Pool noch alles eigenen würde. Ich errötete und stieg hastig aus. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass Kiran schon ausgestiegen war. „Wenn du möchtest können wir noch etwas essen." Er sah mich fragend an. Meinem Magen schien die Idee zu gefallen, denn er knurrte laut und fordernd. Kiran lachte. Ein himmlisches Geräusch. „Scheinbar ist das eine sehr gute Idee." Er grinste mich an und zog mich an der Hand in den Aufzug. Wieder beschlich mich dieses beklemmende Gefühl, dass mich immer in engen Räumen beschlich aus denen ich nicht mehr raus konnte. Ich versuchte ruhig und gleichmäßig zu atmen. Zwang mich zu langsam Atemzügen. „Wir sind gleich oben" meinte Kiran und drückte meine Hand. Ich nickte nur. Als der Aufzug hielt war ich unsagbar erleichtert und musste mich schwer zusammen reißen um nicht aus dem Aufzug zu stürzen. Wie ich diese Dinger hasste. Ich schwor mir beim nächsten Mal die Treppe zu benutzen. „Kommst du?" Kiran stand in der Tür zu seiner Wohnung und sah mich auffordernd an. Was war heute nur los mit mir? Ich war ja schon immer eine kleine Träumerin, aber so schlimm wie heute, war es noch nie gewesen. „Natürlich" sagte ich schnell und beeilte mich ihm in die Wohnung zu folgen.

Auch hier hatte sie nichts verändert. Alles stand auf seinem Platz und immer noch dominierten die Farben Schwarz und Weiß. Ich folgte Kiran in die Küche. Wie an dem Abend bedeutet er mir mich auf einen der schwarzen Barhocker an der Theke zu setzte und wie an diesem Abend stellte er mir ein Glas Wein hin, begann dann in der Küche zu werkeln. Ich hoffte nur, dass hier die Gemeinsamkeiten auch schon endeten. Ich hatte keine Lust wieder ein nervliches Wrack zu sein, dass nicht mehr wusste was es mit sich anfangen sollte. Zumal ich dieses Mal auch keine Nele hätte, die mir in den Hintern treten könnte. Ich seufzte leise. „Alles gut bei dir?" Kiran legte das Messer weg mit dem er gerade eine Tomate halbiert hatte und stelle sich hinter mich. Ich spürte seinen Atem in meinem Nacken. Ein heißer Schauer rannte über meine Wirbelsäule. „Du wirkst so...abwesend. Gedankenverloren." Sanft begann er mit einer Hand meinen Nacken zu massieren. Ich seufzte wohlig und lehnte mich gegen seine Brust. „Ich musste nur über etwas nachdenken" sagte ich wahrheitsgemäß. Es war nicht gelogen, ich dachte ja wirklich über etwas nach. Kiran hauchte mir einen kleinen Kuss auf meinen empfindlichen Nacken was mir einen wohligen Schauer über meinen Rücken schickte. „Du weißt, dass du immer zu mir kommen kannst wenn dich etwas bedrückt." Er strich mir über den Rücken und wandte sich dann wieder seiner Tomate zu. „Wenn du möchtest, kannst du schon mal zwei Teller, Besteck und Gläser nach draußen auf die Terrasse bringen" Kiran sah kurz von seinem Brett auf und deutete mit dem Messer auf die entsprechenden Schränke. Ich erhob mich von meinem Hocker und machte mich daran die Teller, das Besteck und Gläser zusammen zu suchen. Die Tür zur Dachterrasse war offen. Ich balancierte die Teller und Gläser unfallfrei hindurch und stellte sie auf den großen Tisch, an dem locker eine ganze Hochzeitsgesellschaft Platz gefunden hätte. Warum um Himmels Willen braucht eine Person so einen monströsen Tisch? Dann blieb mein Blick auf dem Pool hängen, der im hinteren Bereich der Terrasse lag. Wirklich hinten, die Terrasse war riesig. Das Haus meiner Großmutter hätte hier locker mitsamt dem Grundstück platzt darauf gefunden. „Wow" hauchte ich lautlos. Hatte ich schon mal erwähnt, dass ich wirklich sämtliche Klischees bediente? „Es ist schön hier, nicht wahr?" Ich zuckte leicht zusammen als ich Kirans Stimme an meinem Ohr und seine Hände auf meiner Taille spürte. „Ja, du hast es wirklich schön hier." Meine Stimme klang leicht atemlos, vor allem, da Kiran dazu übergegangen war kleine Kreise auf meiner Taille zu