Carter Lestrade

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Ganz in einem weißen Raum wurde ich von dem schwarz befreit. Es war warm. Friedlich. Ich fühlte mich geborgen.

Meine Eltern. Sie erschienen einige Meter vor mir. Ich begann zu rennen. Auf sie zu. "Mum. Dad." Sie standen nur da und taten nichts. Ich lief weiter. War bereit sie in eine Umarmung zu nehmen, doch ich fiel durch sie hindurch und in etwas schwarzes. Bodenloses.

"Ich hab dir doch gesagt, dir wird es gefallen Schwesterchen." "Jim, wieso tust du mir das an.", begann ich das Leere anzuschreien. "Ein kleiner Schubs und ab die Post." Unter mir erschien ein Steinboden. Ich prallte volle Kanne darauf und ein übelkeiterregended Knirrschen erklang. Es war verschwommen und schwarz. War das das Ende? War es das?

Ich wurde zurück in die Realität befördert. Es war nicht das Ende. Sherlock lag mit dem Kopf an der Bettkante auf meiner Hand. War ich froh ihn zu sehen. Ich wollte mich aufsetzen, doch unter Qualen fiel ich wieder zurück. Die Tür wurde geöffnet. Es wurde kurz hell in dem Zimmer und wieder dunkel. Ein Mann begann zu reden. "Miss Carter Lestrade ich..." "Shhhh...", unterbrach ich ihn und deutete auf Sherlock, der immer noch schlief. Er nickte verständlich und fuhr leiser als zuvor fort. "Ich bin Doktor Crawford. Da jetzt ein schlechter Zeitpunkt ist, werde ich später kommen.", flüsterte er und verschwand wieder.
Es war gar kein schlechter Zeitpunkt. Ich wollte Sherlock einfach nicht aufwecken. Er ist sicher Ewigkeiten wach gewesen und hat gewartet. Gewartet und gewartet. Bis von mir ein Lebenszeichen kam.

"Emily.", erklang es verschlafen. "Sherlock.", entgegnete ich. Seine Locken waren verwuschelt. Er strich sich kurz über das Gesicht. Ich lächelte nur und vergrub die Fragen hinter der Fassade. Wieso nur Mary? Was hatte sie dazu getrieben? "Was beschäftigt dich?", fragte er mich besorgt. "Ach, nichts." "Das stimmt nicht.", korrigierte er die Antwort. Ich atmete tief durch. "Es war Mary, nicht wahr?", fragte er weiter mit väterlicher Miene. Ich nickte und ein paar Tränen kullerten über meine Wangen. In seinem Gesicht stand der Schmerz, denn er mitfühlte. Meinen Schmerz. Er nahm mich in eine Umarmung. Egal wie weh das tat, ich brauche das jetzt. "Du darf es aber John nicht sagen, das verkraftet er nicht.", sagte ich zu ihm, als wir uns lösten.

Mit ernster Miene nickte er. Die Tür wurde wieder geöffnet.

"Emily.", John war ganz erfreut mich zu sehen. "Ich dachte wir hätten dich verloren." Ich schmunzelte nur. "Ich schwöre, ich werde ihn finden der dir das angetan hat." Das könnte schlimm werden. Ich versuchte jeden Blickkontakt zu John zu vermeiden. Sherlock sah auch den Boden an und räuspelte sich, als der Doc von vorhin wieder hereinkam. "Lust auf einen Kaffee?", fragte er John. Dieser nickte. Sie verließen den Raum und der Arzt kam näher.

"Ist der Zeitpunkt besser?", fragte er sarkastisch. "Auf jeden Fall.", entgegnete ich, worauf er mit seinem eigentlichen Thema fortfuhr. "Also Miss Carter Lestrade. Wir hätten sie fast verloren, doch auch irgendwie nicht, sonst könnten sie mit mir jetzt nicht scherzen." Wir beide mussten lachen und er rückte sich seine Brille zurecht. "In ein paar Wochen, wenn die Wunden verheilt sind, werden wir sie wieder auf freiem Fuß laufen lassen. Ich wünsche ihnen noch einen schönen Tag." "Vielen Dank. Keine Angst. Ich werde nicht ausbrechen." Er lächelte nur und ging. Meine Gesichtszüge verfinsterten sich wieder. Carter Lestrade. Als er das ausgesprochen hat, habe ich einen Stich im Herzen gespürt. Lestrade. Wo war er? Er fehlt mir so sehr. Und ich kann es immer noch nicht glauben, was er vor all den Jahren einmal getan hat.

Sherlock | Akte LestradeWhere stories live. Discover now