Kapitel 20

1.3K 148 10
                                    

Für CharlieClaire15.

Trotz seiner Wut auf den Detektiv, kam John nicht wirklich weit. Er schaffte es gerade einmal die Treppe hinunter ins Speedys, immer mit der Hoffnung, dass er Mrs. Hudson nicht antreffen würde. Er wollte seine Ruhe und die alte Dame hätte ihn nicht ohne Weiteres gehen lassen.

Ohne zu zögern bestellte er sich etwas zu trinken und setzte sich an den nächstbesten Tisch. Draußen war es bereits dunkel und die Straßenlaternen und die Fenster der Häuser und Läden auf der gegenüberliegenden Straßenseite, erhellten die Bakerstreet nur spärlich. Es waren kaum Menschen zu erkennen und auch im Speedys hockten nicht mehr als fünf weitere Personen vor ihrem Abendessen.

Wie konnte Sherlock bloß zulassen, dass Moriarty weitere Morde organisierte; dass überhaupt weitere Morde geschahen?

Es war immer so gewesen, dass die Fälle Sherlock mehr interessierten als die Menschen, doch im letzter Zeit hatte John ernsthaft geglaubt, er hätte Sherlock ein wenig menschlicher gemacht. Nicht gleich zu einem besseren Menschen; nur ein wenig menschlicher. Seine Gedanken schweiften zu den letzten Tagen, die er mit Sherlock verbracht hatte. Der Einbruch bei Scotland Yard, das Mittagessen als sich ihre Blicke trafen und der vorherige Tag an dem Sherlock versuchte hatte, ihm auf seine eigene Art ein Kompliment zu machen.

War er dem Detektiv dabei wirklich so egal gewesen, wie dieser behauptet hatte?

John schluckte den Kloß, der sich fast unbemerkt in seinem Hals gebildet hatte, hinunter. Er wollte es nicht glauben, doch ein kleiner Teil von ihm tat es dennoch. Er war Sherlock Holmes und damit nicht das, was man unter Umständen als normal bezeichnete. Watson wusste, wie gut er Menschen belügen und manipulieren konnte, aber würde er auch seinen besten Freund belügen, ihn für irgendetwas ausnutzen?

Was war, wenn Sherlock herausgefunden hatte, dass sich ihre Beziehung in den letzten Tagen eindeutig verändert hatte? Sherlock, der von Gefühlen ebenso wenig hielt, wie von den meisten anderen Menschen. War das etwa seine Reaktion darauf?

Der Doktor verstand nur zu gut, dass der Detektiv ohne seinen scharfen Verstand in dieser Welt verloren wäre, doch die Tatsache, dass er dadurch niemals seine soziopathischen Züge verlieren würde, verletzte John an diesem Abend mehr als alles Andere.

Und er hatte trotzdem gehofft, dass das möglich wäre.
Auf einmal fühlte er sich wie ein richtiger Idiot. Mit zitternden Fingern nahm John einen Schluck seines Getränks. Warum zur Hölle kehrte sein Zittern ausgerechnet in solchen Situationen zurück?

Verzweifelt versuchte er sein Glas einigermaßen ruhig zu halten, doch es gelang ihm nicht.

,,Offenkundig kein Zittern posttraumatischer Ursache."

John brauchte sich nicht einmal umdrehen, um zu erkennen, wer da zu ihm gesprochen hatte. Allein seine tiefe Stimme und seine Wortwahl reichten aus, um Watson zu verraten, dass niemand anderes als Sherlock selbst hinter ihm stand.

Der Privatdetektiv trug wie üblich seinen Schal und seinen Mantel. Seine Haare waren noch zerzauster als vorher, was John nur verriet, dass Sherlock es mal wieder nicht lassen konnte, sich vorher noch einmal mit den Händen hindurchzufahren. In einer anderen Situation hätte der Doktor nur zufrieden gelächelt, doch dieses Mal ließ sich seine Enttäuschung nicht so einfach abschütteln.

,,Es tut mir leid, John." sagte Sherlock nun ein wenig ernster und setzte sich auf den freien Platz neben seinen Mitbewohner.

,,Okay." war alles was John herausbrachte. Er wusste, dass Sherlock nicht unbedingt in der Lage war seine Gefühle zu zeigen, auch wenn seine Entschuldigung alles andere als gelogen zu sein schien. Aber John nahm es ihm weiterhin übel, jedoch nicht aus diesem Grund.
Er war nie besonders nachtragend gewesen, doch mit einer Entschuldigung von Sherlock war die Sache nicht erledigt.

Sherlock - The game is onWo Geschichten leben. Entdecke jetzt