Kapitel 3 | Matteo

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Ich lehne meine Schulter gegen die Seitenwand des Poolhauses, das mich mit seiner hellen Holzfassade an eine finnische Sauna-Landschaft erinnert - bloß in ungemütlich und steril.

Der hässliche quadratische Kasten mit durchgehender Glasfront zur Poolseite passt überhaupt nicht zum tempelhaft anmutenden Haupthaus und der perfekten britischen Gartenlandschaft.

Keine Ahnung, was Bianchi geritten hat, einen derart perversen Stilmix zu begehen. Man könnte meinen, er hätte keinen Architekten angeheuert, sondern Valentina im Kleinkindalter ein Modell des Grundstücks aus Klemmsteinen zusammenschustern lassen.

Wahrscheinlich hat es sich genauso abgespielt.

Valentina ist seine atmende, nervtötende Achillesferse. Wenn ich mir den Beweis liefern will, muss ich nur darauf achten, wie sich seine Augenwinkel kräuseln, sobald er auch nur in die Richtung seiner kleinen Prinzessin atmet.

Scheiße, selbst ich tue das sehr viel öfter, als mir lieb ist, und bleibe dabei nicht zum ersten Mal an den halsbrecherischen Kurven meiner Verlobten hängen, die mich in ihrem weißen Kleid an Helena von Troja erinnert.

Schon seit einer Stunde schwenkt sie ihre halb volle Champagner-Flöte zwischen denselben zarten Fingern hin und her, um die sie meine Adoptiveltern wickelt.

Moms Kiefer wird sich vom Rest ihres Kopfes spalten, wenn sie noch breiter lächelt und selbst die skeptischen Furchen auf der Stirn meines Vaters haben sich geglättet.

Es ist schwer, sich ihrer Energie zu entziehen, ihrem Enthusiasmus - auch wenn sie der Welt damit dreckig ins Gesicht lügt.

Für einen Moment habe selbst ich ihr geglaubt, dass sie nichts lieber täte, als mich zu heiraten. Und für einen Moment hat sich das nicht halbwegs beschissen angefühlt.

Valentina bemerkt meinen Blick, und spreizt ihren Mittelfinger vom Stiel des Sektglases ab.

Mir entkommt ein amüsiertes Schnauben. Locker verschränke ich die Arme vor der Brust und überkreuze die Knöchel. Oh Mann, das wird definitiv interessant mit uns.

Es ist bemerkenswert, dass sich meine Zukünftige ihre wilde, freie Natur bewahren konnte, obwohl Mädchen in unseren Kreisen zu umgänglichen, okay, langweiligen Vorzeigefrauen heranwachsen, die nicht zu viele Fragen stellen. Und damit meine ich selbstverständlich gar keine Fragen.

Diese Alternative hätte mich zu Tränen gelangweilt, auch wenn es Valentina die Ehe mit mir erleichtern würde.

Schmetterlinge verenden unter Glas, qualvoll und schleichend. Wie Valentina in absehbarer Zeit feststellen wird, bin ich nicht in der Lage, ihr etwas anderes zu bieten: Ein hübscher Glaskasten, falsche Freunde und eine Platin-Kreditkarte. Keine Freiheit. Keine Perspektiven.

Falls sie das nicht ohnehin schon tut, wird sie sich wünschen, nie in den verkommenen Sumpf Chicagos geboren worden zu sein. Ich habe mir über die Jahre unzählige Feinde gemacht und Valentina wird es ausbaden müssen.

Bianchis Sicherheitssystem besteht aus einer Armee verkabelter Schlägertypen und verdeckten Mitarbeitern in ziviler Kleidung. Wie die aufgetakelte Blondine an der Freilicht-Bar, die in regelmäßigen Abständen beinahe unauffällig in den kleinen silbernen Anhänger ihrer filigranen Halskette spricht.

Valentina ist also ein gewisses Maß an Überwachung gewöhnt. Doch mit der Häufigkeit gemeinsamer gesellschaftlicher Verpflichtungen steigt der Bedarf an verschärften Sicherheitsmaßnahmen und ich bin nicht sicher, ob ihr das klar ist.

Am besten wähle ich unter meinen Männern noch heute ihren künftigen Stiernacken-Schutzengel aus, damit sich die beiden schon vor der Eheschließung beschnuppern können. Denn fortan werden sie verdammt viel Zeit miteinander verbringen. Dieser Schatten wird sie auch dann begleiten, wenn sich fette Wolken vor die Sonne schieben.

Crushing Rose PetalsWhere stories live. Discover now