Kapitel 16

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Aaron war Teil der Gang gewesen, die Tom und ich ausspioniert hatten. Er war dabei gewesen als wir erwischt worden waren. Er war dabei gewesen. Er hatte mich die ganze Zeit festgehalten, als ich Tom helfen wollte.
Wegen ihm konnte ich damals nichts tun und musste zu sehen wie sie Tom totschlugen. Aber war er das grade eben gewesen? Oder hat er sich wirklich geändert?
Zitternd hockte ich auf der Wiese und wusste nicht was ich machen sollte. Sollte ich da morgen hingehen? Aber warum?
Irgendwann stand ich auf und lief zurück um nach Elena zu suchen. Schließlich fand ich sie, im Gespräch mit Freddie, der gekommen war weil er die Band bei der anderen Bühne nicht leiden konnte. Elena blickte mich besorgt an. "Wo warst du so lange? Ist was passiert?" Irgendwie wollte ich es nicht erzählen. Sonst macht sie sich bloß Gedanken. "Nein, alles gut. Ich geh schon schlafen. Viel Spaß noch." "Gute Nacht Lucy." sagte Freddie "Livi ist auch schon gegangen. Ich glaube wir können draußen schlafen."
Nach einigem Suchen fand ich unseren Bus, unter der Dreiecksplane eine schlafende Livi, es war so ruhig und ich merkte erst jetzt wie müde und erschöpft ich eigentlich war. Schnell machte ich mich fertig, nahm meinen Schlafsack und legte mich neben Livi. Man konnte die Grillen zirpen hören, die Musik tönte leise herüber und ich nahm ich Livis gleichmäßiges Ein- und Ausatmen war. Ich dachte noch lange über Aaron nach. Aber irgendwann schlief ich einfach ein.

"Lucy du Schlafmütze! Wie lange willst du noch schlafen? Ich hab dich schon dreimal geweckt und du bist immer wieder eingeschlafen!" unsanft schüttelte Freddie mich bis ich die Augen aufschlug und ihn verärgert anguckte. Gut gelaunt erklärte er mir, dass ich mir schnell einen Bikini anziehen sollte. Seufzend stand ich auf und bemerkte das ich die letzte war und alle anderen schon fertig in Badesachen waren. Also beeilte ich mich und folgte den anderen über die Wiese, durch den angrenzenden Wald, bis wir an einen kleinen Waldsee kamen. Hier waren wir nicht die einzigen, am Ufer verteilt lagen überall Menschen oder schwammen im See.
Also suchten wir uns einen Liegeplatz und rannten ins kalte, klare Wasser. Nach einiger Zeit, als wir genug geschwommen, im Wasser getobt und uns nass gespritzt hatten, legten wir uns im Schatten der Bäume auf unsere Handtücher. Wir hatten alle Hunger, denn es war bereits Mittag, aber zum Glück hatten Elena und Olli einen Picknickkorb vorbereitet.
Es war unglaublich schön, einfach dazuliegen, mit Menschen, die ich eigentlich schon meinen Freunde nennen konnte, über belanglose Sachen zu sprechen, zu essen und zu lachen, das Leben zu genießen. So schön, dass ich für diesen Moment Aaron, der die ganze Zeit über in meinem Hinterkopf gelauert hatte, einfach vergessen konnte.
Doch dann, als alle außer ich nochmal im Wasser waren und ich alleine auf dem Handtuch saß, war er wieder da. Sein Gesicht erschien in meinen Gedanken und er sagte: "Ich habe mich verändert. Ich bin da raus Lucy." Hat nicht jeder Mensch eine zweite Chance verdient, wenn er weiß und bereut dass er die erste verpatzt hat? Aber was wenn er mich nur ausnutzt, ich kann ihm einfach nicht vertrauen. Es könnte alles eine Falle sein... Trotzdem sahen seine Augen so ehrlich aus. Es kam mir wie Stunden vor, die ich überlegte was ich machen sollte. Irgendwann kamen die anderen wieder und ich hatte immer noch keinen Entschluss gefasst.
Wir gingen zurück zum Bus und als ich mir ein leichtes geblümtes Sommerkleid angezogen und mich geschminkt hatte, war es schon drei Uhr. Ich holte mir eine Bionade und setzte mich vor den Bus in die Sonne. Okay so geht das nicht weiter. Ich geh da jetzt einfach hin und rede mit ihm. Dann weiß ich wenigstens ob er vertrauenswürdig ist oder nicht.
Um kurz vor vier gab ich schnell den anderen Bescheid, dass ich auf das Konzert gehen würde. Es hatte eh keiner Lust mitzukommen. Mich vorsichtig umschauend, näherte ich mich dem Falafel-Stand und schon sah ich ihn. Er lehnte an der Bude, blickte hinüber zur Bühne und nippte an seinem Getränk. Langsam ging ich hinüber. Er blickte auf und ich sah direkt in seine grünen Augen.

LucyWhere stories live. Discover now