Kapitel 2 | Valentina

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»Valentina Anabella Bianchi.«

Die Stimme meiner Mutter wird von den Wänden zurückgeworfen wie ein Peitschenknall und mit einem Mal kommt mir die Gorilla-Umarmung des Fremden gar nicht mehr so unerfreulich vor.

Das Klacken ihrer Absätze verstummt. Zwei Schrittlängen vor uns bremst sie abrupt ab, bevor ich mich hinter die breiten Schultern des Fremden flüchten kann.

Meine Mutter faltet die Arme vor der Brust und mustert uns aus schmalen Augen. Auftritt für die pulsierende Vene an ihrer Schläfe.

»Signior Angelini«, zischt sie, »wie ich sehe, konnten Sie es gar nicht erwarten, meine Tochter schon vor der offiziellen Verlobungsbekanntgabe in eine verfängliche Situation zu verstricken. Und an ihrem Geburtstag noch dazu.« Beinahe ploppen mir die Augäpfel aus dem Schädel. Seine Verlobte? Das ist Matteo Angelini? »Es steht ja auch nicht Ihr Ruf auf dem Spiel.«

Sein Körper versteift sich hinter mir.

»In diese verfängliche Situation«, links und rechts von mir zeichnet er mit diesen grässlichen knirschenden Lederhandschuhen Gänsefüßchen in die Luft, »hat sich Ihre kleine Principessa ganz ohne meine Hilfe gebracht«, sagt er. Die tiefe Vibration seiner Stimme spüre ich bis in die Knochen. »Mir gehört das Jackett jedenfalls nicht, wie sie sehen.«

Ihre schmalen Augen landen auf mir. Mit einer plötzlichen Handbewegung deutet meine Mutter an mir hinunter.

»Was hat das zu bedeuten, Valentina?«

Kurz vergrabe ich die Zähne in meiner Unterlippe. Mega peinlich.

»Ich habe mich bekleckert und Alessandro genötigt, mir sein Jackett zu leihen.«

Als Mitarbeiter des Sicherheitsteams hat er sich vermutlich nicht getraut, mir den Gefallen zu verwehren und das habe ich eiskalt ausgenutzt.

»Das war keine Beschwerde«, sagt Matteo und ich höre ein süffisantes Grinsen heraus. »Das Teil steht ihr ausgezeichnet, egal, wem es vorher gehört hat.«

Ich spüre das Kribbeln seiner Blicke auf meinen nackten Beinen. Elender Kackfürst.

Mit einer kurzen, schnellen Bewegung ramme ich ihm den Ellenbogen in die Rippengegend. Zumindest hatte ich mir das vorgenommen. Stattdessen kollidiere ich mit einer festen Muskelwand, die sich sein Oberkörper nennt und breche mir beinahe den Arm.

»Autsch«, stöhne ich und reibe mir über das schmerzende Gelenk. Ist seine Brust aus Beton?

»Halt die Luft an, Trustfund Baby«, murmelt er gegen meinen Hinterkopf. »Am Ende verletzt zu dich noch.«

Sein Atem ist ein heißer Hauch und der Mann ein wandelnder Heizkörper, der mich in einen Kokon aus Wärme hüllt.

Meine Mutter tappt in einem ungeduldigen Rhythmus mit dem Ballen ihres rechten Absatzschuhs auf den Marmorboden.

»Ihr Deal mit dem Vater meiner Tochter beginnt in genau ...« In einer überspitzten Geste hebt sie die filigrane silberne Armbanduhr an ihrem rechten Handgelenk vors Gesicht. »Dreiundzwanzig Minuten. Alles, was vorher passiert, dürfte sie nicht interessieren.« Sie lässt die Arme zur Seite fallen und ballt die Hände zu Fäusten. »Die Hauptsache ist doch, dass Sie eine brave kleine Jungfrau bekommen, damit Sie nach der Hochzeitsnacht bei der Präsentation der Bettlaken mit einem gigantischen Blutfleck angeben können, oder etwa nicht?«

»Mom«, japse ich, doch sie schenkt mir keinerlei Beachtung.

Die breite Brust in meinem Rücken wackelt, als Matteo trocken und humorlos auflacht.

Crushing Rose PetalsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt