Kapitel 19

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Ungefähr eine Stunde lag ich da auf der Matratze. Ich konnte es einfach immer noch nicht fassen Klar, früher hatte ich auch so ähnlich über Hippies gedacht, aber ich hätte es nie dem Menschen gesagt, von dem ich wollte dass er mir verzeiht.
Jetzt reicht's. Aaron kann mir egal sein. Ich war auch glücklich bevor ich ihn getroffen habe.
Ich stand auf. Ich frischte mein Make-up auf und verließ den Bus. Ich war doch hier um zu Feiern, um Spaß zu haben und gute Musik zu genießen. Wenn ich heulend im Bus lag, brachte mir das gar nichts und ich war ja nicht umsonst hergekommen und hatte mühsam meine Eltern überredet.
Ich lief über die Zeltwiese, hin zu den Konzerten. Bisher war ich nur an der kleinen Bühne gewesen, aber ich wusste dass die anderen da waren und ich wollte gerade echt nicht mit ihnen reden. Also ging ich zur großen Bühne. Und war überwältigt.
Auch wenn ich früher in einer Großstadt gelebt hatte und auch ab und zu auf Konzerten gewesen war, hatte ich noch nie so viele Menschen auf einmal gesehen. So viele Stimmen und darüber die laute Musik der gerade spielenden Band. So viel Freude und Emotionen.
Und ich stürzte mich mitten rein. Ich kämpfte mich nach vorne, sodass ich schon bald bei den vorderen Reihen angekommen war. Zwar kam ich mir anfangs etwas komisch vor, weil ich alleine unterwegs war und alle um mich mindestens zwei Freunde dabei hatten, aber ich versuchte das auszublenden und ließ mich einfach treiben.
Die Musik und die vielen Leute und auch der Alkohol, den ich getrunken hatte, hatten den gewünschten Effekt. Ich vergaß alles um mich herum.
Doch irgendwann hat alles ein Ende. Und ich hatte richtigen Hunger bekommen. Ich wusste nicht wie viel Uhr es war, aber die Essensstände mussten noch aufhaben. Also bahnte ich mir mühsam den Weg durch die Tanzenden.

Irgendwann kam ich an eine Art Restaurant. Die Tische und Stühle waren unter freiem Himmel aufgebaut, nur die Küche war in einem Container untergebracht. Ich setzte mich an die Bar, weil ich nicht allein an einem Zweiertisch sitzen wollte und bestellte etwas zu Trinken und zu Essen. Während ich wartete, guckte ich mir die Umgebung und die Leute an.
Eigentlich alle kamen, wie ich, von einem der Konzerte. Die meisten waren in meinem Alter, es waren aber auch ein paar ältere Leute dabei. Rechts von mir saßen zwei Mädchen, die eigentlich ganz nett aussahen und links... Die kommen mir irgendwie bekannt vor. Bitte sind es nicht noch mehr alte Mitglieder der Gang, die sich erst bei mir entschuldigen wollen und mich dann verletzen. Es waren fünf Jungs. Die drei neben mir unterhielten sich mit dem Barkeeper, den nächsten komnte ich nicht erkennen, denn er hatte mir den Rücken zugedreht und redete mit dem anderen. Aber die ersten drei hatte ich ganz sicher schonmal irgendwo gesehen.

Ich lauschte ihrem Gespräch mit dem Barkeeper. "Ja, das war echt gigantisch. Wir hatten noch nie vor so vielen Leuten einen Auftritt!", sagte einer. Na klar! Das War Aarons Band. Oh nein, dann musste er auch hier sein. Vorsichtig lehnte ich mich ein Stück nach hinten und betrachtete den Typen der mir den Rücken zugewandt hatte. Ja, das musste er sein.

Ich weiß nicht, was mich in dem Moment trieb, aber Aaron schien ja beschäftigt, also tippte ich den Typ der direkt neben mir saß an der Schulter an.
"Hey, kennt ihr einen Aaron? Falls ja, was wisst ihr alles über ihn?", fragte ich vorsichtig. Der Typ lachte auf. "Willst du mit ihm anbandeln oder was?" Sie waren anscheinend schon leicht angetrunken. "Ich kann dir eins sagen Mädel. Wenn du etwas über ihn erfahren möchtest, da drüben sitzt er.", er zeigte auf Aaron "Aber als kleiner Tipp, er redet nicht gerne über seine Vergangenheit, nicht mal mit mir! Also frag ihn lieber nicht danach."
"Ach, ich weiß schon einiges über seine Vergangenheit. Sogar ziemlich viel."
Er guckte mich überrascht an. "Ach ja?"
"Jaa.", sagte ich. Das hat er jetzt davon. Der Typ drehte sich zu seinen beiden Kumpels um, die immer noch mit dem Barkeeper redeten. Er flüsterte, doch ich konnte ihn trotzdem verstehen. "Jungs, das Mädchen weiß was über Aarons Vergangenheit."
Sie berieten sich kurz tuschelnd darüber, ob sie mir glauben könnten. "Wir können es uns ja mal anhören." schlug einer vor.
Sie drehten sich zu mir und blickten mich fragend an. Ich lächelte.
"Also, was weißt du jetzt?", fragte einer.
Ich blickte zu Aarons Rücken. Er diskutierte immer noch mit dem anderen Bandmitglied.
"Also. Aarons Vergangenheit..." , fing ich an und überlegte womit ich am besten beginnen sollte.
Plötzlich wandten sich Aaron und sein Gesprächspartner um. Scheiße. Er hat seinen Namen gehört.
Er sah mir in die Augen. Er wusste, was ich vorhatte. Angst, Sorge und Enttäuschung blickten mir entgegen. Ich bekam ein schlechtes Gewissen.
Habe ich mich etwa kein Stück verändert? Bin ich immer noch so ein schlechter Mensch? Scheiße ja! Das kann ich nicht machen. Ich hab mich geändert. Oder nicht?
Nein hast du nicht Lucy. Nicht wirklich. Aber wenn du damit anfangen willst, dann machs jetzt.

"Aarons Vergangenheit..." wiederholte ich.
"Geht weder mich, noch euch was an. Es tut mir leid."
Das 'Es tut mir leid' war eher an Aaron gerichtet, doch einer der Jungs sagte: "Du hast Recht." und drehte sich zu Aaron um, nur um festzustellen, dass er alles mitbekommen hatte. "Aaron." stieß einer hervor.
"Schon gut.", sagte dieser, "Lucy, ich will mit dir reden."
Er stand auf und lief hinaus.
Ohne nachzudenken folgte ich ihm.

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⏰ Last updated: Jan 18, 2016 ⏰

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LucyWhere stories live. Discover now