Kapitel 8 | Matteo

156 16 144
                                    

neun Monate später
➽───────────────❥

Die brennende Nachmittagssonne prasselt erbarmungslos durch die Windschutzscheibe meines Wagens. Schon jetzt spüre ich, dass mir die schwüle Sommerluft beim Verlassen des klimatisierten Innenraums den Schweiß auf die Stirn - und höchstwahrscheinlich auch in die Po-Ritze treiben wird. Mit einem entschlossenen Ruck stoße ich die Autotür auf und lasse meine überteuerte Sonnenbrille achtlos auf das geschmeidige Leder des Beifahrersitzes fallen.

Meine Augen haften an Umberto und Cassio, die ihre massigen Gestalten wie zwei Gorillas in maßgeschneiderten Anzügen vor dem offenen Tor der Lagerhalle positioniert haben.

Es scheint, als seien sie in eine hitzige Diskussion mit meinem Schwiegervater in spe verstrickt, dessen hektische Gesten wenig Raum für Interpretation lassen.

»Boss, wir haben sie«, schallt mir Cassios Stimme über Nicolos Kopf hinweg entgegen. In dem Moment, als Bianchis Schultern sich versteifen, verharre auch ich in einem ausgedehnten Schritt. Mein Herzschlag beschleunigt sich, und sofort sind all meine Sinne geschärft. Nach neun langen Monaten haben sie Valentina endlich aufgespürt. »Die kleinen Scheißer haben ihre Leibwächter ausgetrickst und wollten abhauen, um sich auf irgendeine Party zu schleichen. Stattdessen sind sie uns direkt in die Arme gelaufen.«

Ich verstehe nur Bahnhof. Kleine Scheißer?

Nicolo wirbelt zu mir herum und hebt beschwichtigend die Hände. Er ist blass wie Papier.

»Matteo, warte einen Moment, das sind nur Kinder«, erklärt er. »Ich will auch Rache, aber die beiden sollten nicht für die Verbrechen ihres Onkels büßen müssen. Sie sind unschuldig.«

Ich hebe eine Hand und Nicolo verstummt, auch, wenn ich das Gefühl nicht loswerde, dass er noch mehr zu sagen hat.

»Erklärt mir einer, was hier los ist? Über wen sprechen wir?«

Nicolo massiert sich die Nasenwurzel und tritt beiseite.

»Sieh selbst.«

Mit einem gezielten Handgriff lockere ich meine Krawatte. Überraschungen kann ich nicht ausstehen.

Ich ducke mich unter dem Rolltor hindurch und durchquere die Lagerhalle mit langen, entschlossenen Schritten. Ein abgeschotteter Bereich für unerwartete Besucher liegt im hinteren Teil verborgen, versteckt vor neugierigen Blicken.

Als ich um die Ecke biege, überkommt mich ein mulmiges Gefühl. Cassio und Nicolo hatten von Kindern gesprochen, daher sollte es mich nicht überraschen, zwei Teenager vorzufinden - einen Jungen und ein Mädchen.

Ich widerstehe dem Drang, die Augen zusammenzukneifen. Ich weiß, dass Flynn und Maeve McGillen noch immer an zwei Metallstühle gefesselt sein werden, wenn ich sie wieder öffne.

Als das Mädchen mich entdeckt, entkommt ihr ein Quieken, und die Augen des Jungen schnippen zu ihr. Jene Hilflosigkeit, die er empfinden muss, weil er den Menschen nicht beschützen kann, der ihm am meisten auf der Welt bedeutet, ist mir nur allzu bekannt.

Ich lasse ihn vorerst unbeachtet und wende mich seiner Schwester zu.

»Niemand wird euch hier etwas antun, verstanden?«, versichere ich ihr sanft, während ich meinen Finger unter das weiße Tuch schiebe, das zwischen ihren Zähnen klemmt, und versuche, es vorsichtig herunterzuziehen. »Zu straff«, murmele ich abwesend, als ich den Knoten an ihrem Hinterkopf löse. Das Tuch fällt zu Boden, doch es hinterlässt rote Striemen um ihren Kiefer und in den Mundwinkeln. Mit großen, lindgrünen Augen starrt sie mich an, ihr Brustkorb hebt und senkt sich schnell, wie der Flügelschlag eines verängstigten Vogels.

Crushing Rose PetalsWhere stories live. Discover now