Kapitel 7 oder Amputieren für Anfänger

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PoV Percy

Der Pfeil blieb zitternd im Boden stecken. Ich fuhr herum, doch ich konnte keinen Schützen entdecken. Generell waren hier nur Statuen. Da war nichts lebendiges. Hätte ich genauer hingesehen, hätte ich vermutlich erkannt, dass der Pfeil gar kein Pfeil war, sondern ein kleiner Wurfspeer. Und hätte ich noch viel genauer hingesehen, dann wären mir die drei Schatten hinter einer der Statuen aufgefallen. Doch so genau sah ich nicht hin. Ich musste mich allerdings selber verstecken, denn im nächsten Moment rannten sie auf das Grundstück und verschwanden in dem Gebäude. Ich blickte ihnen hinterher und war unvorsichtig. Ein dumpfer Schmerz an meinem Hinterkopf und ich ging benommen zu Boden. Ich blickte in das grinsende Gesicht von Clarisse. Neben ihr standen zwei ihrer persönlichen Schlägertypen. „Macht ihn fertig!" Mit diesen Worten drehte sie sich gelangweilt weg und entfernte sich. Die beiden Schläger kamen auf mich zu. Ich wollte sie nicht töten, aber sie mich schon. Ich wich vorerst nur ihren Schlägen aus und erwischte mich dabei, wie ich schon beinahe den Dolch zog um ihn zu werfen. Ich unterdrückte das Verlangen und schlug nur einmal flüchtig mit meinem Schwert nach einem der beiden Typen. Ich riss ihm dabei leider eine Wunde in den Unterarm, so tief, dass man Muskelstränge und blankes Fleisch erkennen konnte. Der Kerl schrie auf, kämpfte aber weiter und war nun aggressiver. Er durchbrach meine Deckung und hätte mir an einer Stelle, an der meine Rüstung verrutscht war, vermutlich den Oberkörper durchbohrt, doch wieder rettete mir das Bad im Styx das Leben. Die Spitze des Speers prallte an mir ab, doch ich vergaß den Zweiten völlig. Erst durch seinen Schlag wurde mir bewusst, wie ernst sie es meinten, wie sehr sie meinen Tod wollten. Er versuchte mich zu köpfen und als das nicht klappte, schlug er senkrecht auf meinen Schädel, um ihn zu spalten. Ich spürte die Klinge dumpf und merkte wie meine Gedanken verschwammen. In einem letzten Reflex drehte ich mich einmal rundherum und schwang dabei mein Schwert. Das Letzte was ich sah war, wie zwei Körper neben mir schlaff zu Boden fielen, dann folgte ich ihrem Beispiel.

Als ich aufwachte und mich umblickte, hätte ich mich am liebsten selbst ins Schwert gestürzt. Ich hatte gemordet. Ein Halbblut war tot, dem anderen hatte ich zum Glück „nur" den Unterarm abgetrennt und er war ohnmächtig geworden. Auf einmal hörte ich Asmodis' Stimme in meinem Kopf:
»Gut gemacht, Junge. Jetzt fängst du an zu entdecken, wer du wirklich bist.«

Ich war mir gar nicht sicher, ob ich das überhaupt wollte. Ich ließ den toten Körper liegen, dann drehte ich mich zu ihm um. Ich hasste mich für den Mord, aber ich konnte es nicht rückgängig machen. Der Hass gegen mich selbst wich einem Hass gegen den Toten. Er hatte versucht mir den Schädel zu spalten. War es nicht verdient, dass er jetzt mit aufgeschlitztem Oberkörper verendet war? War es nicht verdient, dass er so liegen bleiben würde, vor sich hin verwesen würde, bis Clarisse wieder kam? Der Groll in mir wuchs und ich bereute die Tat nicht einmal mehr, als ich mich umdrehte und ohne einen Blick zurück in Richtung des Hauses ging.

