Trainingseinheiten

Beginne am Anfang
                                    

In der Mitte angekommen stellte ich mich auf die gelbe, kreisrunde Markierung auf dem Boden. Erwartungsvoll und leicht nervös, wie ich mir doch eingestehen musste, wartete ich darauf, was als nächstes geschehen würde.

"Nach der Reihe werden nun sogenannte 'Markierer' aus den Wänden fahren. Sie werden mit kleinen Farbpatronen auf dich feuern. Ich hoffe du weißt was Paintball ist?"

Mein Herz sackte mir in die Hose. Mir brach der kalte Schweiß aus und ich versuchte krampfhaft zu schlucken. Paintball?! Bevor ich laut schreiend meinen Protest Luft machen konnte, sprach der Agent weiter.

"Keine Sorge, es tut nicht weh."

Auf dem Boden neben mir öffnete sich plötzlich eine kleine Luke und ich sprang erschrocken zur Seite. Entgegen meiner Erwartung, offenbarte die Aushöhlung jedoch nur eine Schutzbrille und eine Art Maske. Zweifelnd sah ich zum Spiegel. Vorsichtig griff ich beide Stücke und setzte beides auf. Die Luke fuhr mit leisem Surren wieder in ihre ursprüngliche Position und erneut knackte die Lautsprecher.
"Deine Leistung wird nach Punkten bewertet, du beginnst mit 100 Punkten. Jeder Treffer ist gleichzeitig ein Punkt Abzug. Verstanden?"

Schnell nickte ich und versuchte meine flache Atmung unter Kontrolle zu bringen.

Eine Art Startsignal ertönte und sofort zuckte ich zusammen und starrte wie ein verschrecktes Reh in sämtliche Richtungen. Die erste Farbkugel traf mich direkt an der linken Seite und zerplatzte und besudelte das Oberteil mit giftgrüner Farbe. Für eine Sekunde war ich geblendet von dem Schmerz der in meiner Leistengegend explodierte. Ich presste beide Hände auf die schmerzende Stelle und wimmerte auf. Doch leider hatte ich keine Zeit mich um die Schmerzen zu kümmern. Eine zweite und eine dritte Patrone trafen mich und färbten meine Hosenbeine. Ich humpelte los, blickte panisch in alle Richtungen. Nur durch Zufall entdeckte ich den Markierer, eine Art schwarzes Gestell mit langem Lauf, aus dem in diesem Moment die nächste Farbkugel in meine Richtung preschte. Ich warf mich nach links zur Seite, landete auf dem Bauch und entging so der Kugel. Schnell sprang ich auf und krampfte mich daraufhin zusammen. Mir tat alles weh, ich spürte die Stellen an denen die Kugeln eingeschlagen waren allzu deutlich. Das würden mächtige blaue Flecken geben.

Ich versuchte ein System auszumachen, nach denen die Markierer aus der Wand ausgefahren wurden, während ich versuchte den Geschossen auszuweichen, aber die Reihenfolge war vollkommen willkürlich. So gut ich auch versuchte aufzupassen und meine Augen überall zu haben, mit jedem Treffer wurden die Schmerzen noch unerträglicher und ich verzweifelter. Durch das ständige wegspringen, ducken und herumlaufen büßte ich einen großen Teil meiner Kraft ein, verfluchte mich innerlich für meine schlechte Kondition und Ausdauer. Die Minuten in denen ich gequält wurde schienen mir schier endlos, als jedoch der Alarm erneut ertönte, brach ich zusammen und fiel auf die Knie. Vollkommen aufgelöst riss ich mir die Schutzbrille und die Maske vom Gesicht. Auch wenn ich mir die Blöße nicht geben wollte, ich konnte nicht verhindern das sich die Tränen in meinen Augen sammelten.

"Verfluchte Scheiße!", presste ich hervor und fuhr mir grob über die Augenwinkel.

"Brauchst du eine Pause?", kam es aus den Lautsprechern.

Fassungslos und wütend funkelte ich den Spiegel an. Ich dachte nicht daran sitzen zu bleiben und mich weiter demütigen zu lassen. Ich konnte förmlich spüren wie sich Barton über das kleine, arme Mädchen welches dort am Boden kauerte und heulte lustig machte. Mühsam kämpfte ich mich auf die Beine, stellte mich wieder zurück auf die Markierung in der Hallenmitte und wendete dem Spiegel den Rücken zu.

