Sollte ich mich freuen? Was war mit meinem Vampir? Entfernte er sich aus diesem Grund noch weiter von mir? »Warum merkt dann Edan nichts, wenn er von mir trinkt?«, wollte ich wissen. »Das kann manchmal sein, wenn sich der Körper noch nicht richtig eingepegelt hat. Du hast die typischen Anzeichen. Ich kann mir schon vorstellen, weshalb Edan es nicht sehen will oder kann, weil bei dem ersten Eisprung eigentlich eine Vampirin nicht schwanger wird. Zumindest ist die Prozentzahl fast bei einhundert.«

Sie kam zu mir und band mir den Arm oberhalb der Beuge ab, als wäre ich in einem Krankenhaus. Ich pumpte bis meine Adern blau hervortraten und dann spürte ich auch schon die Nadel in meinem Arm. Sie nahm mehrere Röhrchen von mir. Wobei ich durch meine schnelle Wundheilung mehrmals gestochen werden musste. Ich wusste, dass Edan ihr vertraute, deswegen machte ich mir keinen Kopf, dass irgendetwas passierte und durch ihre ruhige Art, brachte sie mich auf den Boden der Tatsachen zurück. Ich musste die ganze Sache passiv sehen. Irgendwie. Zumindest in diesem Augenblick.

»Wie lange dauert eine Schwangerschaft?« Fast hätte ich darüber gelacht, aber die Frage war tatsächlich berechtigt. »Einen Monat länger, wie bei einem Menschen.« Ich nickte, wollte ihr eigentlich so viele Fragen stellen, wusste aber plötzlich gar keine mehr und sie fing kurz darauf an alles wieder einzupacken. »Ich gebe dir meine Karte. Dort steht meine Handynummer hinten drauf. Wenn du eine Frage hast oder in Schwierigkeiten steckst; oder irgendetwas sein sollte, dann rufe mich an. Das ist wichtig. Du musst sehr auf dich aufpassen. Da du noch ein Jungvampir bist und ich mit so etwas kaum Erfahrung habe, rate ich dir wirklich alles vorsichtig anzugehen.« 

Also wurde ich ins Bett einquartieren, oder wie? Das wollte ich nicht. Nie und nimmer. Ich war doch nicht krank. »Was ist mit Schule?«, musste ich wissen. »Im Mai beginnen meine Abschlussprüfungen. Ich muss hin. Ich kann das ja nicht wiederholen und außerdem sieht man bist dahin doch kaum etwas, oder?« Unvermittelt lachte sie leise. »Mache dir darum mal keine Gedanken. Du kannst zur Schule gehen. Du wärst im Mai fast im sechsten Monat. Ziehe dir etwas Weites an, wenn du es niemandem zeigen willst, aber das geht natürlich nicht auf Dauer. Irgendwann wird man auch das sehen können.« Ich nickte eifrig. »Aber an sich, kann ich gehen?« Zwar klang das komisch, doch alles war besser, wie in diesem Haus zu glucken.

»Natürlich. Dagegen spricht rein gar nichts.« Das war wenigstens etwas Positives. Ich freute mich darüber. Dann konnte ich wenigstens meinen Abschluss machen; was mit einem Baby sicherlich erst einmal nicht möglich war und ich wollte ihn jetzt machen und nicht in zwei Jahren, oder gar später. Edan konnte ebenso nichts dagegen machen, das wusste ich. Nur hoffentlich reagierte er nicht allzu bescheuert. »Mache dir keine Gedanken wegen Edan. Ich werde es ihm gleich sagen und auch das er dafür sorgen soll, dass du reichlich Blut bekommst. Es wird dir sicherlich an nichts fehlen.« Erneut nickte ich.

»Was ist mit deinen Eltern?«, fragte sie mich jedoch unverhofft und ich war vollkommen überrumpelt. Edan schien ihr zwar etwas von mir erzählt zu haben aber dann doch nicht alles. »Nur meine Mutter... und sie ist ein Mensch. Sie weiß von nichts. Ihr Freund ist ebenso ein Vampir. Das weiß sie auch nicht. Deswegen ist das ziemlich kompliziert.« Sie schien zu überlegen. »Du solltest ihr aber davon erzählen. Vielleicht wird sie auch zu Unseresgleichen. Zumindest muss sie wissen, dass du schwanger bist. Du kannst es auf Dauer sowieso nicht verstecken. In dieser Hinsicht gleichen wir Menschen nur umso mehr.«

Daran dachte ich bisher noch überhaupt nicht. Natürlich hatte ich Zeit, ihr alles zu sagen. Dennoch war sie nicht dumm. Außerdem war ich mir sicher, dass sie auf Dauer sowieso mitbekam, wenn sich niemand von uns optisch groß veränderte; auch nicht Steven. Früher oder später wurde es der Fall, dass man ihr alles sagen musste. »Ich weiß«, murmelte ich in meinen nicht vorhandenen Bart und schaute Otilia dabei zu, wie sie ihren Koffer schloss. Zugleich drückte sie liebevoll meine Hand. »Denke daran: Du hast meine Nummer. Scheu dich nicht anzurufen« und sie verließ still das Zimmer. Ich hingegen starrte auf den Wecker neben mir. Lange. Viel zu lange. Mittlerweile vergingen sogar bereits dreißig Minuten und auch nach dieser Zeit lag ich noch immer alleine da. Ich hörte nichts weiter. Zumindest nicht hier in der Wohnung. 

Someday III - Lost in youWhere stories live. Discover now