malen. „Hättest du Lust nachher noch ein bisschen schwimmen zu gehen?" Er sah in Richtung Pool. Ich nickte nur, traute meiner Stimme nicht wirklich. Wann würde ich mich wohl an seine Nähe gewöhnt haben? „Komm, wir sollten etwas essen." Wieder nahm er meine Hand, führte mich zum Tisch auf dem sich eine Schüssel Salat mit Hühnchen und Brot befand. Er rückte mir, ganz der Gentleman, meinen Stuhl zurecht und setzt sich dann neben mich. Wir schwiegen wieder, eine Art gefräßiges Schweigen. Ich hatte wirklich Hunger. Kiran warf mir während des Essens immer wieder Blicke zu und ich fühlte mich ein bisschen wie das Mädchen aus einem schrecklich kitschigen Liebesroman. Aber es gefiel mir, da ich wusste, dass ich diese Harmonie nicht lange aufrecht halten konnte. Ich musste ihn fragen warum er so oft solange verschwand, ohne sich bei mir zu melden. Ich wusste, dass diese Unterhaltung nicht angenehm werden würde. Deshalb schob ich sie so weit wie möglich vor mir her. Es würde morgen auch noch reichen. Außerdem hatte ich das Gefühl ihm erzählen zu müssen was ich war. Kiran sah mich erwartungsvoll an. „Bitte, was?" fragte ich sehr intelligent. Er schmunzelte. „Ich hatte dich gefragt ob du Lust hättest jetzt schwimmen zu gehen. Das schmutzige Geschirr räumen wir nachher weg, das läuft schon nicht weg." Er stand auf und zog sich das Shirt über den Kopf, entblößte seinen perfekten Körper. Automatisch wanderten meine Augen über ihn, versuchten jeden Muskel in meine Netzhaut zu brennen. Kiran lies mich nicht aus den Augen, als er langsam seine Hose aufknöpfte und sie schließlich aus diese von seinen langen Beinen streifte. Jetzt stand er nur noch in Boxershorts vor. Als er Anstalten machte auch diese über seinen straffen hintern zu ziehen, musste ich hart schlucken. Er grinste mich teuflisch an und ging dann in Richtung Pool. „Na komm schon, Prinzessin." Mit gespielter Ungeduld tippte er mit dem Fuß auf den Boden. Leicht benommen von der Show, die er mir geliefert hatte, stand ich auf. „Zieh dich aus" meinte er rau. Nach einem prüfenden Blick in seine Richtung zog ich mein Kleid über den Kopf. Innerlich lobte ich mich dafür den Bikini doch unter dem Kleid angelassen zu haben. Ich spürte seinen Blick über meinen Körper wandern, konnte spüren wie sie meine Haut versenkten. Da ich nicht wusste wie ich darauf reagieren sollte, warf ich Kiran mein Kleid an den Kopf und lief dann lachend Richtung Pool. Hinter mir hörte ich Kirans Lachen und wusste, dass er mir folgte. Ohne nachzudenken sprang ich mit einem kleinen Aufschrei mit dem Kopf voraus ins kühle Nass. Über mir schlug das Wasser zusammen und sofort fühlte ich mich zu Hause. Vermutlich lag das an den Genen meines Vaters. Wenn er eine Sirene gewesen war, so war es nahe liegend, dass Wasser mein Element war. Mit ein paar kräftigen Zügen schwamm ich an den Grund des Pools. Ein dunkelblaues Mosaik schmückte den Boden. Es war schön, stellte eine Seerose da. Ich fuhr mit den Fingern die Linie nach und dachte nach wie ich es Kiran am besten beibringen sollte was ich war. Aus den Augenwinkeln konnte ich Kiran erkennen, der geschmeidig auf mich zu schwamm. Seine Augen funkelten im türkisenen Wasser fast unnatürlich blau. Als er mich erreicht hatte, packte er mich an der Taille und presste seine Lippen auf meine. Überrumpelt von seiner plötzlich Kussatacke hing ich erst einmal nur steif in seinen Armen. Als er anfing an meiner Unterlippe zu saugen, löste sich meine Starre und ich öffnete bereitwillig meinen Mund. Unsere Zungen trafen sich, umspielten sich und ich schmeckte ihn. Kiran schmeckte nach Meer, leicht salzig und herb. Berauschend. Ich fühlte mich schwerelos, genoss das Gefühl seiner Hände auf meinen Körper. Erst, als meine Lungen nach Luft verlangten, löste ich mich von ihm und schwamm nach oben.

Siren CallWhere stories live. Discover now