Geschrei von innen. Annabeth schrie „Ihr dürft sie nicht direkt ansehen!" Mein Bedürfnis durch das Fenster zu blicken wuchs, doch ich nahm Annabeth's Warnung ernst, auch wenn sie nicht an mich gerichtet war. Grover meckerte irgendetwas von einem Onkel Ferdinand vor sich hin und ich beschloss, dass ich dieses Mal nicht einschreiten würde. Es war der Auftrag dieser Drei und nicht meiner. Luke schrie irgendetwas und es klang als würde er einfach wild um sich schlagen, denn ich hörte Gläser zerspringen, Holz splittern, Stühle krachend umfallen und schließlich ein scheußliches Zischen, dann ein dumpfes Geräusch, wie ein Körper der in sich zusammenfällt und dann ein leiser Windhauch. Dann war es totenstill. „Sie ist tot." verkündete Luke. „Warte!", warnte Annabeth, „Du darfst den Kopf nicht ansehen. Gibt es hier eine Mülltüte oder so?" Grover's Stimme ertönte aus etwas größerer Entfernung. „Hab eine!" Das Klopfen auf dem Marmorboden verriet mir, dass er angetrabt kam. „Danke, Grover!" Dann steckte Annabeth ein unförmiges Ding in die Mülltüte. „Annabeth! Gib mir das Ding! Und bei der nächsten Gelegenheit halte ich es Jackson in die Fresse, diesem Vollidiot!" Es schmerzte ein wenig zu hören, wie mein Schwertkampf-Idol von mir sprach. Aus dem Schmerz wurde Wut. Er würde schon sehen, was ich bei der nächsten Gelegenheit mit ihm machen würde. „Du solltest nicht so reden, Luke. Er hat uns zweimal das Leben gerettet." Luke schnaubte bloß abfällig über Annabeth's Kommentar. „Das hätte ich auch so hingekriegt." Sie lachte. „Bewusstlos und ohne Waffe gegen drei Furien? Ich glaube kaum." Ich hörte die Wut aus seiner Stimme heraus, als er eine Antwort zwischen den Zähnen hervorbrachte. „Kannst ja mit ihm auf einen Auftrag gehen..." Doch es gab niemanden auf der Welt, der gegen Annabeth eine Diskussion gewinnen konnte. „In einer Parallelwelt hab ich das bestimmt getan und wahrscheinlich hat er nicht deine Hilfe gebraucht..." Luke antwortete nicht. Sag ich doch. Gegen Annabeth kommt man bei sowas nicht an.

Als sie das Gebäude verließen, hatte ich mich schon längst weiter entfernt und beobachtete sie von einem Baum aus, auf den ich geklettert war, damit sie mich nicht sahen. Die Baumkrone war so ausladend und mit Blättern bekleidet, dass es schwer war hindurchzuschauen, doch ich sah, wie sie auf meinen Baum zusteuerten. Zu spät um hinunterzuklettern und wegzulaufen. Und so verharrte ich auf dem Baum, ohne einen Ton von mir zu geben. Ich legte mich auf zwei dicke Äste, die wohl mit der Zeit zusammengewachsen waren und lauschte in die Nacht hinein. Grillen, ein Uhu, ein paar größere und kleinere Tiere, die durchs Unterholz raschelten. Was man halt so hört im Wald. Was ich noch nie zuvor im Wald gehört hatte, war ein Brüllen. Und ich hoffte einfach nur, dass es ein Bär war.
Natürlich konnten meine Hoffnungen nicht in Erfüllung gehen, was ich bemerkte, als mir der riesige Schatten einen Meter über dem Baum hinwegflog und der Windzug mich fast vom Baum gepustet hätte.

So, hat jetzt verhältnismäßig länger gedauert, bitte stellt euch auf diese Wartezeiten ein, Schulaufgaben lassen grüßen.
Danke, für die ganzen Reads und Votes btw, hätte nicht gedacht, dass es fast 100 mal gelesen wird.
JP

Percy Jackson - Verdorben حيث تعيش القصص. اكتشف الآن