23. Kapitel

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Hallo zusammen

Ja, mich gibt es tatsächlich noch, kaum zu glauben ich weiss. Ich würde euch ja versprechen, dass nun wieder regelmässiger Updates kommen, was allerdings eher unwahrscheinlich ist. :( Aber hoffentlicht dauert es nicht wieder ganz so lange. Fürs Erste habe ich jedenfalls zwei Kapitel für euch bereit.

Liebe Grüsse
Daydream-Fantasy

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Der Julmorgen brach an wie jeder andere Julmorgen soweit ich denken konnte: Ohne dass ich etwas davon mitbekam. Ausschlafen war schon immer die beste Vorbereitung auf eine Nachtwache und genau eine solche wurde traditionell in der Julnacht, der längsten Nacht des Jahres, gehalten. Erst der Duft von frisch gebackenem Lebkuchen lockte mich aus dem Bett. Den feinen Geruch tief einatmend machte ich mich in Morgenmantel und Socken auf den kurzen Weg von meinem Zimmer zur Küche ... allein dieser Umstand, dass der Weg vom Bett zum Frühstück so kurz war, reichte als Grund, weshalb mir unsere Wohnung in Londinium so viel besser gefiel als unsere alte Wohnung am Rande Londons ... Ich hatte schon ewig nicht mehr daran gedacht, an mein Leben, bevor wir nach Londinium zogen, bevor ich nach Hogwarts kam ... die Grundschule vermisste ich definitiv nicht, alles daran vermisste ich nicht, ausser Joanne und Joanne traf ich zum Glück regelmässig in den Sommerferien. Wobei man einmal im Jahr eigentlich auch nicht unbedingt regelmässig nennen konnte ...? Missmutig verzog ich den Mund über meine trüben Gedanken, während ich die Küche betrat und direkt in eine Szene hineinplatzte, die ich eigentlich nicht hatte mitbekommen wollen: Ma und Gawain standen eng umschlungen in der Küche und küssten sich. Ich machte auf dem Absatz kehrt und floh ins Wohnzimmer, wo es auch nicht gerade besser zu ging: Kaspar und Jessie waren dabei den Julbaum mit dem alten Schmuck zu dekorieren, den wir von den Flamels geerbt hatten – den unverderblich gehexten Äpfeln, den Tannzapfen und den vertrockneten Lebkuchenherzen – und strahlten sich dabei an, als sei jeder die Sonne des anderen.

«Morgen, Adrienne!», rief Jessie, bevor ich mich unbemerkt verziehen konnte. «Endlich doch noch aus dem Bett gekommen? Komm, hilf uns mit dem Baum.»

«Ja, halt Jessie davon ab, alle Äpfel an der gleichen Stelle aufzuhängen, sonst wird der Baum noch ganz einseitig», empfahl Kaspar, der gerade einen bereits aufgehängten Apfel wieder abnahm und auf der anderen Seite der Tanne aufhängte.

«Gar nicht wahr!», empörte sich Jessie und meinte dann: «Hättet ihr echten Christbaumschmuck, dann müsstet ihr euch darum auch keine Sorgen machen.»

Gefährliches Terrain ...

«Oh doch, hätte Kathleen echten Christbaumschmuck, dann wäre das ein erheblicher Grund zur Sorge», erklang eine Stimme hinter mir und ich zuckte zusammen.

«Entschuldige, Adrienne», sagte Gawain und legte mir eine starke, warme Hand auf die Schulter – er war es natürlich, der hinter mir stand. «Ich wollte dich nicht erschrecken.» Fürsorglich reichte er mir eine Tasse heisser Schokolade.

«Nun ja, tatsächlich könnte ich mir sogar zwei Gründe vorstellen, doch noch Christbaumschmuck anzuschaffen», kam es von Ma, die Gawain zum Wohnzimmer gefolgt war.

Überrascht starrten wir sie an. Offenbar alle dermassen fassungslos, dass wir sie zum Lachen brachten.

«Ja, tatsächlich», meinte sie schliesslich. «Und zwar entweder, weil die Christen doch noch tolerant gegenüber anderen Geschöpfen werden, und seien es nur schon Menschen anderer Herkunft und Überzeugung – was mir allerdings reichlich unwahrscheinlich vorkommt – oder weil Weihnachten seine Bedeutung gänzlich einbüsst, bis nur noch das Schenken da ist und das Gefühl, dass dieses Fest eigentlich mehr bedeuten müsste.»

Offenbar war Ma auch nicht gerade in der besten Stimmung heute Morgen. Dabei hatte sie vorhin noch mit Gawain rumgeknutscht, das hätte sie doch aufmuntern müssen? Oder hatte Gawain den Kuss unterbrochen, weil er mich irgendwie gespürt hatte und nun war sie sauer deswegen? Eigentlich wollte ich gar nicht so genau darüber nachdenken ...

Ungewisse Wege - Adrienne Seanorth 6Where stories live. Discover now