"Gut, als nächstes testen wir die Kraft und Kampfgeschick der Probantin."

Ein Klicken ertönte und mein Blick richtete sich auf die Seitentür, durch welche in diesem Moment ein junger Mann in die Halle trat. Er trug, genau wie ich, die grauen S.H.I.E.L.D Klamotten und kam locker auf mich zu geschlendert. Verunsichert wich ich ein paar Schritte zurück. Warum sprach Barton von Kampfgeschick?

"Elizabeth, darf ich dir Paul vorstellen? Er ist einer unser Agenten in der Ausbildung. Du wirst nun gegen ihn kämpfen, Nahkampf versteht sich."

Paul, der bis eben noch nett gelächelt hatte, wurde ernst und ging, wenige Meter von mir entfernt in Kampfposition. Mit offenem Mund starrte ich ihn an.
"Du erwartest doch jetzt nicht ernsthaft, dass ich gegen dich kämpfe?", versuchte ich und lachte verunsichert.

Es musste sich einfach um einen verdammt miesen Scherz handeln. Doch anscheinend fand der Nachwuchs Agent mich nicht halb so sympathisch wie ich dachte, denn in diesem Moment stürzte er mit einem großen Satz auf mich zu, er hatte mich am rechten Arm gepackt, verdrehte mir diesen auf den Rücken, bis ich auf die Knie ging und aufheulte. Man konnte meine lächerlichen Versuche die ununterbrochene Abfolge von Schlägen und Tritten die auf mich einprasselten abzuwehren, nicht als Kampf bezeichnen. Paul war schnell, präzise und effizient. Er ließ mir keine Zeit zur Erholung, attackierte immer wieder meine verwundbarsten Körperstellen, bis er mich mit einem gezielten Schlag auf den Solar Plexus das Licht ausknipste.

Ich wachte nicht in meinem Zimmer oder gar auf einer Krankenstation auf, nein, als ich die Augen öffnete befand ich mich noch immer in der Trainingshalle. Nur langsam konnte ich mich aufrichten, hielt mir den brummenden Schädel. Mein Körper protestierte, jeder erdenkliche Muskel schien zu schmerzen und gegen mich zu arbeiten. Mühsam blinzelte ich und sah mich um. Neben mir auf dem Boden saß Paul, auf der anderen Seite, mit verschränkten Armen und entnervtem Blick sah Agent Barton auf mich herab.

"Du bist endlich wach. Gott sei Dank, ich dachte ich hätte dich umgebracht!"

Paul sah mich erschrocken an, meine Kinnlade schlug förmlich auf dem Hallenboden auf.

"Du hast mich beinahe umgebracht!", brachte ich mühsam hervor.

Erneut musste ich mit den Tränen kämpfen. Warum war ich in diesem verdammten Alptraum gefangen?!

"Ich wusste nicht, dass du keinerlei Erfahrung hast! Mir wurde gesagt, dass du ausgebildet bist!"

Paul zeigte ehrliche Sorge und Reue, im Gegensatz zu dem Agenten neben mir. Dieser verdrehte nur die Augen, als wir ihn vorwurfsvoll und fassungslos ansahen.

"Wie konntest du das zulassen?", rief ich, vergaß die Höflichkeitsfloskeln.

"Er hätte mich umbringen können!", schrie ich Barton aufgebracht entgegen.

Und dann sickerte langsam die Gewissheit in meinen Verstand. Er hätte mich töten können.

"Verdammte Scheiße!", flüsterte ich erstickt und versuchte meinen Mageninhalt bei mir zu behalten.

Nur zu gerne hätte ich dem arroganten Agenten auf die Schuhe gekotzt, aber in dieser Position hätte ich größtenteils mich und Paul getroffen. Und dieser konnte nichts dafür, dass er falsche Informationen erhalten hatte. Mit der Hand vor dem Mund stand ich auf, wankte aus der Halle hinaus.

"Wo willst du denn hin? Wir sind noch nicht fertig!", rief er mir hinterher, doch ich ignorierte ihn.

"Sir, sie müssen einen Arzt rufen und den Vorfall Fury melden", hörte ich Paul sagen.

Doch Barton schnitt ihm mit einer knappen Handbewegung das Wort ab.

"Sie wird sich beruhigen, dann geht das Training weiter. Wir haben wenig Zeit und noch viel vor uns."

Wie oft ich diese Worte schon gehört hatte.

Shattered MeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt