Kapitel 5 | Valentina

131 18 152
                                    

Bssss.

Bss. Bss.

Bssssssssss.

Blinzelnd öffne ich die Augen. Noch bin ich nicht sicher, ob tatsächlich jemand meine Schädeldecke mit dem Presslufthammer bearbeitet oder es sich nur um einen außergewöhnlich realitätsnahen Traum handelt.

Dazu wird mein gesamtes Zimmer von einem seltsamen blauen Schein erhellt, den mein müdes Hirn aufgrund der darin abgespeicherten Filmsequenzen unzähliger Scify-Blockbuster mit einer Alien-Invasion verknüpft.

Meine Augen gewöhnen sich an die neuen Lichtverhältnisse und ich stelle fest, dass mein Handy mit aufleuchtendem Bildschirm über den schneeweißen Designer-Nachttisch neben dem Bett tänzelt.

Ein eingehender Anruf mitten in der Nacht kann in meiner Welt nichts Gutes bedeuten. Mit einem Mal werde ich hellwach, mein Oberkörper schießt in die Höhe wie ein Klappmesser. Ich greife mit zitternden Händen nach meinem Smartphone und schiebe den grünen Hörer nach rechts. Rasende Pulsschläge donnern in meinen Ohren, schaffen es aber nicht, den tiefen Bariton meines Vaters zu übertönen.

»Oh Spätzchen, Gott sei Dank«, presst er hervor.

»Was ist denn los, Daddy? Wo bist du?« Schwerfällige Atemgeräusche rasseln in der Leitung, als wären wir über eine Klapperschlange miteinander verbunden. »Du machst mir Angst.«

»Ich habe nicht viel Zeit, deshalb musst du mir jetzt ganz genau zuhören.«

Etwas sagt mir, dass ich, entgegen meiner Natur, alles infrage zu stellen, dieses Mal gehorchen sollte.

»Was ist denn passiert? Rede mit mir, bitte«, wiederhole ich mich in der Hoffnung, dieses Mal eine klare Antwort zu erhalten.

»Es wird in drei Minuten klingeln und ich möchte, dass du Alexis die Tür öffnest«, erwidert er hastig, beinahe panisch. Derartige Emotionen bin ich aus dem Mund meines Vaters nicht gewohnt. Was immer geschehen ist, hat ihn verändert. Das spüre ich mit jeder Zelle meines Körpers. »Sie ist eine Bekannte und schuldet mir einen Gefallen. Ich will, dass du all ihre Anweisungen befolgst. Pack ein paar Sachen. Einen kleinen Rucksack, mehr nicht. Und vergiss niemals, dass ich dich über alles liebe.«

Ich schlage die Decke zurück, stemme die freie Hand und meine Knie in die Matratze und schaffe es, aus dem Bett zu klettern. Dabei sind meine Beine im ersten Moment nicht dienlicher als die eines neugeborenen Rehs.

»Warum sagst du mir das nicht ins Gesicht, wenn wir uns später wiedersehen?«

Dunkelheit hüllt mich in denselben undurchsichtigen Schleier, hinter dem mich seine Worte zurückgelassen haben.

»McKennas Männer haben aus einem vorbeifahrenden Auto auf mich geschossen und stattdessen Fina erwischt, als wir aus dem Mare Di Stelle kamen. Bauchschuss.« Sein tiefes, urweltliches Schluchzen treibt mir Tränen in die Augen. Ich schlage mir eine Hand über den Mund, um nicht aufzuschreien. »Es sieht nicht gut aus.«

Serafina Fiorelli – die Jugendliebe meines Vaters und der wichtigste Mensch in Matteos Leben.

Wenn sie stirbt, wird keiner der beiden das jemals verkraften.

Weitere Tränen stürzen sich in heißen, salzigen Perlen von meinen Lidern und fressen sich in jedes bisschen Stoff, das sie erwischen. Mein Herz bricht für zwei Männer, denen Serafina die Welt bedeutet. Sie kann nicht sterben. Das darf sie einfach nicht.

Crushing Rose PetalsWhere stories live. Discover now