Kapitel 7

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Kapitel 7

„König Lucifer, Majestät, ich hatte nicht die Absicht...", begann Azazel sichtlich nervös, doch der Mann, den er mit Majestät ansprach, brachte ihn mit einem kurzen Handzeichen zum Schweigen. Seine violetten Augen waren ganz auf Theliel fixiert, der sich panisch gegen die Wand drückte.

Lucian sollte der Höllenkönig Lucifer sein? Der nette, freundliche, verspielte Lucian sollte eine Bestie sein, die den Himmel und alle Engel zu vernichten versuchte?

Der Höllenkönig kam langsam auf ihn zu. Theliel starrte auf die ausgestreckte Hand und versuchte, noch weiter abzurücken. Er war noch immer nackt und von Azazels Blut beschmiert und schämte sich schrecklich für sein Auftreten, doch größer als die Scham war die Angst vor diesem Mann, der so viel Blut vergossen hatte, dass nicht einmal der Tod seine Verbrechen sühnen konnte.

„Theliel...", hauchte der Höllenkönig und blieb vor ihm stehen. „Ich verspreche dir, dass es für dich keinen Grund gibt, dich vor mir zu fürchten."

Seine Stimme war leise und freundlich, doch es kostete Theliel unglaubliche Kraft, sich nicht die Ohren zuzuhalten. Er kniff die Augen zusammen, als der Höllenkönig vor ihm in die Knie ging, seine Arme um ihn legte und auf die Füße zog. Ein leiser Schrei entwich Theliel, doch Lucian – nein, Lucifer! - trug ihn lediglich zum Bett und reichte ihm seine Kleidung. Dann wandte er sich zu Azazel um, der vor dem Schrank stand, den Blick betreten zu Boden gerichtet.

„Geh in den Thronsaal und warte dort auf mich", wies der Höllenkönig ihn eisig an. Theliel beobachtete die beiden durch halb geschlossene Augen, unfähig, sich anzuziehen oder überhaupt zu bewegen. Das Blut klebte überall an seinem Körper, die Verletzungen am Rücken schmerzten und er fühlte sich geschändet, obwohl er Azazel ja in letzter Sekunde noch von seinem grausigen Vorhaben hatte abhalten können.

Lucifer trat nun an die Bettkante und streckte vorsichtig die Hand aus, doch Theliel wich sofort zurück, wobei seine Tunika wieder auf dem Boden landete. Angstvoll blickte er hoch zu dem Höllenkönig, der nun ein wenig bedauernd aussah.

„Es ist alles in Ordnung", sagte er leise. „Ich werde dafür sorgen, dass er sich dir nie wieder nähert, Theliel."

Sein Name aus Lucifers Mund brachte wieder Leben in den gelähmten Engel, der sich nun aufsetzte und unsicher zur Tür blickte, durch die Azazel soeben entschwunden war. Er schluckte und versuchte, die Tränen zu unterdrücken, aber die Angst blieb. Lucifer seufzte leise.

„Ich komme später wieder, um nach dir zu sehen, okay? Geh erstmal duschen und zieh dir was Frisches an, dann erkläre ich es dir", bot er an, doch Theliel schaffte es nicht, ihm zu antworten.

Mit einem weiteren Seufzen wandte Lucifer sich um und verließ den Raum.

Mehrere Minuten lang blieb Theliel reglos auf dem Bett sitzen und starrte an die Wand, während er zu begreifen versuchte, was grade vorgefallen war. Azazel hatte versucht, ihn zu vergewaltigen. Sie hatten gekämpft. Lucian war Lucifer. Lucifer würde ihn töten.

Wie betäubt erhob sich Theliel und trottete ins Bad, um so lange und heiß zu duschen, bis seine Haut beinahe Blasen warf.

Unruhig wartete Azazel auf den aufgebrachten Höllenkönig. Er saß im Thronsaal auf den Stufen zum Thron, den Blick auf die Flügeltüren gerichtet, die in diesem Moment aufgerissen wurden. Lucifer kam mit schnellen, majestätischen Schritten auf ihn zu, unverhohlenen Zorn auf dem schmalen Gesicht. Seine rot glühenden Augen sprühten Funken und ein tiefes Knurren entkam seiner Kehle, als er Azazel mit einem Tritt gegen die Brust zu Boden beförderte.

„Wie kannst du nur!", grollte der Höllenkönig und ballte die Hände zu Fäusten. „Betrachtest du gefangene Engel etwa als wert- oder seelenlose Lustobjekte, mit denen du tun kannst, was du willst?"

LUCIFER - The Fallen AngelWhere stories live. Discover now